Banking & Finanzierung

Forderungen richtig managen in der Krise

Wie sich Unternehmen vor Forderungsausfällen schützen können.

Die Zahl der Un­ter­neh­mens­in­sol­ven­zen in Deutsch­land ist 2023 ge­gen­über dem Vor­jahr um mehr als 23 Pro­zent ge­stie­gen. Ins­ge­samt muss­ten laut der Wirt­schafts­aus­kunf­tei Credit­re­form 18.100 Un­ter­neh­men In­sol­venz an­mel­den. Bei Un­ter­neh­men mitt­le­rer Grö­ße mit 51 bis 250 Mit­ar­bei­tern lag die Zahl der In­sol­ven­zen so­gar 76 Pro­zent über dem Vor­jah­res­wert. „Im­mer mehr Fir­men bre­chen un­ter den Dau­er­be­las­tun­gen der ho­hen En­er­gie­prei­se und der Zins­wen­de zu­sam­men“, sagt Pa­trik-Lud­wig Hantzsch, Lei­ter der Credit­re­form-Wirt­schafts­for­schung. Der Ex­per­te er­war­tet, dass die Zahl der Fir­men­plei­ten auf­grund der schwie­ri­gen wirt­schaft­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen 2024 wei­ter stei­gen wird.

Mehr Forderungsausfälle möglich

Mit ei­ner stei­gen­den Zahl von In­sol­ven­zen dürf­ten die For­de­rungs­aus­fäl­le eben­falls zu­neh­men. Laut der DIHK-Kon­junk­tur­um­fra­ge vom Jah­res­be­ginn 2024 be­rich­te­ten zu­letzt 13 Pro­zent der Be­trie­be von For­de­rungs­aus­fäl­len –  das ist der bis­lang zweit­höchs­te Wert in die­ser seit 2020 ge­führ­ten DIHK-Sta­tis­tik. Durch ver­mehr­te For­de­rungs­aus­fäl­le könn­ten auch Un­ter­neh­men, die bis­lang wirt­schaft­lich gut da­ste­hen, in Mit­lei­den­schaft ge­zo­gen wer­den. Das gilt ins­be­son­de­re dann, wenn sich der Un­ter­neh­mens­er­folg im We­sent­li­chen auf Kun­den stützt, die von der ak­tu­el­len Kri­se be­son­ders stark be­trof­fen sind. Am deut­lichs­ten stieg die Zahl der In­sol­ven­zen 2023 im ver­ar­bei­ten­den Ge­wer­be (30,2 Pro­zent ge­gen­über dem Vor­jahr) und im Han­del (26,0 Pro­zent). Im Dienst­leis­tungs­ge­wer­be, das mit mehr als 10.000 In­sol­ven­zen den grö­ß­ten An­teil am ge­sam­ten In­sol­venz­ge­sche­hen hat­te, war ein An­stieg von 22,5 Pro­zent zu ver­zeich­nen. Im Bau­ge­wer­be wa­ren es 20,8 Pro­zent.

Bei der Insolvenz eines Kunden, muss sich der Lieferant in den meisten Fällen mit einem Bruchteil seiner Forderungen begnügen. Wird mangels Masse erst gar kein Insolvenzverfahren eröffnet, müssen die Außenstände in der Regel abgeschrieben werden. Auch bei einer außergerichtlichen Einigung vor der Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel zumindest ein Teil der Forderung verloren.

10 Tipps für das Forderungsmanagement

  1. Rechnungswesen digitalisieren

    Gerade wenn vermehrt verspätete Zahlungseingänge und Zahlungsausfälle zu erwarten sind, ist es wichtig, den Überblick zu behalten. Dabei hilft die Digitalisierung des Rechnungswesens. Dafür kommen zum Beispiel abobasierte Cloudlösungen infrage, die sich je nach Bedarf modular erweitern lassen. Postbank Geschäftskunden können hier von exklusiven Kooperationen profitieren.

