Nur Bares ist Wahres – in Deutschland regierte lange Zeit der Geldschein im Portemonnaie: Bargeld ist zwar noch immer das beliebteste Zahlungsmittel (80 Prozent nutzen es häufig), aber schon heute verzichtet jeder zehnte Deutsche auf Münzen und Scheine und jeder zweite kann sich vorstellen, sein Zahlungsverhalten kurzfristig zu ändern – so lautet das Ergebnis zweier repräsentativer Umfragen von YouGov im Auftrag der Management- und Technologieberatung BearingPoint.
Die Deutschen und ihr Bargeld – Ende einer Lovestory?
Bargeld auf dem Rückzug
Das Corona-Jahr 2020 beziehungsweise die Pandemie an sich hat der Kartenzahlung einen kräftigen Schub versetzt. Wohin der Trend geht, spiegelt eine Befragung der Deutschen Bundesbank zum Zahlungsverhalten in Deutschland mit deutlichen Zahlen wider (Stand Juli 2022):
- Bei insgesamt 29 Prozent aller erfassten Zahlungen (Ladenkasse, Freizeit, Online-Handel und weitere Anlässe) kam 2021 eine Debit- oder Kreditkarte zum Einsatz. Im Jahr 2017 lag dieser Wert noch bei 21 Prozent.
- Der Anteil der Barzahlungen ging auf 58 Prozent zurück. Im Jahr 2017 meldete die Zahlungsverhaltensstudie noch 74 Prozent.
Für mobiles Bezahlen ohne EC- und Kreditkarte können sich die Deutschen nur langsam begeistern: Apple Pay auf dem iPhone oder Google Pay auf Android-Geräten gibt es zwar schon seit einigen Jahren. 2021 gaben immerhin 17 Prozent der befragten Smartphone-Besitzenden an, dass sie von diesem Feature bereits einmal Gebrauch gemacht haben – das sind 4 Prozent mehr als im Vorjahr. Den meisten ist mobiles Zahlen schlicht zu kompliziert oder zu unsicher. Damit macht der Anteil der Transaktionen an der Kasse per Apple Pay, Google Pay oder Banking-App bislang nur drei Prozent aus.
Die Plastikkarte mit Zahlungsfunktion ist und bleibt das Mittel der Wahl, wenn es um das bargeldlose Bezahlen geht: 30 Prozent aller Befragten haben mehr als eine Girocard (bzw. andere Debitkarten) im Portemonnaie und 12 Prozent mehr als eine Kreditkarte. Insbesondere die Nutzung von Kreditkarten befindet sich seit ein paar Jahren im Aufwärtstrend. Nur ein kleiner Anteil von einem Prozent verzichtet komplett auf Bezahlkarten.
Die Plastikkarte mit Zahlungsfunktion ist und bleibt das Mittel der Wahl, wenn es um das bargeldlose Bezahlen geht: 38 Prozent aller Befragten haben mehr als eine Girocard (bzw. andere Debitkarten) im Portemonnaie, 60 Prozent immerhin eine. Nur ein kleiner Anteil von zwei Prozent verzichtet komplett auf Bezahlkarten. 58 Prozent führen zudem eine Kreditkarte mit sich. Beliebt sind Kreditkarten vor allem bei Gutverdienern sowie bei Personen im mittleren Alter.
Liebe zum Bargeld bleibt
Für ein Umdenken bei der Bezahlart hat wesentlich der deutsche Einzelhandel beigetragen – aus Hygienegründen bitten auch heute noch Geschäfte ihre Kundschaft darum, bargeldlos beziehungsweise kontaktlos zu bezahlen. EC- und Kreditkarten haben ihre höheren Transaktionszahlen zudem dem Boom beim Online-Shopping zu verdanken. Anstatt einen Einkaufsbummel durch die Innenstadt zu unternehmen, kauften mehr Menschen im Internet ein. Laut Daten des Statistischen Bundesamts lagen Online-Transaktionen 2020 zeitweise um 61 Prozent höher als im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahlungsverhaltensstudie der Deutschen Bundesbank, die alle drei Jahre durchgeführt wird, bestätigt diesen Trend: Im Jahr 2021 nahmen Einkäufe für den täglichen Bedarf im Einzelhandel einen Anteil von 29 Prozent an allen aufgezeichneten Umsätzen ein, Internetkäufe folgten dicht darauf mit 24 Prozent. Blickt man auf das Jahr 2022, belief sich der Anteil an Online-Kaufaktivitäten bei der Altersgruppe der 25- bis 45-Jährigen sogar auf gut 78 Prozent. Laut der Verbraucherzentrale setzte der Online-Warenhandel in Deutschland 2022 in etwa 84 Milliarden Euro um – beachtliche Zahlen.
