Energie und Nachhaltigkeit

Mehr Pflichten beim Berichten

Welche Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte erstellen müssen und für welche es sich darüber hinaus empfehlen könnte.

Die Um­set­zung so­ge­nann­ter ESG-Zie­le ist für im­mer mehr Un­ter­neh­men in Deutsch­land ein wich­ti­ger Be­stand­teil ih­rer Un­ter­neh­mens­stra­te­gie. Das Kür­zel steht für die Nach­hal­tig­keits­fak­to­ren Um­welt (engl. „En­vi­ron­men­t“), So­zia­les („So­ci­al“) und Un­ter­neh­mens­füh­rung („Go­ver­nan­ce“). Nach dem Mot­to „Tu Gu­tes und re­de dar­über“ kom­mu­ni­zie­ren vie­le Un­ter­neh­men ih­re ent­spre­chen­den An­stren­gun­gen und Er­fol­ge da­her be­reits in ei­nem ei­ge­nen Nach­hal­tig­keits­be­richt. Für be­stimm­te Gro­ß­un­ter­neh­men be­steht seit dem Ge­schäfts­jahr 2017 im Rah­men der EU-Richt­li­nie „Non-Fi­nan­ci­al Re­porting Di­rec­tive“ (NFRD) so­gar be­reits die Pflicht, öf­fent­lich Re­chen­schaft über ih­re Un­ter­neh­mens­ver­ant­wor­tung – fach­sprach­lich „Cor­po­ra­te So­ci­al Re­s­pon­si­bi­li­ty“ (CSR) – ab­zu­le­gen. Dies be­trifft ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­te Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten und haf­tungs­be­schränk­te Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten so­wie gro­ße Kre­dit­in­sti­tu­te und Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men mit mehr als 500 Be­schäf­tig­ten. Mit der Richt­li­nie soll er­reicht wer­den, dass Un­ter­neh­men ver­läss­li­che und ver­gleich­ba­re In­for­ma­tio­nen nicht nur zu ih­rem Fi­nanz­be­reich, son­dern auch zu ih­ren Ak­ti­vi­tä­ten in den Ka­te­go­ri­en Um­welt, So­zia­les und Un­ter­neh­mens­füh­rung be­reit­stel­len.

Mit dem Ge­schäfts­jahr 2024 wur­de die­se Be­richts­pflicht im Rah­men der 2022 ver­ab­schie­de­ten EU-Richt­li­nie „Cor­po­ra­te Sustaina­bi­li­ty Re­porting Di­rec­tive“ (CS­RD) deut­lich er­wei­tert. Da­durch ha­ben sich nicht nur der Um­fang und die Art der vor­ge­schrie­be­nen Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung tief­grei­fend ge­än­dert – auch der Kreis der Un­ter­neh­men, die ei­nen Nach­hal­tig­keits­be­richt an­fer­ti­gen müs­sen, ist grö­ßer ge­wor­den. Statt 500 sind es nun­mehr 15.000 Un­ter­neh­men in Deutsch­land, die zur nicht fi­nan­zi­el­len Be­richt­er­stat­tung ver­pflich­tet sind. Die wich­tigs­ten Fra­gen und Ant­wor­ten zur ak­tu­el­len Re­ge­lung.

Welche Unternehmen sind von der CSRD betroffen?

Mit dem Be­richts­jahr 2025 sind Un­ter­neh­men ge­mäß Pa­ra­graf 267 Ab­satz 3 HGB zur Be­richt­er­stat­tung ge­mäß CS­RD ver­pflich­tet, so­fern sie zwei der drei fol­gen­den Kri­te­ri­en er­fül­len:

  • ei­ne Bi­lanz­sum­me von mehr als 25 Mil­lio­nen Eu­ro,
  • Net­to­um­satz­er­lö­se in Hö­he von mehr als 50 Mil­lio­nen Eu­ro oder
  • mehr als 250 Be­schäf­tig­te im Jah­res­durch­schnitt. 