  2. Digitale Bezahlmethoden implementieren

    Online-Bezahlverfahren wie PayPal bieten Händlern eine Zahlungsgarantie und schlanke Prozesse für die Rückabwicklung von Zahlungen.

  3. Zahlungseingänge regelmäßig kontrollieren

    Bei Zahlungsausfällen von Kunden sollte sofort reagiert werden. Bei guten Kunden hilft häufig schon ein Gespräch. Nach wiederholter erfolgloser Zahlungsaufforderung muss ein Mahnbescheid beantragt werden. Bei schwierigen Fällen kann ein Inkasso-Unternehmen hinzugezogen werden. Seriöse Dienstleister gibt es beim Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen.

  4. Vorschuss aushandeln

    Für den Einkauf von Arbeitsmaterial vor der Aufnahme der Arbeiten kann mit dem Kunden ein Vorschuss ausgehandelt werden; ein Drittel der zu erwartenden Rechnungssumme ist üblich.

  5. Abschlagszahlungen vereinbaren

    Unternehmen, die Waren in Etappen liefern oder Dienstleistungen nach und nach ausführen, können Abschlagszahlungen vereinbaren. Das erhöht nicht nur die Liquidität, sondern sorgt für den Fall der Pleite des Kunden auch dafür, dass erbrachte Leistungen bereits vergütet wurden.

  6. Eigentumsvorbehalt geltend machen

    Bereits gelieferte Waren können bis zur vollständigen Bezahlung Eigentum des Lieferanten bleiben. Im B2B-Bereich wird das durch einen sogenannten Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungsklausel abgesichert. Ein Vorteil: Sollte der Kunde Insolvenz anmelden, gehört diese Ware nicht zur Insolvenzmasse.

  7. Kreditrahmen erhöhen

    In Vorausschau auf mögliche Forderungsausfälle kann es sich empfehlen, rechtzeitig mit der Bank einen größeren Rahmen beim Kontokorrentkredit auszuhandeln. Das erhöht auch den finanziellen Spielraum für den Fall, dass Kunden schleppender zahlen als sonst.

  8. Forderungen verkaufen

    Insbesondere für Unternehmen, die Teil von Lieferketten sind, kann Factoring ein gutes Mittel zur Absicherung gegen Forderungsausfälle sein. Dabei kauft der Factor, in der Regel eine Factoringgesellschaft, fortlaufend die Forderungen eines Unternehmens. Die fälligen Beträge werden zumeist binnen 24 Stunden nach Rechnungsstellung vom Factor ausgezahlt. Für den Service werden in der Regel eine Gebühr und ein Zins für den Zeitraum bis zum Eingang der Zahlung des Debitors beim Factor fällig. Vorteil: Der Factor überprüft die Bonität des Abnehmers und übernimmt die vollständige Absicherung für den Delkrederefall.

  9. Auf professionelle Bonitätsprüfung setzen

    Je mehr Informationen ein Unternehmen über die Bonität eines Kunden hat, desto besser kann es dessen Zahlungsverhalten einschätzen. Vor allem bei Neukunden und größeren Auftragsvolumina sollten Unternehmen für die Bonitätseinschätzung auf die Unterstützung durch Wirtschaftsauskunfteien wie die SCHUFA, Creditreform oder CRIF setzen.

  10. Verjährungsfristen beachten

    Rechtzeitig vor dem Jahreswechsel sollte geprüft werden, für welche Rechnungen die Verjährungsfrist von drei Jahren nach Rechnungsstellung akut wird. Denn danach entfällt die Möglichkeit, Forderungen einzuklagen. Ist eine Forderung uneinbringlich geworden, so kann die bereits an das Finanzamt abgeführte Umsatzsteuer zurückgefordert werden.

Stand: 03/24; alle Angaben ohne Gewähr
Bildnachweis: iStockphoto / wutwhanfoto

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