Kau­fen oder mie­ten? Neu­bau oder Be­stands­bau?

  • Eigentum ist oft günstiger als die Miete; Hamburger WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) analysiert Kauf- und Mietpreise im Verhältnis zum regionalen Einkommen.
  • In manchen Regionen kosten Neubauten deutlich mehr als Wohnungen im Bestand.
  • Dies sind die aktuellen Ergebnisse des Postbank Wohnatlas 2024.

Unser Tipp

Postbank Baufinanzierung

Wo Eigen­tum oft güns­tiger ist als Miete

Haushalte mussten 2023 im Durchschnitt über alle Regionen hinweg einen geringeren Anteil ihres verfügbaren Einkommens für das Wohnen aufwenden als noch ein Jahr zuvor. Dies gilt sowohl für Mietende als auch für Kaufende von Wohnungen. Wie hoch die Einkommensanteile genau sind, die jeweils in den 400 deutschen Regionen durchschnittlich für die Nettokaltmiete beziehungsweise die anfängliche Kreditzahlung aufgebracht werden müssen, hat das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) für den Postbank Wohnatlas berechnet. Eingeflossen sind auch regionale Unterschiede bei den Miet- und Immobilienpreisen.

Das HWWI hat den jeweiligen Einkommensanteil auf Basis der durchschnittlichen regional verfügbaren Haushaltseinkommen für eine 70-Quadratmeter-Wohnung berechnet. Für den Fall eines Immobilienkaufs legte das HWWI eine Kreditaufnahme von 80 Prozent des Preises inklusive Grunderwerbsteuern und zwei Prozent Notargebühren zu einem Zinssatz von 3,5 Prozent und einer Anfangstilgung von 2,5 Prozent zu Grunde. Nebenkosten für Makler oder Sanierung sind nicht berücksichtigt. Nach dieser Berechnung identifizierten die Fachleute 37 Regionen, in denen 2023 ein geringer Anteil ihres Haushaltsnettoeinkommens für die Finanzierung ausgeben mussten als für Miete.

55 Prozent der deutschen Haushalte lebten 2023 laut Postbank Wohnatlas in einer der 260 Regionen, in denen durchschnittlich weniger als 20 Prozent des Haushaltseinkommens für die Finanzierung einer Eigentumswohnung ausgegeben werden mussten. In insgesamt 331 Regionen liegt die anteilige Einkommensbelastung durch den Kauf unter 25 Prozent. 27 Prozent lebten in den 69 Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen der Durchschnittshaushalt für die Finanzierung einer 70-Quadratmeterwohnung mehr als ein Viertel des verfügbaren regionalen Haushaltseinkommens ausgeben musste – in 33 dieser Regionen liegt die durchschnittliche Belastung sogar bei mehr als 30 Prozent des Einkommens. Gegenüber dem Vorjahr haben sich damit die Kaufmöglichkeiten in vielen Regionen verbessert: 2022 wurden noch 144 Regionen mit Einkommensbelastungen von mehr als 25 Prozent ausgewiesen. Vielerorts sanken die Preise für Eigentumswohnungen, während die Einkommen stiegen. Zu beachten ist, dass Wohnnebenkosten in beiden Berechnungen nicht enthalten sind.

Tipp

Nach einer Faustformel sollten Privathaushalte nicht mehr als 30 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens fürs Wohnen aufwenden. Da dies auch die gestiegenen Wohnnebenkosten einschließt, sollten sich Mietende und Kaufende bei der Nettokaltmiete und Annuitätenzahlungen eher an der 25-Prozent-Linie orientieren.

Einkommens­be­lastung be­sonders hoch in Groß­städten und Ferien­regionen

Auch in einem Umfeld sinkender Immobilienpreise existieren weiterhin Regionen, in denen Wohnungseigentümer einen sehr hohen Anteil ihres Haushaltseinkommens für die laufende Kreditzahlung ausgeben müssen. Laut HWWI mussten 2023 in 33 Regionen durchschnittlich mehr als 30 Prozent aufgewendet werden. In acht dieser Regionen waren es sogar mehr als 40 Prozent – darunter die Big-7-Metropolen München, Berlin und Hamburg. Frankfurt am Main liegt mit 39,7 Prozent knapp unter dieser Marke, während Düsseldorf, Köln und Stuttgart bei Belastungen zwischen 30 und 32 Prozent landen. Spitzenreiter ist der Landkreis Nordfriesland mit den Nordseeinseln Föhr, Amrum und Sylt, der fast die 60 Prozent erreicht. Die Feriengebiete mit den Landkreisen Aurich, Vorpommern-Rügen, Garmisch-Partenkirchen sowie Miesbach zählen ebenfalls zu den teuersten acht Regionen.

