Betriebsführung

Fachkräfte finden und binden

Wie sich Unternehmen auf den zunehmenden Fachkräftemangel einstellen können.

, Handwerkerinnen und Handwerker, Verwaltungsfachangestellte, Verkäuferinnen und Verkäufer, Maschinenbauerinnen und Maschinenbauer, Erzieherinnen und Erzieher, Pflegepersonal – das sind nur einige der Berufsgruppen, die derzeit händeringend gesucht werden. Laut einer Studie im Rahmen des Projektes Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) verringerte sich aufgrund der schwachen Wirtschaftslage zwar zuletzt die Fachkräftelücke um fast 13 Prozent. Im Jahresdurchschnitt 2023/2024 gab es aber noch immer 532.000 offene Stellen, für die bundesweit keine passend qualifizierten Fachkräfte arbeitslos gemeldet waren. Besonders von Engpässen betroffen sind Unternehmen und Betriebe im Sozial- und Gesundheitswesen, in der Bauwirtschaft, in der öffentlichen Verwaltung sowie im Einzelhandel. Auf sie entfällt mehr als die Hälfte der bundesweit unbesetzten Stellen.

Der Fachkräftemangel behinderte laut dem KfW-ifo-Fachkräftebarometer zuletzt die Geschäftstätigkeit von mehr als einem Drittel der Unternehmen in Deutschland. Im Dienstleistungssektor beklagen sogar 42 Prozent der Unternehmen fehlende Fachkräfte. Eine vordringliche Frage lautet daher: Wie finden Betriebe neue Fachkräfte – und wie lassen sich diese langfristig binden? Die Perspektiven Redaktion hat 7 Tipps recherchiert.

7 Tipps gegen den Fachkräftemangel

  1. Personalarbeit zur Chefsache machen

    Nur drei von zehn Unternehmen betreiben eine strategische Personalarbeit. Zu diesem Ergebnis kommt der Personalarbeitsindex des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA), das im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei der Fachkräftesicherung und der Gestaltung ihrer Personalarbeit unterstützt. Dabei befänden sich kleine Unternehmen aufgrund ihrer persönlicheren Unternehmenskultur grundsätzlich in einer guten Startposition, um ihre Personalarbeit zukunftssicher aufzustellen. Gerade diese Unternehmen könnten stark profitieren, wenn sie ihre Arbeitgebermarke entwickeln und darauf aufbauend eine klare Strategie ableiten, welche Maßnahmen in der Personalarbeit für ihr Unternehmen besonders erfolgversprechend sind. Zu einer strategischen Personalarbeit zählen zum Beispiel eine gezielte Analyse der eigenen Stärken und Schwächen, die Nutzung neuer Wege zur Rekrutierung oder Qualifizierung von Mitarbeitenden sowie eine vorausschauende Nachwuchsplanung.

  2. Die eigene Arbeitgeberattraktivität steigern

    Wer im Wettstreit um Fachkräfte punkten und Mitarbeitende an sich binden möchte, sollte sich als Arbeitgeber im besten Licht präsentieren. Die Bezahlung spielt dabei längst nicht mehr die einzig entscheidende Rolle. Zur Mitarbeitendenzufriedenheit tragen zum Beispiel flexible Arbeitszeitmodelle bei – gegebenenfalls auch die Möglichkeit, im Homeoffice oder mobilen Office zu arbeiten. Das kommt insbesondere dem Wunsch nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie entgegen. Flache Hierarchien und ein wertschätzendes kollegiales Umfeld sollten nicht nur auf dem Papier existieren – neue Kollegen und Kolleginnen machen sich sonst schnell wieder aus dem Staub. Anonymisierte Mitarbeitendenbefragungen oder Jahresgespräche als fester Bestandteil der Personalpolitik können dazu beitragen, die richtigen Maßnahmen zur Stärkung der Arbeitgeberattraktivität zu identifizieren. 

  3. Recruiting über Social Media

    Soziale Netzwerke bieten eine zeitgemäße Möglichkeit, um mit potenziellen Bewerbern und Bewerberinnen in Kontakt zu treten. Ob Xing, LinkedIn, Facebook, Youtube oder Instagram. Dort lässt sich das eigene Unternehmen zu überschaubaren Kosten einer größeren Zielgruppe präsentieren. Gegebenenfalls können dafür auch Azubis und andere jüngere Mitarbeitende eingespannt werden. Als erste Anlaufstelle für Interessentinnen und Interessenten sollte die Unternehmenshomepage auf Vordermann gebracht werden, etwa durch die Integration eines Bewerberkontaktformulars und Content, der die Vorteile des Betriebs für Mitarbeitende darstellt. Ein Glasereibetrieb aus Niedersachsen schaffte es vor ein paar Jahren, mit einem einfachen bei Facebook hochgeladenen 80-sekündigen Videoclip einen Internet-Hit für die Azubisuche zu landen. Mehrere Hunderttausend Nutzer sahen sich das Video an, in dem der Glaser erst aufmerksamkeitsstark eine Scheibe zu Bruch gehen lässt und dann ganz trocken norddeutsch erzählt, dass ihm die Herkunft und Schulbildung seiner Bewerber egal sei und dass er bei einem guten Ausbildungsverlauf unter anderem 100 Euro mehr als den Tarif in die Lohntüte packen würde.

