Nachhaltigkeit
Grüne Energie vom Firmendach
Der Blick auf die monatliche Stromrechnung wird für viele Betriebe schon seit geraumer Zeit immer unangenehmer. Bei einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) im November 2021 beklagte bereits knapp die Hälfte der 600 befragten Unternehmen, gegenüber dem Corona-Jahr 2020 deutlich höhere Stromkosten verkraften zu müssen. Laut dem Statistischen Bundesamt war Strom für Nicht-Haushaltskunden im 2. Halbjahr 2021 durchschnittlich 11,7 Prozent teurer als in der ersten Jahreshälfte. Kunden mit über 150.000 Megawattstunden Jahresverbrauch zahlten demnach sogar rund 49 Prozent mehr. Der Russland-Ukraine-Krieg hat die Preise noch mal deutlich nach oben katapultiert: Im April 2022 lag der durchschnittliche Großhandelspreis (Day-Ahead) für eine Megawattstunde Strom am Spotmarkt mehr als drei Mal so hoch wie im Jahr zuvor, zwischenzeitlich war er sogar um fast das Zehnfache gestiegen.
Stromkosten senken mit Solarstrom
Eine Möglichkeit für Unternehmen aller Größenklassen sowie Freiberufler, sich unabhängiger von steigenden Strompreisen zu machen, ist die Eigenerzeugung von elektrischer Energie mittels Photovoltaik (PV). Einer vom Bundesverband Solarwirtschaft beauftragten Befragung aus dem Januar 2022 zufolge planen 22 Prozent der Unternehmen, in den kommenden drei Jahren eine PV-Anlage auf ihrem Firmendach zu errichten. Bundesweit sind laut dem Verband bereits auf jedem zehnten Firmendach Solarzellen installiert. In der Landwirtschaft verfügen sogar bereits 60 Prozent der Vollerwerbshöfe über eine Solaranlage.
Unternehmen sind für die Nutzung von Photovoltaikanlagen prädestiniert. Denn neben den Dachflächen von Eigenheimen, Garagen oder Carports bieten vor allem die Dächer von Gewerbe- und Industriebauten großes Potenzial für die Installation photovoltaischer Module.
Die Vorteile der Eigenstromproduktion liegen auf der Hand:
- Wird der selbst erzeugte Strom ganz oder teilweise selbst verbraucht, entfällt zumindest ein Teil der Kosten für Stromlieferungen vom Energieversorger. So lassen sich die Energiekosten nachhaltig senken.
- Wer Strom selbst erzeugt und verbraucht, macht sich unabhängiger von Preisschwankungen am Strommarkt. Das erhöht die Planungssicherheit bei den Betriebskosten.
- Der nicht selbst genutzte Strom kann ins Netz eingespeist werden und wird nach vom Gesetzgeber festgeschriebenen Sätzen vergütet. Wie hoch die Einspeisevergütung ausfällt, hängt von der Größe der Anlage ab.
- Der selbst erzeugte Strom kann für das Aufladen von E-Autos oder den Betrieb einer Wärmepumpe genutzt werden. So lassen sich auch die Kosten für zum Beispiel Diesel oder das Beheizen von Gebäuden reduzieren.
- Photovoltaikanlagen nutzen die regenerative Energie der Sonne und tragen damit zum Klimaschutz bei.
Photovoltaik richtig nutzen – die Voraussetzungen
Grundvoraussetzung für die eigene Solarstromproduktion ist eine ausreichende Fläche zur Montage der Module. Grundsätzlich geeignet sind dafür Dächer, Fassaden und Freiflächen. Wobei Letztere im Bebauungsplan zum Zweck der Erzeugung von Strom aus einer Photovoltaikfreiflächenanlage ausgewiesen sein müssen. Die folgenden Punkte sind dabei besonders wichtig:
- Das Dach muss das Gewicht der Anlage tragen können. Das muss bei größeren Flächen in der Regel vorab von einem Statiker geprüft werden.
- Die besten Erträge liefern nach Süden ausgerichtete Dachflächen beziehungsweise Photovoltaikmodule. Auch eine Ausrichtung nach Osten oder Westen ist möglich.
- Im Laufe des Tages sollte möglichst viel Sonnenlicht auf die Dachfläche fallen können. Das gilt für alle Jahreszeiten.
- Der optimale Dachneigungswinkel beträgt etwa 30 bis 36 Grad. Bei einem Flachdach oder auf einer Freifläche sorgt eine entsprechende Unterkonstruktion für die optimale Ausrichtung.
- Soll der selbst erzeugte Strom ins öffentliche Netz eingespeist werden, muss der Netzbetreiber eine Netzverträglichkeitsprüfung durchführen, um zu gewährleisten, dass die örtliche Netzkapazität dafür ausreicht. Das gilt vor allem für größere Anlagen mit hoher Kapazität.
