Nachhaltigkeit
Grüne Energie vom Firmendach
Der Blick auf die Stromrechnung ist für viele Betriebe schon seit geraumer Zeit alles andere als erfreulich. Im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 stiegen die Preise für eine Kilowattstunde (kWh) Gewerbestrom bei einem Verbrauch von 10.000 kWh pro Jahr laut dem Vergleichsportal Verivox um durchschnittlich mehr als 50 Prozent und erreichten mit durchschnittlich 37,79 ct/kWh im Jahr 2022 ein Allzeithoch. Seitdem ist der Gewerbestrompreis zwar wieder etwas gesunken. Mit rund 32 ct/kWh lag er zum Jahresbeginn 2024 aber weiterhin deutlich über dem Vorkriegsniveau. Als Gewerbestrom werden Stromtarife bezeichnet, die für kleine und mittlere Betriebe angeboten werden. Unternehmen mit Stromverbräuchen jenseits von 100.000 kWh beziehen in der Regel sogenannten Industriestrom. Der durchschnittliche Strompreis für Neuabschlüsse in der Industrie betrug laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft zuletzt 16,65 ct/kWh. 2022 war er auf 43,20 ct/kWh gestiegen.
Stromkosten senken mit Solarstrom
Eine Möglichkeit für Unternehmen aller Größenklassen sowie Freiberufler, sich unabhängiger von steigenden Strompreisen zu machen, kann die Eigenerzeugung von elektrischer Energie mittels Photovoltaik (PV) sein. Laut dem Bundesverband Solarwirtschaft wurde 2023 mit rund 2,5 Gigawatt knapp ein Fünftel der neu installierten solaren Kraftwerksleistung auf Firmendächern installiert. Das sind 75 Prozent mehr als im Vorjahr. Unternehmen sind für die Nutzung von Photovoltaikanlagen prädestiniert. Denn neben den Dachflächen von Eigenheimen, Garagen oder Carports bieten vor allem die Dächer von Gewerbe- und Industriebauten großes Potenzial für die Installation photovoltaischer Module.
Die Vorteile der Eigenstromproduktion liegen auf der Hand:
- Wird der selbst erzeugte Strom ganz oder teilweise selbst verbraucht, entfällt zumindest ein Teil der Kosten für Stromlieferungen vom Energieversorger. So lassen sich die Energiekosten nachhaltig senken.
- Wer Strom selbst erzeugt und verbraucht, macht sich unabhängiger von Preisschwankungen am Strommarkt. Das erhöht die Planungssicherheit bei den Betriebskosten.
- Der nicht selbst genutzte Strom kann ins Netz eingespeist werden und wird nach vom Gesetzgeber festgeschriebenen Sätzen vergütet. Wie hoch die Einspeisevergütung ausfällt, hängt von der Größe der Anlage ab.
- Der selbst erzeugte Strom kann für das Aufladen von E-Autos oder den Betrieb einer Wärmepumpe genutzt werden. So lassen sich auch die Kosten für zum Beispiel Diesel oder das Beheizen von Gebäuden reduzieren.
- Photovoltaikanlagen nutzen die regenerative Energie der Sonne und tragen damit zum Klimaschutz bei.
Photovoltaik richtig nutzen – die Voraussetzungen
Grundvoraussetzung für die eigene Solarstromproduktion ist eine ausreichende Fläche zur Montage der Module. Grundsätzlich geeignet sind dafür Dächer, Fassaden und Freiflächen. Wobei Letztere im Bebauungsplan zum Zweck der Erzeugung von Strom aus einer Photovoltaikfreiflächenanlage ausgewiesen sein müssen. Die folgenden Punkte sind dabei besonders wichtig:
- Das Dach muss das Gewicht der Anlage tragen können. Das muss bei größeren Flächen in der Regel vorab von einem Statiker geprüft werden.
- Die besten Erträge liefern nach Süden ausgerichtete Dachflächen beziehungsweise Photovoltaikmodule. Auch eine Ausrichtung nach Osten oder Westen ist möglich.
- Im Laufe des Tages sollte möglichst viel Sonnenlicht auf die Dachfläche fallen können. Das gilt für alle Jahreszeiten.
- Der optimale Dachneigungswinkel beträgt etwa 30 bis 36 Grad. Bei einem Flachdach oder auf einer Freifläche sorgt eine entsprechende Unterkonstruktion für die optimale Ausrichtung.