  4. Ältere Fachkräfte wertschätzen

    Ältere Mitarbeitende sind oft wertvoll, weil sie viel Erfahrung mitbringen. Umso wichtiger ist es, ihnen alters- und alternsgerechtes Arbeiten zu ermöglichen. Dazu gehören zum Beispiel flexible Arbeitszeitmodelle, etwa der Verzicht auf Nachtschichten bei Älteren, Erleichterungen in den Arbeitsabläufen oder Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung. Auch Benefits wie zusätzlich freie „Opa-Tage“ können helfen, die Arbeitsfähigkeit und den Arbeitswillen älterer Mitarbeitender zu erhalten. Zudem sollten ältere Fachkräfte frühzeitig aktiv in die Aus- und Weiterbildung jüngerer Mitarbeitender eingebunden werde. Das hilft dabei, wertvolles Fachwissen zu sichern. Mancher Senior ist dadurch möglicherweise auch bereit, dem Betrieb über das Renteneintrittsalter hinaus zur Verfügung zu stehen. 

  5. Weiterbildung intensivieren

    Ob Digitalisierung, Umweltschutz oder Nachhaltigkeit: Alle diese Themen erfordern von Unternehmen Anpassungen, von geänderten Produktionsabläufen bis zu neuen Geschäftsmodellen. Lebenslanges Lernen wird somit immer mehr zur Basis für eine dauerhafte Beschäftigungsfähigkeit. Investieren Sie in die Weiterbildung Ihrer Mitarbeitenden. Die werden es Ihnen danken! Beratung zu innerbetrieblichen Weiterbildungskonzepten gibt es bei den IHKs. Die örtlichen Ansprechpartner finden sich im Weiterbildungs-Informations-System der IHK-Organisation

  6. Ausländische Fachkräfte an Bord holen

    Eine Möglichkeit, dem Fachkräfteengpass zu begegnen, ist die Beschäftigung von Fachkräften aus dem Ausland. Umfangreiche Informationen und Beratungsangebote dazu gibt es bei der Bundesagentur für Arbeit. Auf dem europäischen Job- und Informationsportal EURES können Betriebe nach passenden Bewerberinnen und Bewerbern aus EU-Ländern suchen und kostenlos Stellenanzeigen aufgeben. Einen guten Überblick mit Praxisbeispielen und vielen Informationen darüber, was bei der Einstellung ausländischer Fachkräfte zu beachten ist, verschafft auch das von der Bundesregierung eingerichtete Portal „Make it in Germany“, das sich eigentlich an Bewerber richtet. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz wurden neue Möglichkeiten geschaffen, um die Zuwanderung und Beschäftigung von Menschen mit einer qualifizierten Berufsausbildung aus Nicht-EU-Staaten zu erleichtern. Wer Fachkräfte aus dem Nicht-EU-Ausland anwerben möchte, kann sich an den internationalen Personalservice der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit wenden.

  7. Ausbildung ausweiten

    Auch Auszubildende zu finden ist heute eine Herausforderung. Die richtige Ansprache Jugendlicher und ein zielgruppengerechtes Ausbildungsmarketing sind daher wichtiger denn je (siehe Tipp 3 Social Media). Von Projektwochen über Bewerbungstrainings bis hin zu Betriebsführungen: Durch Schulkooperationen bekommen Sie persönlichen Kontakt zu potenziellen Azubis. Eine weitere Möglichkeit: Bieten Sie spannende Praktika an, bei denen die Jugendlichen nicht nur aufräumen oder fegen, sondern an „richtige“ Aufgaben herangeführt werden.

Ihre Auftragsbücher sind voll, doch es sind keine neuen Mitarbeitenden in Sicht? Und auch die Suche nach passenden Azubis blieb bisher erfolglos? Hilfe gibt es beim Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA). Es unterstützt kleine und mittlere Unternehmen bei der Gestaltung ihrer Personalarbeit. Unter www.kofa.de finden sich viele Handlungsempfehlungen, Checklisten und Praxisbeispiele. Darüber hinaus bietet das KOFA kostenfreie Webinare an.

 

Stand: November 2024; alle Angaben ohne Gewähr
Aufmacherfoto: iStockphoto / dusanpetkovic