Finanzierung

Gesprengte Ketten neu verknüpfen

Wie Unter­nehmen ihre Liefer­ketten für die Zukunft resilienter auf­stellen können.

Auch wenn zuletzt vielen Unternehmen in Deutschland anstelle von fehlendem Material eher ein Mangel an Aufträgen zu schaffen machte, darf das Thema resiliente Lieferketten nicht aus den Augen verloren werden. Denn wenn die Konjunktur wieder anzieht, können Angebotsschocks, wie sie zuletzt durch die Coronavirus-Pandemie oder den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöst wurden, vor allem in den importabhängigen Branchen eine Erholung schnell ausbremsen. Das gilt vor allem für Rohstoffe und Vorprodukte: Störungen der Lieferketten können hier schnell zu teuren Produktionsunterbrechungen oder im schlimmsten Fall zur Stilllegung ganzer Werke führen. Unter Lieferkettenstörungen leiden aber gegebenenfalls nicht nur Industrieunternehmen, sondern beispielsweise auch Handwerksbetriebe, die mangels geeigneter Materialien und Produkte laufende Arbeiten nicht fortsetzen können oder neue Aufträge ablehnen müssen.

Liefer­ketten: Abhängig­keiten reduzieren

Zu einem Ende der weltweiten Arbeitsteilung, wie es insbesondere aufgrund der Lieferkettenstörungen infolge der Coronavirus-Pandemie zum Teil diskutiert wurde, dürfte es auch in Zukunft kaum kommen. Zu groß sind die Vorteile der globalisierten Wirtschaft sowohl für Abnehmer als auch Lieferanten. Dennoch zeigen die jüngsten Erfahrungen, dass es für Unternehmen wichtig ist, sich in Sachen Lieferketten langfristig resilienter aufzustellen. Dafür gibt es eine Reihe von Ansatzpunkten:

  1. Multiple statt Single Sourcing

    Eine Einzelbeschaffungsstrategie („Single Sourcing“) kann für Unternehmen eine Reihe von Vorteilen haben, etwa eine größere Verhandlungsmacht und damit einhergehende Skaleneffekte sowie einen geringeren Verwaltungsaufwand. Erfahrungen zeigen aber, dass Unternehmen, die aus einem Pool von mehreren Lieferanten („Dual“ bzw. „Multiple Sourcing“) schöpfen können, besser durch Krisen kommen als jene, die auf „Single Sourcing“ setzen. Neue Lieferanten an Bord zu holen, hat darüber hinaus noch einen weiteren Vorteil: die bessere Vergleichbarkeit von Preisen. Im Rahmen einer ifo Konjunkturumfrage gaben drei Viertel der befragten Industrieunternehmen an, als Reaktion auf die Lieferkettenstörungen der Jahre 2020 und 2021  die Resilienz ihrer Lieferketten durch eine veränderte Beschaffungsstrategie gestärkt zu haben. Die Diversifizierung von Lieferbeziehungen war dabei die am häufigsten genannte Maßnahme.

  2. Global diversifizieren

    Naturkatastrophen, politische Unruhen und andere Ereignisse, die die Supply Chain stören können, treten zumeist regional begrenzt auf. Selbst in der weltweiten Coronavirus-Pandemie waren verschiedene Regionen zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich stark betroffen. So konnte etwa China seine Restriktionen bereits wieder lockern, als die Infektionszahlen anderswo erst ihren Höhepunkt erreichten. Soweit möglich sollte ein Zulieferernetzwerk also auch regional diversifiziert werden, insbesondere bei dringend erforderlichen Rohstoffen und Vorprodukten.

  3. De-Globalisierung prüfen

    Bei allen Vorteilen der Globalisierung kann eine teilweise De-Globalisierung beziehungsweise Regionalisierung zu mehr Sicherheit in den Wertschöpfungsketten führen. „Die Rückverlagerung von einzelnen Produktionsschritten aus weit entfernten Niedriglohnländern in den eigenen Betrieb oder das Errichten entsprechender Produktionskapazitäten, die sich näher am eigenen Unternehmen befinden, sind Maßnahmen, die zumindest die Abhängigkeit von weit entfernten Produktionsstandorten verringern“, schreibt Dr. Thieß Petersen von der Bertelsmann Stiftung in einem Diskussionspapier des ifo Instituts zum Thema De-Globalisierung. Kürzere Transportwege senken zudem die Transportkosten. In bestimmten Branchen, etwa dem Lebensmitteleinzelhandel, honorieren darüber hinaus die Kunden Angebote aus der Region.

  4. Lagerstrategie optimieren

    Zur Absicherung gegen drohende Lieferengpässe kann es ratsam sein, die verstärkte Lagerhaltung kritischer Vorprodukte der Just-in-time-Lieferung vorzuziehen. Hier muss allerdings zwischen dem Kapitaleinsatz für die Lagerung und der Risikoabsicherung abgewogen werden.

  5. Lieferantenbeziehungen pflegen

    Für eine krisenfeste Supply Chain sind gute Beziehungen zu Zulieferern und Lieferanten Gold wert. Es lohnt sich also, frühzeitig darin zu investieren.

  6. Kunden informieren

    Wenn Ressourcen knapp werden und Lieferengpässe drohen, ist die Kommunikation mit den Kunden essenziell. Bei entsprechend frühzeitiger Information haben diese ihrerseits die Möglichkeit, sich auf Lieferverzögerungen einzustellen und gegebenenfalls Alternativen zu suchen.

Stand: Dezember 2024; alle Angaben ohne Gewähr
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