Al­le an­de­ren bör­sen­no­tier­ten Un­ter­neh­men, aus­ge­nom­men Kleinst­un­ter­neh­men, sind ab dem Be­richts­jahr 2026 zur Er­stel­lung ver­pflich­tet.

Gro­ße ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­te Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten und haf­tungs­be­schränk­te Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten so­wie gro­ße Kre­dit­in­sti­tu­te und Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men mit mehr als 500 Be­schäf­tig­ten, die be­reits seit dem Ge­schäfts­jahr 2017 ge­mäß NFRD be­rich­ten, müs­sen ab dem Be­richts­jahr 2024 die neu­en Stan­dards der CS­RD be­rück­sich­ti­gen.

Was schreibt die CSRD vor?

Gemäß CSRD 2022/2464 müssen die berichtspflichtigen Unternehmen ausführlicher über den Umgang mit sozialen und ökologischen Herausforderungen berichten als zuvor. Die Richt­li­nie ver­langt von den Un­ter­neh­men ei­ne um­fas­sen­de Of­fen­le­gung ih­rer Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie, -zie­le und -maß­nah­men an­hand vor­ge­ge­be­ner Kenn­zah­len. Für al­le In­for­ma­tio­nen ist ei­ne un­ab­hän­gi­ge Prü­fung er­for­der­lich. Wich­tig: Die ent­spre­chen­den Be­richts­in­hal­te und die Be­richts­struk­tur wer­den stan­dar­di­siert, zu­künf­tig sind die Eu­ropean Sustaina­bi­li­ty Re­porting Stan­dards (ESRS) ver­bind­lich.

Was können Unter­nehmen, die zukünftig von der Berichts­pflicht betroffen sind, jetzt tun?

Zu­nächst ein­mal soll­ten sie Nach­hal­tig­keit zur Chef­sa­che er­klä­ren und sich mit Un­ter­stüt­zung ei­nes Nach­hal­tig­keits­teams zeit­nah mit den an­ste­hen­den An­for­de­run­gen be­schäf­ti­gen. Da­nach emp­fiehlt es sich, ei­ne Go­ver­nan­ce-Struk­tur mit kla­ren Ver­ant­wort­lich­kei­ten zu im­ple­men­tie­ren und sich ei­nen Über­blick über die Da­ten­be­schaf­fung und -ar­chi­tek­tur zu ver­schaf­fen. Wich­tig ist, bei al­len Schrit­ten Zie­le fest­zu­le­gen und al­le Ge­schäfts­be­rei­che, bes­ten­falls auch Füh­rungs­kräf­te und Mit­ar­bei­ten­de, in die Pro­zes­se mit ein­zu­be­zie­hen.

Mit ei­ner Ana­ly­se der we­sent­li­chen Nach­hal­tig­keits­fak­to­ren im Un­ter­neh­men selbst, bei den wich­tigs­ten Sta­ke­hol­dern so­wie im ex­ter­nen Um­feld (We­sent­lich­keits­ana­ly­se) kön­nen Un­ter­neh­men für ih­ren Be­richt re­le­van­te Nach­hal­tig­keits­the­men iden­ti­fi­zie­ren und da­mit ei­ne Ba­sis für die Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung schaf­fen. Dazu gehört auch die Ermittlung des CO2-Fußabdrucks des Unternehmens, zum Beispiel unter Zuhilfenahme eines entsprechenden Rechners, wie ihn die Postbank in Zusammenarbeit mit Plan A kostenlos zur Verfügung stellt.

Vie­le Un­ter­neh­men nut­zen bis­lang be­reits Rah­men­wer­ke wie die GRI Sustaina­bi­li­ty Re­porting Stan­dards oder den Deut­schen Nach­hal­tig­keits­ko­dex (DNK), um über das The­ma Nach­hal­tig­keit zu be­rich­ten. Für sie dürf­te die Um­stel­lung auf die ESRS nicht all­zu auf­wen­dig sein. Für DNK-An­wen­der­un­ter­neh­men bei­spiels­wei­se kön­nen ver­schie­de­ne in­ter­ne Pro­zes­se und In­hal­te als Grund­la­ge für die neue Form der Be­richt­er­stat­tung ge­nutzt wer­den.

