Pflege­grad be­an­tragen – Tipps und An­leitung

  • Viele Menschen leben heute dank medizinischem Fortschritt bis ins hohe Alter. Damit steigt allerdings auch der Anteil der Pflegebedürftigen.
  • Durch die frühzeitige Einstufung in den richtigen Pflegegrad stellen Sie sicher, dass Sie oder Ihre pflegebedürftigen Angehörigen eine optimale Versorgung erhalten.
  • Wir haben Ihnen hilfreiche Tipps zusammengestellt, wie Sie die Pflegestufe beantragen und schnellstmöglich die notwendigen Leistungen erhalten.  

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In 5 Schrit­ten Pflege­grad er­mitteln und be­an­tragen – so geht's

Sie möchten für eine Ihnen nahestehende Person oder sich selbst Pflegeleistungen beantragen? Dann orientieren Sie sich an der folgenden Checkliste.

Schritt 1: An­trag auf Pflege­grad stel­len

Egal, ob eine körperliche Beeinträchtigung durch einen Schlaganfall, einen Unfall oder eine schleichend fortlaufende Demenz vorliegt: Sobald der Anlass gegeben ist, sollten Sie möglichst frühzeitig den Antrag auf eine Pflegestufe stellen. Rechtzeitiges Handeln bringt Ihnen hier finanzielle Vorteile: Bereits ab dem Monat der Antragstellung erhalten Sie bei einem positiven Bescheid der Pflegekasse Ihr monatliches Pflegegeld.

Den Antrag können Sie formlos stellen:

  • Wenden Sie sich am besten postalisch an Ihre Krankenkasse, die üblicherweise als gesetzliche Pflegekasse auch Träger der Pflegeversicherung ist.
  • Durch diese Vorgehensweise können Sie den Zeitpunkt Ihrer Antragsstellung schriftlich belegen. Wenn Sie das Schriftstück an die Pflegekasse als Einschreiben frankieren, sind Sie auf jeden Fall auf der sicheren Seite.
  • Schreiben Sie in den Brief, dass Sie Pflegegeld beantragen, und bitten Sie um die Zusendung der notwendigen Unterlagen.

Gut zu wissen: Viele Krankenkassen bieten Ihnen die Möglichkeit, den Antrag auf Pflegegrad bequem online zu stellen.

Schritt 2: Besuch durch den Medi­zinischen Dienst vor­be­reiten

Spätestens nach Absenden des Antrags zum Pflegegeld sollten Sie den wichtigsten Termin zur Einstufung Ihres Pflegegrads vorbereiten: den Besuch des MD bei Ihnen daheim. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MD) ist unter anderem dafür zuständig, die Pflegestufe zu ermitteln. Ein Gutachter des Dienstes besucht zu diesem Zweck den Antragsteller und prüft, in welcher Weise der Pflegegeld-Anwärter in seiner selbstständigen Lebensführung eingeschränkt ist. Das geschieht nach einem umfangreichen Punktesystem, bei dem Aspekte wie Mobilität, kommunikative und kognitive Fähigkeiten, Psyche und Eigenständigkeit der pflegebedürftigen Person eine Rolle spielen.

Damit Sie Ihren Grad der Einschränkung möglichst umfassend belegen können, sollten Sie für den MD-Termin einige wichtige Unterlagen parat haben. Dazu gehören Arztberichte, Röntgenbilder, Gutachten, Medikamentenpläne, der Schwerbehindertenausweis und eine Aufstellung Ihrer derzeit genutzten Hilfsmittel (Rollator, Gehstock, Sehhilfe, Hörgerät, Toilettenhilfe etc.). Je besser Sie sich auf den Termin mit dem MD vorbereiten, desto einfacher machen Sie es den Gutachtern. Investieren Sie in die Vorbereitung also ruhig etwas mehr Zeit.

Hinweis: Auch Inhaber einer privaten Krankenversicherung müssen sich einem Gutachter-Termin stellen. Dabei handelt es sich allerdings um MEDICPROOF, den medizinischen Dienst der Privaten.

Schritt 3: Pflege­leis­tungen aus­wählen und be­an­tragen

Ihre Pflegekasse händigt Ihnen in der Regel einen Fragebogen aus, mit dem Sie sich im Vorfeld für bestimmte Pflegeleistungen entscheiden können. Hier gilt es abzuwägen, ob Sie sich lieber daheim durch ein Familienmitglied bzw. einen Pflegedienst oder stationär in einem Pflegeheim betreuen lassen möchten.

Je nach persönlicher Pflegesituation können Sie Pflegegeld oder Sachleistungen in Anspruch nehmen. Eine Kombination dieser Leistungen ist ebenfalls möglich. Wenn Sie unsicher sind, welches Pflegemodell am besten zu Ihrer individuellen Lebenssituation passt, können Sie die Meinung von Experten einholen. Entsprechende Pflegestützpunkte oder Pflegeberatungsstellen bieten eine professionelle Beratung an, die teilweise kostenlos zur Verfügung steht.