- Soll der selbst erzeugte Strom ins öffentliche Netz eingespeist werden, muss der Netzbetreiber eine Netzverträglichkeitsprüfung durchführen, um zu gewährleisten, dass die örtliche Netzkapazität dafür ausreicht. Das gilt vor allem für größere Anlagen mit hoher Kapazität.
- Neue Anlagen zur Stromerzeugung müssen innerhalb eines Monats nach Inbetriebnahme in das Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur eingetragen werden. Das gilt auch für Batteriespeicher.
Energie speichern – Kosten senken
Photovoltaikanlagen im Gewerbebereich sollten so dimensioniert werden, dass die Solarstromerzeugung möglichst optimal zum Tagesverbrauch des Betriebes passt, empfiehlt das Solar Cluster Baden-Württemberg. Da das Gros des Stromverbrauchs in Gewerbebetrieben in der Regel tagsüber anfällt, sich also mit dem Solarstromertrag deckt, sind Eigenverbrauchsquoten von 70 Prozent ohne Speicher möglich. Soll der selbst erzeugte Strom hingegen rund um die Uhr zur Eigennutzung verfügbar sein, etwa zur Beleuchtung von Produktions- oder Lagerhallen, ist eine Speicherlösung unerlässlich. Mit einem Batteriespeicher können die Eigenverbrauchsquote auf mehr als 90 Prozent erhöht und teure Lastspitzen, wenn für die Produktion mehr elektrische Energie benötigt wird, vermieden werden. Solche Spitzen werden vom Netzbetreiber erfasst und in Form höherer Netznutzungsentgelte in Rechnung gestellt.
Strom, der nicht selbst verbraucht wird, kann in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden und wird über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vergütet. Letzteres gilt jedoch nicht für Unternehmen, die größere Photovoltaikanlagen ab 100 Kilowattpeak (kWp) Leistung betreiben. Sie müssen ihren Solarstrom direkt vermarkten.
Wichtig: In vielen Bundesländern gibt es eine sogenannte Solardachpflicht. Diese schreibt vor, dass bei Neubauten oder größeren Dachsanierungen eine Photovoltaikanlage installiert werden muss. Das gilt für Nichtwohngebäude aktuell in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen (nur landeseigene Gebäude), Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. In anderen Bundesländern ist eine Solardachpflicht teilweise in Planung.
Die eigene Photovoltaikanlage – das rechnet sich
Wie schnell sich die Investition in eine Photovoltaikanlage bezahlt macht, hängt von vielen Faktoren ab, etwa der Entwicklung der Strompreise, der Leistung der Anlage und natürlich auch den erforderlichen Investitionskosten. Einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE zufolge lagen die Gestehungskosten für Solarstrom 2024 für kleinere Dachanlagen bei durchschnittlich 10 Cent pro Kilowattstunde (kWh), für größere Dachanlagen sogar darunter. Wobei der Erwerb von Batteriespeichern die Erzeugungskosten erhöhen kann.
Laut dem Solar Cluster Baden-Württemberg kosten Photovoltaikanlagen mittlerer Größe für Unternehmen etwa 800 bis 1.100 Euro pro kWp. Hinzu kommen laufende Kosten für Wartung und Reinigung – üblicherweise 1 bis 2 Prozent der Investitionssumme pro Jahr. Wird der Solarstrom vollständig eingespeist, sind demnach bis zu 6 Prozent Rendite pro Jahr möglich. Einen ausführlichen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten der Vermarktung und Eigennutzung von Solarstrom sowie deren Wirtschaftlichkeit gibt es auf der Website der Kampagne „Photovoltaik Gewerbe NRW“ des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums.
Wichtig: Für den Umstieg auf nachhaltige Stromerzeugung gibt es neben der Einspeisevergütung einige Fördermöglichkeiten. Die staatliche KfW-Bank etwa fördert Photovoltaikanlagen auf Dächern, an Fassaden oder auf Freiflächen im Förderprogramm Erneuerbare Energien mit zinsverbilligten Krediten in Höhe von bis zu 150 Millionen Euro. Zudem gibt es direkte Zuschüsse der Landesförderinstitute. Bei der Suche hilft die Förderdatenbank des Bundes.
Stand: Oktober 2024; alle Angaben ohne Gewähr.
Bildnachweis: iStockphoto / Fahroni, RossHelen