Die anteilige durchschnittliche Einkommensbelastung durch Nettokaltmieten bleibt deutschlandweit mit Ausnahme von Berlin und der bayerischen Landeshauptstadt München unterhalb der 25-Prozent-Schwelle.

In diesen Regionen zah­len Kauf­ende weniger als Mieter

Jenseits der Big 7 zeigt die HWWI-Modellrechnung, vorwiegend ländliche Regionen, in denen Kaufende gleichviel oder weniger als Mietende für das Wohnen aufwenden müssen. Insgesamt bieten vier Mittelstädte und 33 Landkreise einen leichten Vorteil für Kaufende: Hier musste der durchschnittliche Haushalt etwas geringere Anteile des Haushaltseinkommens für die Finanzierung aufbringen als Mietende für die örtliche Nettokaltmiete. Drei Viertel dieser Regionen liegen in den ostdeutschen Bundesländern Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Thüringen ist mit 14 seiner insgesamt 17 Regionen vertreten. Sachsen-Anhalt ist mit neun von elf Regionen dabei. Aus Sachsen finden sich fünf von zehn Regionen auf der Liste.

Top 10

In diesen Regionen ist Kaufen günstiger als Mieten

Basis: Anteil am durchschnittlichen örtlich verfügbaren Haushaltseinkommen 20231

Rang Landkreis / Stadt Bundes­land Anteil Finan­zierung Kauf2 Anteil Miete3 Differenz in
Prozent­punkten4
1 Elbe-Elster, Landkreis Brandenburg 8,4% 11,3% -2,9
2 Altenburger Land, Landkreis Thüringen 8,5% 11,2% -2,7
3 Vogtlandkreis, Landkreis Sachsen 8,0% 10,6% -2,6
4 Dessau-Roßlau, Stadt Sachsen-Anhalt 10,4% 12,9% -2,5
5 Greiz, Landkreis Thüringen 7,9% 10,3% -2,4
6 Kyffhäuserkreis, Landkreis Thüringen 9,2% 11,4% -2,3
7 Wittenberg, Landkreis Sachsen-Anhalt 9,3% 11,4% -2,2
8 Gera, Stadt Thüringen 9,7% 11,9% -2,1
9 Salzlandkreis, Landkreis Sachsen-Anhalt 9,3% 11,5% -2,1
10 Unstrut-Hainich-Kreis, Landkreis Thüringen 9,2% 11,3% -2,1

Sortiert nach größter Differenz in Prozentpunkten zugunsten des Kaufs, gemessen am Anteil am durchschnittlichen örtlich verfügbaren Haushaltseinkommen 2023 für Kauf oder Miete. Die unterstellten Einkommen für 2023 sind Schätzungen von MB Research.

¹Verfügbares Einkommen des Landkreises oder der kreisfreien Stadt geteilt durch die Anzahl der Haushalte des Landkreises oder der kreisfreien Stadt

²Kauf einer 70-Quadratmeter-Wohnung, Finanzierung: Tilgungsdauer 25 Jahre und 3 Monate, Zins 3,5 % p. a., Anfangstilgung 2,5 %, Eigenkapital 20 % des Kaufpreises inkl. Grunderwerbsteuer, 2 % Notargebühren

³Anteil durchschnittliche Nettokaltmiete für eine 70-Quadratmeter-Wohnung

⁴mögliche Ab­weichungen durch Rundungs­differenzenQuellen: MB Research (2024), VALUE AG (empirica-systeme Marktdatenbank, 2024), Berechnungen HWWI

Gut zu wissen

Nehmen Kaufinteressierte einen geringen Zuschlag für den Eigentumserwerb von höchstens fünf Prozentpunkten ihres verfügbaren Einkommens gegenüber der Miete in Kauf, kommen laut Postbank Wohnatlas neben den bereits erwähnten 37 Regionen weitere 189 Regionen in Frage.

Wo ein Neu­bau deut­lich mehr kostet

Nicht jeder Immobilienkaufende träumt vom modernen Neubau auch Bestandsbauten haben ihren Charme. Neubauten kosten mit Ausnahme der Ferienregion Nordfriesland überall einen Aufpreis. Die Analyse zeigt: Vor allem in den bayerischen Ferienregionen sind Neubauten deutlich teurer als Bestandswohnungen. Die größten Preisunterschiede aller deutschen Regionen offenbaren sich im oberbayerischen Landkreis Miesbach. Er gehört zum Einzugsbereich Münchens und beinhaltet auch das Feriengebiet am Tegern- und Schliersee. Dort kostet der Quadratmeter einer vor 2021 fertiggestellten Wohnung im mittleren Preissegment 7.380 Euro, in einem Neubau hingegen fast 13.000 Euro. Beim Kauf einer 70 Quadratmeter großen Wohnung ergibt sich damit in dem Landkreis eine rechnerische Preisdifferenz von 382.474 Euro. Auch in dem ebenfalls bayerischen Landkreis Garmisch-Partenkirchen kostet die Eigentumswohnung in einem in den vergangenen drei Jahren erbauten Haus einen satten Aufpreis von mehr als 340.000 Euro.