Warum kann es sinnvoll sein, einen detaillierten Nach­haltig­keits­bericht zu erstellen, auch wenn man (noch) nicht dazu verpflichtet ist?

Ei­ne kon­se­quent nach­hal­ti­ge und in ei­nem Be­richt do­ku­men­tier­te Un­ter­neh­mens­füh­rung bie­tet vie­le Chan­cen: Auch klei­ne­re Un­ter­neh­men ver­schaf­fen sich da­mit un­ter Um­stän­den ei­nen Wett­be­werbs­vor­teil so­wohl bei Kun­den als auch Lie­fe­ran­ten so­wie ge­sell­schaft­li­che Ak­zep­tanz und Glaub­wür­dig­keit ge­gen­über Kre­dit­ge­bern. Dar­über hin­aus wirkt ei­ne sol­cher­ma­ßen ge­stärk­te Ar­beit­ge­ber­mar­ke auch po­si­tiv auf Mit­ar­bei­ten­de und po­ten­zi­el­le neue Fach­kräf­te.

In­so­fern kann die Ver­öf­fent­li­chung nicht­fi­nan­zi­el­ler Be­rich­te auch für Un­ter­neh­men in­ter­es­sant sein, die ge­setz­lich da­zu (noch) nicht ver­pflich­tet sind. Oh­ne­hin ist da­von aus­zu­ge­hen, dass Un­ter­neh­men be­züg­lich ih­rer Nach­hal­tig­keit zu­neh­men­dem Druck durch ver­schie­de­ne Sta­ke­hol­der­grup­pen aus­ge­setzt wer­den – Stich­wort Lie­fer­ket­ten. Mög­li­cher­wei­se ver­lan­gen die­se In­for­ma­tio­nen, die mit de­nen be­richts­pflich­ti­ger Un­ter­neh­men ver­gleich­bar sind.

Noch mehr Bürokratie?

Kritiker der erweiterten Berichtspflicht bemängeln, dass die aktuellen wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen es vielen Unternehmen erschweren, ein umfassendes Nachhaltigkeitsreporting umzusetzen. Zumal es in etlichen Firmen bislang nicht nur an belastbaren Daten, sondern auch an Fachleuten fehlt, die in der Lage sind, die gesetzlichen Anforderungen korrekt abzubilden oder Nachhaltigkeit perspektivisch in die Unternehmenssteuerung zu integrieren. Selbst wenn diese Kritik im Einzelfall berechtigt erscheinen mag: Als Grund, den neuen Richtlinien nicht rechtzeitig gerecht werden zu können, sollte sie nicht herhalten. Stattdessen sollten schnellstmöglich die noch fehlenden notwendigen Strukturen im Betrieb implementiert werden. 

3 Fragen an …

… Katarin Wagner, Co-Geschäftsführerin, econsense

Perspektiven: Was macht einen guten Nach­haltig­keits­bericht aus?

Ka­ta­rin Wag­ner: Ein gu­ter Nach­hal­tig­keits­be­richt zeich­net sich durch ei­ne trans­pa­ren­te Dar­stel­lung der Um­welt-, So­zi­al- und Go­ver­nan­ce-As­pek­te aus, und zwar im­mer un­ter­mau­ert durch kon­kre­te Zie­le und mess­ba­re Fort­schrit­te in Form von Kenn­zah­len. Die In­te­gra­ti­on von Sta­ke­hol­der-An­for­de­run­gen, ei­ne nach­voll­zieh­ba­re We­sent­lich­keits­ana­ly­se und die Of­fen­le­gung von Ri­si­ken und Chan­cen so­wie Maß­nah­men zur Ri­si­kom­in­de­rung un­ter­strei­chen die Glaub­wür­dig­keit ei­nes Be­richts. Schlie­ß­lich soll­te der Be­richt ei­nen kla­ren Fahr­plan für zu­künf­ti­ge Nach­hal­tig­keits­an­stren­gun­gen und de­ren Aus­wir­kun­gen auf das Ge­schäfts­mo­dell des Un­ter­neh­mens so­wie auch die­je­ni­gen Aus­wir­kun­gen, die die Ge­schäfts­tä­tig­keit auf die Um­welt und Ge­sell­schaft hat („dop­pel­te We­sent­lich­keit”), skiz­zie­ren. Zu­dem soll­ten bei der Er­stel­lung ak­tu­el­le Be­richts­stan­dards be­rück­sich­tigt wer­den.

