Resilienz

Stark durch die Krise

Wie Unternehmer ihre eigene Resilienz und die ihrer Mitarbeiter stärken.

Erst Corona und nun die anhaltend hohe Inflation mit massiv gestiegenen Energiepreisen sowie die Aussicht auf eine Rezession im Winterhalbjahr 2022/2023: Noch nie gab es in einer der regelmäßig bundesweit durchgeführten IHK-Konjunkturumfragen so wenige optimistisch gestimmte Unternehmen wie in diesem Herbst. Der Anteil der Firmen mit positiven Erwartungen ist demnach gegenüber dem Frühsommer 2022 von 19 Prozent auf 8 Prozent geschrumpft. Dagegen rechnen mittlerweile mehr als die Hälfte mit einer Verschlechterung ihrer Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten – im Frühsommer taten dies nur rund ein Drittel. „Die Unternehmen befürchten, dass das Schlimmste noch kommt“, sagte Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), anlässlich der Vorstellung der Ergebnisse Anfang November.

Auch wenn sich die Stimmung in den deutschen Unternehmen seitdem wieder etwas aufzuhellen scheint – der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg nach 84,5 Punkten im Oktober im November auf 86,3 Zähler und damit höher als erwartet – stellen sich viele Firmenchefs angesichts der aktuellen Geschäftsrisiken die Frage, wie lange sie die hohe psychische Belastung noch durchstehen können und woher die Energie fürs Weitermachen kommen soll. Experten sprechen diesbezüglich von Resilienz, der persönlichen seelischen Widerstandskraft. Resiliente Menschen sind oft in der Lage, selbst in tiefen Krisen nicht zu verzweifeln und positiv zu bleiben. Das Gute daran: Man kann Resilienz wie einen Muskel trainieren. Wir haben sieben Expertentipps für ein Workout zur Steigerung der Resilienz für Sie zusammengetragen.

Sieben Tipps für mehr Resilienz

  1. Vom Opfer zum Macher

    Damals war alles besser? Mag sein – aber in die Vergangenheit gerichtete Gedanken helfen nicht weiter! Besser ist es, sich auf das Hier und Jetzt zu fokussieren. Dazu gehört auch, schmerzlichen Tatsachen ins Auge zu blicken, Emotionen zuzulassen und ihnen Raum zu geben. Erst dann ist es möglich, in die Zukunft zu schauen und sich zu überlegen, was besser werden soll und wie man dabei seine Stärken ganz konkret einsetzen kann.

  2. Seien Sie der Boss Ihrer Gedanken

    Wenn Sie ins Grübeln geraten und sich in einer negativen Gedankenspirale wiederfinden, reicht oft ein „Stopp!“, um diese zu brechen. Die Technik der Gedankenkontrolle oder des „Gedankenstopps“ kommt aus der Verhaltenstherapie und wurde schon in den 1950er-Jahren entwickelt. Kern der Technik ist, jedem negativen Gedanken einen positiven entgegenzusetzen. Ein Beispiel: Statt sich von hohen Energiepreisen – die Sie nicht ändern können – runterziehen zu lassen, versuchen Sie lieber gezielt Einsparmaßnahmen zu identifizieren und umzusetzen.

  3. Pflegen Sie Ihre Kontakte

    Ihr Unternehmen leidet unter steigenden Kosten? Damit sind Sie nicht allein! Ein wichtiger Baustein für Resilienz sind soziale Beziehungen. Pflegen Sie gerade in schwierigen Zeiten Ihre Netzwerke und tauschen Sie sich mit anderen Unternehmern, aber auch mit Ihren Mitarbeitenden aus. In belastenden Lebensphasen wirkt soziale Unterstützung wie ein Puffer und nachweislich positiv auf körperliche Stresssymptome. Sie haben noch kein Netzwerk? Eine Möglichkeit, Gleichgesinnte zu treffen, sind die regionalen Unternehmerstammtische und Vortragsveranstaltungen von Industrie- und Handelskammern oder Branchenverbänden.

