Planen, bauen, sanieren, modernisieren: Die „Teamwoerker“ aus dem südhessischen Bensheim stehen ihren Kunden bei größeren Bauvorhaben und kleineren Reparaturen mit Rat und Tat zur Seite. Das Besondere daran: Bei den Teamwoerkern handelt es sich nicht um eine einzelne Firma, sondern um einen Zusammenschluss von zwölf Handwerksbetrieben und Dienstleistern. Gegründet wurde dieser als loser Verbund im Jahr 1999. Damals waren lediglich fünf Handwerksunternehmen dabei. Ihr gemeinsames Ziel: Kräfte bündeln und dadurch maximale Flexibilität gewährleisten. Um das Leistungsangebot auszuweiten, kamen bald neue Firmen dazu. Mit zunehmendem Geschäftserfolg wuchs jedoch auch das Haftungsrisiko. 2004 erfolgte deshalb die Umwandlung in eine GmbH. Die gewerkeübergreifende Zusammenarbeit hat sich seitdem kontinuierlich weiterentwickelt.
Betriebsführung
Gemeinsam ans Ziel
Welche Vorteile bieten Kooperationen im Handwerk?
Das Kooperationskonzept des Hand-in-Hand-Werkens, wie es die Teamwoerker umsetzen, hat viele Vorteile. Durch die Zusammenarbeit mit anderen Handwerksbetrieben oder Freiberuflern und der damit einhergehenden Bündelung von Kompetenzen lassen sich Kapazitäten besser auslasten, Ressourcen bündeln, Synergieeffekte nutzen und damit Kosten senken. Darüber hinaus wird das Angebotsspektrum erweitert und auch Know-how ausgetauscht, etwa wenn Mitarbeitende in der Partnerfirma über den Tellerrand schauen oder Fertigkeiten erlernen, die in ihrem Stammbetrieb nicht alltäglich sind. Zudem können bestehende Absatzregionen besser bedient und neue überregionale Märkte leichter erschlossen werden. Nicht zuletzt können die Beteiligten einer erfolgreichen Kooperation einander guten Gewissens weiterempfehlen und gemeinsam komplexere Aufträge und größere Projekte abwickeln als allein – was zumeist eine Steigerung von Umsatz und Gewinn bei jedem einzelnen Betrieb nach sich zieht. Pluspunkt gegenüber Kunden: Sie müssen sich nicht um passende Handwerker oder Bauabläufe für einzelne Gewerke kümmern und haben nur einen Ansprechpartner, der die Arbeit der verschiedenen Fachbetriebe koordiniert.
Für wen kommen Kooperationen infrage?
Grundsätzlich sind Kooperationen jedweder Form immer dann interessant, wenn Hürden wie der zunehmende Fachkräftemangel oder fehlendes Know-how das Wachstum des eigenen Betriebs behindern. Möglicherweise lassen sich durch Kooperationen aber auch geeignete Kandidaten für die Unternehmensnachfolge in Form einer Übernahme durch einen oder mehrere Kooperationspartner finden.
Welche Möglichkeiten der Kooperation gibt es?
Der Zusammenarbeit mit anderen Betrieben sind kaum Grenzen gesetzt. Es gibt absatzorientierte und beschaffungsorientierte Kooperationsformen, Kooperationen auf regionaler oder überregionaler Ebene und Zusammenschlüsse ähnlicher wie auch unterschiedlicher Gewerke. Eines eint alle Varianten: Oft basieren sie zunächst auf einfachen mündlichen Absprachen; es wird lediglich eine lose Zusammenarbeit „per Handschlag“ abgeschlossen. Darüber hinaus gibt es eine Reihe verbindlicherer Formen der Kooperation.
- Zu Bieter- und Arbeitsgemeinschaften können sich Unternehmen zusammenschließen, um größere (öffentliche) Aufträge zu erhalten und auszuführen. Bietergemeinschaften sind in der Regel zeitlich befristet. Erhalten die darin zusammengeschlossenen Betriebe den Auftrag, gründen sie zur Ausführung eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE).
- Ein vergleichsweise unkompliziertes Verfahren, eine eher lockere Zusammenarbeit zu formalisieren, ist die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die Gesellschafter haften dabei mit ihrem Betriebsvermögen und privaten Mitteln. Eine Bietergemeinschaft ist in der Regel eine GbR.
- Wird ein Kooperationsvorhaben angestrebt, das über gemeinsame ideelle Zwecke hinausgeht, empfiehlt sich eine Unternehmensgründung in Form einer GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung), KG (Kommanditgesellschaft), GmbH & Co. KG (Kommanditgesellschaft, bei der der Komplementär eine GmbH ist), OHG (offene Handelsgesellschaft) oder AG (Aktiengesellschaft). Der Aufwand lohnt sich immer dann, wenn sich die beteiligten Partner eine klar reglementierte Grundlage für die Zusammenarbeit wünschen. Detaillierte Informationen zu den verschiedenen Rechtsformen gibt es auf dem Existenzgründungsportal des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.