Perspektiven: Welche Fehler sollten Unter­nehmen bei der Erstellung eines Nach­haltig­keits­berichts vermeiden?

Ka­ta­rin Wag­ner: Un­ter­neh­men soll­ten ih­re Be­rich­te nicht nur ober­fläch­lich ge­stal­ten. Was zählt, sind sub­stan­zi­el­le In­for­ma­tio­nen. Un­be­dingt ver­mie­den wer­den soll­te so­ge­nann­tes Green­wa­shing, al­so das Her­vor­he­ben ei­nes be­son­ders um­welt­freund­li­chen Ge­schäfts­mo­dells oder ei­nes ver­meint­li­chen Nach­hal­tig­keits­en­ga­ge­ments oh­ne ent­spre­chen­de Ta­ten. An­sons­ten ver­liert das Un­ter­neh­men nicht nur an Glaub­wür­dig­keit, son­dern kann auch we­ni­ger at­trak­tiv für In­ves­to­ren, Kun­din­nen und Kun­den so­wie (po­ten­zi­el­le) Ar­beit­neh­men­de wer­den. Zu­dem ist es wich­tig, we­sent­li­che Nach­hal­tig­keits­ri­si­ken oder Her­aus­for­de­run­gen nicht zu ver­schwei­gen.

Perspektiven: Was empfehlen Sie Unter­nehmen, die jetzt erstmalig der Berichts­pflicht unterliegen?

Ka­ta­rin Wag­ner: Für sie emp­fiehlt es sich, zu­nächst ei­ne um­fas­sen­de Be­stands­auf­nah­me al­ler re­le­van­ten nach­hal­tig­keits­be­zo­ge­nen As­pek­te ih­rer Ge­schäfts­tä­tig­kei­ten so­wie der da­mit ein­her­ge­hen­den Da­ten­la­ge und -ver­füg­bar­keit durch­zu­füh­ren. Dem Be­richt soll­ten Nach­hal­tig­keits­zie­le und -stra­te­gi­en zu­grun­de lie­gen. Au­ßer­dem soll­te man sich über die be­ste­hen­den re­gu­la­to­ri­schen Rah­men­be­din­gun­gen in­for­mie­ren und sei­nen ers­ten Be­richt un­ter Be­rück­sich­ti­gung re­le­van­ter Stan­dards er­stel­len. Da­bei kann der Aus­tausch mit an­de­ren Un­ter­neh­men, die be­reits Er­fah­run­gen im Re­porting ha­ben, sehr hilf­reich sein. Ge­nau hier setzt das Un­ter­neh­mens­netz­werk econ­sen­se an. Es er­mög­licht sei­nen Mit­glie­dern ei­nen ver­trau­ens­vol­len Aus­tausch und un­ter­stützt die­se da­bei, von­ein­an­der zu ler­nen.

econsense – Forum Nachhaltige Entwicklung der Deutschen Wirtschaft e. V. fungiert seit dem Jahr 2000 als Nachhaltigkeitsnetzwerk der deutschen Wirtschaft. Die aktuell mehr als 50 Mitglieder des Netzwerks sind große, international tätige Unternehmen aus verschiedenen Branchen. Der Verein unterstützt seine Mitglieder dabei, das Thema Nachhaltigkeit in der betrieblichen Praxis strategisch sowie entlang der Wertschöpfungskette zu verankern, und sieht sich als eine Plattform für den hochrangigen und fachlichen Dialog mit Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft. Mit dem Kompetenzprogramm Nachhaltigkeit hat econsense auch ein Serviceangebot für (große) mittelständische Unternehmen.

Stand: 09/2024; alle Angaben ohne Gewähr
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