Trotz all dieser Veränderungen hat das Bargeld für die Deutschen nicht an Bedeutung verloren. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Insbesondere in Krisenzeiten vermittelt Bares ein Gefühl von Sicherheit. So stieg vor allem zu Beginn der Pandemie die Nachfrage nach Bargeld. Die Bundesbank vermutet, dass die Deutschen vieles davon horten – bei rund 40 Prozent der Bargeldnachfrage könnte dieses Motiv dahinterstecken. Der Wert der ausgegebenen Scheine stieg 2020 gegenüber dem Vorjahr um 9,5 Prozent. Ende Mai 2021 betrug der Anstieg der ausgegebenen Banknoten immerhin noch 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Obwohl digitales Zahlen im Kommen ist, konnten Bankkarten „echtem“ Geld bislang nicht den Rang ablaufen. Bargeld gilt als zuverlässiges Zahlungsmittel, das gegenüber Bezahlkarten und Co. einige Vorteile mit sich bringt – etwa den Schutz der eigenen Privatsphäre. Einer EZB-Erhebung zufolge wünschen sich die meisten Deutschen auch für die Zukunft, zwischen Bargeld und digitalen Bezahlverfahren wählen zu dürfen. Die Notenbank rechnet daher damit, dass Geldscheine und Münzen das führende Zahlungsmittel bleiben.
Bargeld-Obergrenze – Limits für Barzahlungen
Ebenfalls interessant im Zusammenhang mit Bargeldzahlungen sind die europäischen Bargeld-Obergrenzen. Ob beim Autokauf oder im Möbelgeschäft – viele Käufer und Käuferinnen legen selbst bei größeren Anschaffungen lieber Bargeld auf den Tisch, als die EC-Karte durch das Lesegerät zu ziehen. Die EU-Kommission beschloss jedoch vor ein paar Jahren strikte Bargeld-Obergrenzen, um Geldwäsche den Kampf anzusagen. Diese Strategie wirkt sich für Sie konkret wie folgt aus:
- Wenn Sie mit mehr als 10.000 Euro im Gepäck durch die EU reisen, müssen Sie dies bei der Zollkontrolle auf Nachfrage mündlich melden. Die Obergrenze bezieht sich nicht allein auf Bargeld, sondern auf sämtliche Zahlungsmittel. Dazu gehören unter anderem Edelmetalle und Sparbücher.
- Für Bargeldzahlungen hat jedes EU-Land eigene Ober- und Höchstgrenzen festgelegt. Höchstgrenzen gelten unter anderem in Frankreich, Spanien, Italien und Griechenland. Alle Beträge, die über die Höchstgrenze hinausgehen, müssen Sie per Überweisung oder Bankkarte begleichen. In Italien liegt die Höchstgrenze zum Beispiel bei 999,99 Euro.
- In Deutschland gelten bislang keine Höchstgrenzen für Barzahlungen. Wenn Sie allerdings einen Betrag von mehr als 10.000 Euro in bar bezahlen möchten, müssen Sie sich dem Händler gegenüber ausweisen. Der Händler ist außerdem dazu verpflichtet, Ihre persönlichen Daten (Name, Geburtsort, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Wohnanschrift) abzufragen.
- Beim anonymen Kauf von Edelmetallen ist in Deutschland eine Bargeldobergrenze von 2.000 Euro zu beachten. Wenn Sie Gold, Silber, Platin etc. im Wert von über 2.000 Euro bei einem Händler erwerben, muss dieser den Kauf registrieren.
Kommt ein Bargeldverbot ab 10.000 Euro?
Bei größeren Bargeld-Einzahlungen greift schon jetzt die Nachweispflicht: Wer mit größeren Geldsummen über 10.000 Euro hantiert, muss nachweisen, woher das Bargeld stammt. So verlangt es die Bundesfinanzaufsicht (BaFin). Damit sollen betrügerische Handlungen erschwert werden, explizit geht es hierbei um Geldwäsche.
Die aktuelle Bundesministerin Nancy Faeser geht noch einen Schritt weiter, um gegen organisierte Kriminalität vorzugehen: Sie fordert eine allgemeine Bargeld-Obergrenze. Luxusuhren, teure Autos und dergleichen in bar zu bezahlen, wäre dann künftig nicht mehr möglich – zumindest nicht bei Beträgen oberhalb der Grenze von 10.000 Euro.
Für die meisten dürfte ein Bargeldverbot in Deutschland kaum mit Einschränkungen im Alltag einhergehen. Nur bei bestimmten Geschäften könnte die Bargeld-Obergrenze künftig problematisch sein, beispielsweise gilt Bargeld nach wie vor als bevorzugtes Zahlungsmittel beim Gebrauchtwagenkauf. Auch eine EU-weite Bargeld-Obergrenze steht im Raum. Ob sich ein Bargeldverbot ab 10.000 Euro oder sogar niedrigeren Beträgen durchsetzen kann, steht allerdings bislang nicht fest.
Gut zu wissen
Beim Immobilienkauf gilt gemäß Geldwäschegesetz seit 1. April 2023 ein Barzahlungsverbot (§ 16a GwG). Dazu zählen auch Kryptogeld sowie Edelsteine, Gold und Platin. Möchten Sie eine Immobilie kaufen, müssen Sie beim Notar einen Nachweis über den bargeldlosen Kauf nachweisen. Erst dann kann der Eigentümerwechsel im Grundbuch erfolgen.