- Ziel von Genossenschaften ist es, ihre Mitglieder bei ihren wirtschaftlichen Plänen zu fördern. Dabei erfolgen zum Beispiel der Einkauf, die Produktion und/oder der Verkauf auf gemeinschaftliche Rechnung. Beispielsweise können Maschinen und andere Geräte, die gemeinsam genutzt werden sollen, gemeinschaftlich angeschafft werden. Ausführliche Informationen zur Gründung von Genossenschaften gibt es beim Genossenschaftsverband.
- Beim Co-Crafting teilen sich Handwerker Werkstätten und Lagerplätze. Diese Form des kooperativen Arbeitens bedeutet für Handwerker, Investitionen, etwa für Maschinen, nicht allein stemmen zu müssen. Zudem ermöglicht das Co-Crafting einen intensiven Wissensaustausch. Ein Beispiel für ein modernes Arbeitsumfeld zum Co-Crafting ist das Honeycamp Mannheim.
Was bringen Kooperationen mit Start-ups?
Um mit technologischen Entwicklungen Schritt halten zu können, fehlt es in vielen Betrieben an entsprechenden Kompetenzen. Hier können Kooperationen mit technikaffinen Start-ups wertvoll sein. Durch den Austausch von Wissen, Know-how und Erfahrung lassen sich zum Beispiel Digitalisierungsprojekte vorantreiben, neue Geschäftsmodelle etablieren oder gemeinsame innovative Lösungen für spezielle Aufgabenstellungen finden. Denkbar sind Kooperationen auch mit der Wissenschaft, etwa um Neuerungen im Betrieb wissenschaftlich begleiten zu lassen. Eine Möglichkeit für mittelständische Unternehmen, mit Start-ups in Kontakt zu treten, ist die Digital Hub Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums. Dort gibt es zum Beispiel einen Start-up Finder. Ansprechpartner können zudem die regionalen Handwerkskammern sein. Die Ideenwerkstatt „Handwerk trifft Startup“ der Handwerkskammer Berlin etwa ist ein Programm, bei dem Handwerksbetriebe gemeinsam mit Start-ups an neuen Produkten, Dienstleistungen und Geschäftsmodellen arbeiten.
Wie finden Betriebe kooperationswillige Partner?
Am einfachsten ist es, mit befreundeten oder zumindest bekannten Unternehmern eine Kooperation einzugehen. Oft reicht schon ein Anruf, um die grundsätzliche Bereitschaft für eine Partnerschaft abzuklären. Bei der Kontaktaufnahme können zudem die lokalen Handwerkskammern oder Industrie- und Handelskammern helfen. Diese bieten häufig auch Kennenlernveranstaltungen wie zum Beispiel Unternehmerstammtische an. Eine digitale Partnervermittlung für kooperationsbereite Handwerksbetriebe aus dem baunahen Bereich ist die Projektplattform Handwerk Connected.
Haben sich ein oder mehrere geeignete Partner gefunden, ist es wichtig, die Kooperation sorgfältig zu planen und das Eisen zu schmieden, solange es noch heiß ist. Zunächst sollten das Ziel, der Qualitätsanspruch, die Form der Zusammenarbeit und die Größe der angestrebten Kooperation definiert werden. Dabei sollte nichts unter den Teppich gekehrt werden. Danach gilt es, die Bedingungen der Zusammenarbeit für potenzielle Mitgliedsunternehmen zu klären. Nägel mit Köpfen zu machen, lautet da die Devise. Je enger ein Betrieb mit einem anderen verwoben wird, desto mehr Dinge müssen vertraglich festgelegt werden. Das Institut für Betriebsführung im Handwerk empfiehlt, einen Kooperationsvertrag erst zu finalisieren, wenn die ersten gemeinsamen Erfahrungen gemacht wurden. Denn erst dann wüssten die Beteiligten, was tatsächlich funktioniere und ob alles im Lot sei.
Welche Risiken müssen beachtet werden?
Eine Kooperation bietet viele Vorteile, sie kann aber auch Probleme mit sich bringen. Die Erfahrung zeigt, dass sich einige Betriebsinhaber schwer damit tun, Entscheidungen nicht mehr ausschließlich allein treffen zu können; dann bedarf es möglicherweise vieler Abstimmungsprozesse. Oder die „Chemie“ stimmt grundsätzlich nicht. Kompliziert kann es auch werden, wenn die Partner unterschiedlich viel Engagement zeigen, einander ins Handwerk pfuschen oder in ihren Qualitätsansprüchen stark voneinander abweichen. Für die meisten dieser Konflikte lassen sich jedoch pragmatische Lösungen finden. Wie heißt es im besten Sinne: Was nicht passt, wird passend gemacht!
Alle Angaben ohne Gewähr; Stand: Dezember 2024
Bildnachweis: iStockphoto / skynesher