Schritt 4: Pflege­be­scheid prüfen und ggf. Wider­spruch ein­legen

Spätestens 25 Arbeitstage nach Antragstellung muss die Pflegekasse die Einstufung Ihres Pflegegrads abgeschlossen haben. Bei längerer Bearbeitungszeit steht dem Antragsteller nach diesem Zeitraum eine Pauschale in Höhe von 70 Euro pro Woche zu.

Prüfen Sie den Pflegebescheid und klären Sie eventuelle Unstimmigkeiten. Sie sind mit dem Pflegegrad nicht einverstanden? In diesem Fall haben Sie das Recht, innerhalb eines Monats Widerspruch einzulegen und ein zweites Gutachten einzufordern. Das ist häufig sinnvoll: Fast jeder dritte Antrag auf Pflegegeld erhält zunächst eine Ablehnung. Einige Bescheide sind überarbeitungswürdig oder legen eine zu niedrige Pflegestufe zugrunde. Es lohnt sich also, bei der Prüfung des Bescheids besondere Sorgfalt walten zu lassen.

Schritt 5: Aus­zahlung über­prüfen

Haben Sie den gewünschten Pflegegrad beantragt und einen positiven Bescheid bekommen – prima: Dann sollten Sie jetzt überprüfen, ob die Zahlung der Pflegekasse in Höhe und Zeitpunkt angemessen ist. Sie erhalten die finanzielle Unterstützung rückwirkend ab dem Monat, in dem Sie den Antrag bei der Pflegekasse gestellt haben. Wer beispielsweise am 13. Mai 2024 ein Gesuch bei der Pflegekasse gestellt hat, erhält bei positivem Bescheid ab dem 1. Mai 2024 Pflegegeld bzw. Pflegesachleistungen. Die Pflegekasse zahlt die Leistungen im Voraus. Diese sind auch bei finanziellen Schwierigkeiten der Pflegeperson laut § 54 III Nr. 3 SGB I unpfändbar.

Gesetz­liche Pflege­ver­sicherung als „Basis­schutz“

Die deutsche Gesetzgebung sieht monetäre Hilfen für Personen vor, die durch einen Unfall, eine Krankheit oder altersbedingt auf Pflege angewiesen sind. Seit dem Jahr 1995 gibt es die Pflegeversicherung, in die jeder Krankenversicherte einzahlt:

  • Für gesetzlich Versicherte führen Arbeitgeber die Beiträge zur Sozialversicherung automatisch über die Entgeltabrechnung ab. Der Beitragssatz liegt seit dem 1. Juli 2023 bei 3,4 Prozent vom Bruttoeinkommen für Beschäftigte mit Kindern und 4 Prozent für kinderlose Personen. Die Kosten (ohne den Kinderlosenzuschlag) tragen je zur Hälfte der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer.
  • Beschäftigte, die sich für die private Krankenversicherung entschieden haben, müssen zwingend auch eine private Pflegeversicherung abschließen.
  • Freiwillig Versicherte (Freiberufler etc.) tragen den Beitragssatz dafür komplett allein.

Welche Leis­tungen er­halte ich für die Pfle­ge?

Die Höhe der Leistungen, die Sie aus der gesetzlichen Pflege erhalten, richtet sich nach zwei wesentlichen Faktoren: dem Pflegegrad und dem Ort der Pflege.

Wenn Sie einen Pflegegrad beantragen, können Sie die Leistungen der Pflegeversicherung beanspruchen: Der Pflegegrad entscheidet hierbei über die Höhe der zu erwartenden Zuzahlungen. Seit Verabschiedung des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes (PSG II) erfolgt die „Feststellung der eingeschränkten Alltagskompetenz“ gestaffelt nach fünf Pflegestufen. Bei Pflegegrad 1 liegt nur eine eingeschränkte Pflegebedürftigkeit vor. Dem Pflegegrad 5 gehören Personen an, die einen sehr hohen Unterstützungsbedarf bei der Bewältigung ihres Alltags haben.

Der zweite Einflussfaktor auf die Höhe der Versicherungsleistung ist der Pflegeort: Wenn Sie sich im eigenen Haus durch Familienangehörige pflegen lassen, fallen die Leistungen eher gering aus.