  4. Übernehmen Sie Verantwortung für Ihren Körper und Geist

    Zur Stärkung der Resilienz bedarf es Eigenverantwortung. Denn wer seinen Körper und Geist belastet und längere Zeit nicht für Regeneration sorgt, bekommt irgendwann zwangsläufig die negativen Folgen zu spüren. Am leistungsfähigsten sind Menschen in sogenannten Flow-Momenten, wenn sich – positiver – Stress und Leistungsfähigkeit die Waage halten. Versuchen Sie für sich ganz persönlich herauszufinden, wann Sie einen solchen Zustand erreichen können.

  5. Stärken Sie Ihre Selbstwirksamkeit

    Wer seine Stärken kennt, einsetzt und trainiert, gewinnt Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und damit an Selbstwirksamkeit. Dadurch lassen sich auch mögliche übersteigerte Zweifel an der eigenen Person überwinden.

  6. Trainieren Sie lösungsorientiertes Handeln

    Beim lösungsorientierten Denken und Handeln wird der Fokus auf gut funktionierende Dinge gelenkt, statt auf scheinbar unlösbare. Menschen richten ihre Aufmerksamkeit dadurch eher auf Chancen und Alternativen und probieren immer wieder Neues aus. Grundlegende Fragestellungen könnten lauten: Was funktioniert gut – wie kann ich mehr davon tun? Was funktioniert nicht – welche Alternativen gibt es dazu?

  7. Kümmern Sie sich um die Zukunftsorientierung

    Unter Zukunftsorientierung versteht man zielstrebiges und tatkräftiges Handeln, um Pläne zu verwirklichen. Zukunftsplanung bedeutet aber auch, mögliche Krisenfälle einzukalkulieren und vorausschauend zu denken und zu agieren. Sicherheit und Flexibilität, Antizipation und Anpassung sind zentrale Aspekte, um kritische Situationen zu meistern. Solcherart funktionierende Eigenschaften sind Merkmale resilienter Menschen und Organisationen.

Resilienter werden im Team

Wichtig: Die Stärkung der Resilienz sollte für Unternehmenslenkerinnen und -lenker kein Einzelkämpfersport sein. Denn wenn es dem Unternehmen nicht gut geht, betrifft das auch die Mitarbeitenden. Positiv auf die Resilienz insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen können klar definierte Werte wirken. Diese sollten sich in Leitbildern und Grundsätzen wiederfinden und transparent kommuniziert werden. „Es zeigt sich klar, dass ein positiver Zusammenhang zwischen sinnstiftender Führung und Mitarbeiter-Resilienz besteht“, sagt Wirtschaftspsychologin Pia Geisler von der International School of Management Dortmund. Wichtig sei zudem eine positive Lernkultur, in der die Geschäftsführung Sicherheit gibt, das Wir-Gefühl stärkt und keinen Druck erzeugt – auch wenn Fehler passieren.

In Zeiten einer zunehmend dezentralisierten Arbeit im Homeoffice ist die Implementierung einer technologischen Infrastruktur wichtig, die den Austausch mit und zwischen den Mitarbeitenden ermöglicht. Dafür könnte sich zum Beispiel ein tägliches 15-minütiges Team-Meeting anbieten. Für das hybride Arbeiten sollten sinnvolle „Home and Office“-Konzepte erarbeitet werden, etwa um feste Präsenztage der Mitarbeitenden sinnvoll zum kreativen Austausch, gemeinsamen Lernen und Socializing zu nutzen. Die restliche Zeit diene dann der strukturierten Bearbeitung von Aufgaben, was prinzipiell von überall aus erfolgen kann.

Zur Stärkung der Resilienz von Mitarbeitenden könnten im Rahmen eines betrieblichen Gesundheitsmanagements auch angeleitete Achtsamkeitsübungen, etwa in Form von gemeinsamer Meditation, Yoga oder Pilates, angeboten werden. Zudem lassen sich über virtuelle Formate Hilfestellungen und Impulse für eine bessere Selbstorganisation und Struktur im Homeoffice vermitteln. Führungskräfte sollten darüber hinaus ihre wichtige Vorbildfunktion hinsichtlich ausreichender Pausenzeiten nicht unterschätzen und regelmäßig Gespräche mit den Mitarbeitenden suchen, um den persönlichen Kontakt aufrechtzuerhalten.


Stand: Dezember 2022; alle Angaben ohne Gewähr
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