- Neue Anlagen zur Stromerzeugung müssen innerhalb eines Monats nach Inbetriebnahme in das Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur eingetragen werden. Das gilt auch für Batteriespeicher.
Energie speichern – Kosten senken
Photovoltaikanlagen im Gewerbebereich sollten so dimensioniert werden, dass die Solarstromerzeugung möglichst optimal zum Tagesverbrauch des Betriebes passt, empfiehlt das Solar Cluster Baden-Württemberg. Da das Gros des Stromverbrauchs in Gewerbebetrieben in der Regel tagsüber anfällt, sich also mit dem Solarstromertrag deckt, sind Eigenverbrauchsquoten von 70 Prozent ohne Speicher möglich. Soll der selbst erzeugte Strom hingegen rund um die Uhr zur Eigennutzung verfügbar sein, etwa zur Beleuchtung von Produktions- oder Lagerhallen, ist eine Speicherlösung unerlässlich. Mit einem Batteriespeicher können die Eigenverbrauchsquote auf mehr als 90 Prozent erhöht und teure Lastspitzen, wenn für die Produktion mehr elektrische Energie benötigt wird, vermieden werden. Solche Spitzen werden vom Netzbetreiber erfasst und in Form höherer Netznutzungsentgelte in Rechnung gestellt.
Strom, der nicht selbst verbraucht wird, kann in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden und wird über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vergütet. Letzteres gilt jedoch nicht für Unternehmen, die größere Photovoltaikanlagen ab 100 Kilowatt-Peak Leistung betreiben. Sie müssen ihren Solarstrom direkt vermarkten.
Gut zu wissen: Im April 2022 hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf für die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) beschlossen. Demnach sollen künftig Betreiber von Photovoltaikanlagen, die ihren Strom vollständig ins Netz einspeisen, dafür deutlich höher vergütet werden als bislang. Die Neuregelung soll für alle Anlagen gelten, die ab 2023 in Betrieb genommen werden.
Zudem könnte die Installation von Photovoltaikanlagen beim Neubau von Gewerbegebäuden künftig im Rahmen des vom Bundeswirtschaftsministerium am 17. Mai 2022 veröffentlichten Arbeitsplans Energieeffizienz bundesweit Pflicht werden. Eine entsprechende Solarpflicht gibt es seit dem 1. Januar 2022 bereits in Baden-Württemberg.
Die eigene Photovoltaikanlage – das rechnet sich
Wie schnell sich die Investition in eine Photovoltaikanlage bezahlt macht, hängt von vielen Faktoren ab, etwa der Entwicklung der Strompreise, der Leistung der Anlage und natürlich auch den erforderlichen Investitionskosten. Einem Faktenpapier der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen zufolge lagen die Erzeugungskosten für Solarstrom zuletzt oft unter 10 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Zum Vergleich: Der durchschnittliche Strompreis für Neuabschlüsse in der Industrie lag zuletzt bei rund 31 ct/kWh (Jahresverbrauch 160.000 bis 20 Mio. kWh, mittelspannungsseitige Versorgung, Stand April 2022).
Laut dem Solar Cluster Baden-Württemberg kosten Photovoltaikanlagen mittlerer Größe für Unternehmen etwa 800 bis 1.100 Euro pro kWp. Hinzu kommen laufende Kosten für die Wartung und Reinigung – üblicherweise 1 bis 2 Prozent der Investitionssumme pro Jahr. Wird der Solarstrom vollständig eingespeist, sind demnach 3 bis 5 Prozent Rendite pro Jahr möglich. Höher ist der finanzielle Gewinn, wenn der Strom zumindest teilweise selbst verbraucht wird. Die Erträge aus der Solarstromproduktion müssen versteuert werden.
Wichtig: Für den Umstieg auf nachhaltige Stromerzeugung gibt es neben der Einspeisevergütung einige Fördermöglichkeiten. Die staatliche KfW-Bank etwa fördert Photovoltaik-Investitionen in Anlagen auf Dächern, an Fassaden oder auf Freiflächen im Förderprogramm Erneuerbare Energien mit zinsgünstigen Krediten in Höhe von bis zu 50 Millionen Euro. Zudem gibt es direkte Zuschüsse der Landesförderinstitute. Bei der Suche hilft die Förderdatenbank des Bundes.
Gute Laune machen die Einsparmöglichkeiten bei den Energiekosten übrigens nicht nur den Anlagenbetreibern: Die Stimmung innerhalb der Solarbranche in Deutschland hat dem Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) zufolge im Mai 2022 den höchsten Stand seit Beginn ihrer Messung im Jahr 2005 erreicht.
Stand: Mai 2022
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