Pflege­geld bei häus­licher Pflege durch An­ge­hörige

Selbstverständlich ist die Pflege durch Angehörige mit einigen Vorteilen verbunden: Sie bleiben im Pflegefall in gewohnter Umgebung, haben einen vertrauten Ansprechpartner und Sie müssen nicht auf Ihre Gewohnheiten wie Hobbys oder entspannte Nachmittage auf der eigenen Terrasse verzichten. Bedenken Sie aber, dass je nach Pflegegrad die Belastung für Ihre Familie sehr hoch sein kann. Private Pflege stellt für jeden Beteiligten zudem eine enorme Verantwortung dar.

Das monatliche Pflegegeld beträgt:

  • Pflegegrad 1: kein Pflegegeld, aber Anspruch auf eine individuelle Pflegeberatung
  • Pflegegrad 2: 332 Euro
  • Pflegegrad 3: 573 Euro
  • Pflegegrad 4: 765 Euro
  • Pflegegrad 5: 947 Euro

Als Sozialleistung bleibt das Pflegegeld für den Betroffenen und seine pflegenden Familienangehörigen steuerfrei. Wer hingegen erwerbsmäßig pflegt oder mit der pflegebedürftigen Person weder verwandt noch befreundet ist, muss die Leistung als Arbeitseinkommen versteuern.

Sach­leistungen bei häus­licher Pflege durch einen Pflege­dienst

Sofern die Pflege durch Angehörige in Ihrem Fall nicht infrage kommt, können Sie sich alternativ für die ambulante Pflege entscheiden. Dabei kümmern sich Fachkräfte um die pflegebedürftige Person, die weiterhin im eigenen Zuhause leben kann. Der große Vorteil: Sie brauchen sich nicht um den bürokratischen Aufwand zu kümmern, da der Pflegedienst direkt mit der Pflegeversicherung abrechnet.

Die Pflegesachleistungen für ambulante Pflegedienste liegen monatlich bei:

  • Pflegegrad 1: 0 Euro
  • Pflegegrad 2: bis zu 761 Euro
  • Pflegegrad 3: bis zu 1.432 Euro
  • Pflegegrad 4: bis zu 1.778 Euro
  • Pflegegrad 5: bis zu 2.200 Euro

Falls Sie für die ambulante Pflege daheim mehr Geld aufwenden müssen, als Ihnen die Pflegekasse bezahlt, können Sie diese Auslagen in Ihrer Steuererklärung als „haushaltsnahe Dienstleistungen“ absetzen.

Tipp

Sie können im Rahmen der häuslichen Pflege das Pflegegeld und die Pflegesachleistungen auch miteinander kombinieren. Dabei wird das Pflegegeld um jenen Prozentsatz gekürzt, in welchem Sie einen ambulanten Pflegedienst beauftragen. Ein Beispiel: Beansprucht der ambulante Pflegedienst für seine Leistungen 60 Prozent der Pflegesachleistungen, stehen Ihnen noch 40 Prozent des Pflegegelds für die Unterstützung durch einen Angehörigen zu

Leis­tungen bei voll­statio­närer Pflege im Heim

Wenn Sie einen höheren Pflegegrad beantragen, bedarf es oftmals einer intensiven Betreuung – die in manchen Fällen die Familienangehörigen oder die ambulanten Pflegedienste nicht mehr leisten können. Bei einem Aufenthalt im Pflegeheim oder einer vergleichbaren Einrichtung ist eine Fürsorge rund um die Uhr generell gegeben. Diese Pflegeoption verursacht aber auch mit Abstand die höchsten Auslagen. Der Grund: Neben den Kosten für das Pflegepersonal entstehen zusätzliche Aufwände für Unterbringung und Verpflegung. Während die Pflegeversicherung die reinen Pflegekosten zumindest teilweise übernimmt, müssen pflegebedürftige Personen die Unterbringungs- und Verpflegungskosten aus eigener Tasche bezahlen.

Die Leistungen bei vollstationärer Pflege belaufen sich monatlich auf:

  • Pflegegrad 1: Zuschuss in Höhe von 125 Euro
  • Pflegegrad 2: 770 Euro
  • Pflegegrad 3: 1.262 Euro
  • Pflegegrad 4: 1.775 Euro
  • Pflegegrad 5: 2.005 Euro

Übersteigen die pflegebedingten Aufwendungen diese Leistungen, erhalten Sie einen Leistungszuschlag zum pflegebedingten Eigenanteil: Der Leistungszuschlag steigt mit der Aufenthaltsdauer und beträgt 15 Prozent im ersten Jahr, 30 Prozent des Eigenanteils im zweiten Jahr, 50 Prozent im dritten Jahr und anschließend 75 Prozent.

Tipp

Um die Versorgungslücke zwischen den Leistungen der Pflegekasse und den tatsächlichen Heimkosten zu schließen, könnte ein Abschluss einer privaten Pflegezusatzversicherung in Frage kommen.. Wenn Sie diese Versicherung früh im Leben abschließen, halten sich die monatlichen Beiträge dafür in Grenzen.