Top 10

Preis­differenzen zwischen Neu- und Bestands­bauten für 70-qm-Wohnungen in Euro, mittleres Preis­segment (Median)¹

Stadt oder Land­kreis² Quadrat­meter­preis Bestand Quadrat­meter­preis Neubau Differenz mittleres Preis­segment
Miesbach, Landkreis 7.380 12.843 382.474
Garmisch-Partenkirchen, Landkreis 6.136 11.008 341.044
Lübeck, Hansestadt 3.405 7.688 299.763
Stuttgart, Landeshauptstadt 4.667 8.699 282.250
Erlangen, kreisfreie Stadt 4.254 7.821 249.682
Mainz, kreisfreie Stadt 3.946 7.402 241.915
Speyer, kreisfreie Stadt 3.321 6.760 240.748
Fürstenfeldbruck, Landkreis 5.714 9.122 238.511
München, Landeshauptstadt 8.326 11.700 236.174
Dachau, Landkreis 5.719 9.013 230.609

¹nur Landkreise und kreisfreie Städte mit mindestens zehn Daten zu Neubauten (Baufertigstellung 2021-2023) in 2023; Kaufpreise ohne Nebenkosten

²Sortierung nach Differenz Neubau zu Bestand 70-Quadratmeter-Wohnung mittleres Preissegment

Quellen: Value AG Marktdatenbank (2023); Berechnungen und Darstellung HWWI

Das Bau­jahr macht kaum einen Preis­unter­schied

Während die Aufpreise für Neubauten in den Großstädten recht hoch ausfallen, liegen sie in 27 Regionen Deutschlands im Durchschnitt unter 1.250 Euro pro Quadratmeter – für eine 70-Quadratmeter-Eigentumswohnung im Neubau zahlen Kaufende im mittleren Preissegment also maximal 87.500 Euro mehr als für Baujahre vor 2021. Beispielsweise in den Landkreisen Aurich, Leer, Wittmund, Friesland und Uelzen (Niedersachsen), dem Eifelkreis Bitburg-Prüm (Rheinland-Pfalz) sowie dem Landkreis Vorpommern-Greifswald und sowohl im Landkreis als auch in der Stadt Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) sind die Preisdifferenzen verhältnismäßig gering. Hier kann die Wahl zwischen Neubau und Bestandsimmobilie nicht nur vom Kaufpreis abhängig gemacht werden. So geht es im mittleren Preissegment im Landkreis Rostock um rund 19.000 Euro und im Landkreis Vorpommern-Greifswald um rund 63.000 Euro Zuschlag für 70 Quadratmeter in einer neu errichteten Immobilie. Die geringste Preisdifferenz besteht im Landkreis Aurich mit nur 8.287 Euro Neubau-Prämie, Eigentumswohnungen kosten dort im Bestand 3.956 Euro pro Quadratmeter, mit Baujahren ab 2021 dann 4.074 Euro.

Neu­bau­wohnungen haben Vor­teile

Bei einem geringen Aufpreis haben Neubauwohnungen vor allem den Vorteil einer energieeffizienten Bauweise. In Zeiten gestiegener Lebenshaltungs- und Wohnnebenkosten können Kaufende so sparen. Auch weitere Renovierungskosten bleiben zumeist aus – beispielsweise für eine neue Küche, moderne Bäder oder einen zeitgemäßen Grundriss. Letztendlich sollte der Kauf nicht nur vom Baujahr abhängig gemacht werden. Interessierte sollten immer alle Vor- und Nachteile der jeweiligen Eigentumswohnung abwägen.

In einigen Regionen sind die begehrten Lagen längst bebaut. Wer hier wohnen will, wird kaum ein Neubauobjekt finden – und wenn, dann häufig auf einem nicht so ansprechenden Grundstück. Hier macht der gepflegte Altbau das Rennen. Dies gilt vor allem für die Ferienregion Nordfriesland (Schleswig-Holstein) mit den Inseln Amrum und Sylt. Hier zahlen Kaufende von 70-Quadratmeter-Eigentumswohnungen aus dem Bestand im Durchschnitt 61.818 Euro mehr als für Neubauten.

Hinter­grund­informationen

Der Postbank Wohnatlas ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Für die vorliegende Analyse, die den vierten Studienteil des diesjährigen Wohnatlas darstellt, wurde beim Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) erstellt, die Immobilienpreisentwicklung in den 400 deutschen Landkreisen und kreisfreien Städten untersucht.