Selbstständig im Handwerk – so klappt es ohne Meistertitel

Wenn Sie sich in Deutschland als Handwerker selbstständig machen möchten, dann brauchen Sie in vielen Berufen einen Meistertitel. Für alle Beschäftigungen, die in der Handwerksrolle A eingetragen sind, benötigt der Betriebsleiter in der Regel einen Meisterbrief. Doch es geht auch ohne – es gibt eine ganze Reihe zulassungsfreier Handwerke und handwerksähnliche Gewerbe, in denen Sie sich ohne Meisterbrief selbstständig machen können. Wir sagen Ihnen, welche Arbeitsfelder das sind.

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Kein Betrieb ohne verantwortlichen Meister

Sie planen, sich in einem Beruf selbstständig zu machen, für den der Betriebsleiter per Gesetz einen Meistertitel benötigt? In Deutschland haben Sie folgende Möglichkeiten: Sie legen entweder selbst die notwendige Meisterprüfung ab oder Sie stellen einen qualifizierten Mitarbeiter ein, der die technisch-fachliche Leitung Ihres Unternehmens übernimmt.

Beide Vorgehensweisen sind mit höheren Investitionen verbunden:

  • Je nach Berufsbild und Ausbildungsort kostet der Erwerb des Meistertitels zwischen 3.000 und 9.000 Euro, zudem dauert die Ausbildung zwischen einem und dreieinhalb Jahren. Allerdings amortisiert sich der Erwerb des Meistertitels relativ schnell: Während ein gelernter Maurer beispielsweise ca. 35.000 Euro im Jahr verdient, erhält ein Maurermeister durchschnittlich etwa 43.000 Euro per anno.
  • Wenn Sie selbst keine Meisterprüfung ablegen und eine ausreichend qualifizierte Fachkraft einstellen, müssen Sie mit entsprechenden Personalkosten rechnen.

In diesen handwerklichen Berufen brauchen Sie als Selbstständiger einen Meistertitel

Die gute Nachricht: In der sogenannten Handwerksrolle A sind nur 53 Berufe eingetragen, bei denen Sie zwingend einen Meister bzw. Meistertitel benötigen, wenn Sie sich selbstständig machen möchten. Auf der Liste sind u. a. folgende Gewerbe zu finden:

  • Maurer und Betonbauer
  • Dachdecker
  • Maler und Lackierer
  • Gerüstbauer
  • Schornsteinfeger
  • Klempner
  • Installateur und Heizungsbauer
  • Bäcker
  • Fleischer
  • Augenoptiker
  • Zahntechniker
  • Elektrotechniker

Einige Handwerksberufe stehen erst seit Januar 2020 wieder auf der Handwerkerrolle A. So hat die Bundesregierung entschieden, für insgesamt zwölf Berufsbilder die Meisterpflicht erneut einzuführen. Das Gesetz gilt u. a. für Estrichleger, Parkettleger, Raumausstatter, Glasveredler und Orgel- und Harmoniumbauer.

Tipp

Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Handwerksunternehmen ohne Meister bzw. Meisterbrief gegründet werden. Das ist beispielsweise zulässig, wenn Sie lediglich die Gesellenprüfung absolviert haben, dafür aber sehr viel Berufserfahrung vorweisen können. Die Handwerkskammer entscheidet hier fallabhängig.

Zulassungsfreie Handwerke ermöglichen Selbstständigkeit ohne Meisterpflicht

Es gibt Hunderte von Handwerksberufen, in denen Sie sich auch ohne Meistertitel selbstständig machen können. Die Anlage B1 der Handwerksrolle listet alle Berufe auf, für die dies gilt. Achtung: Sie unterliegen bei einer Unternehmensgründung der gesetzlichen Pflicht, die Ausübung des entsprechenden Berufs unverzüglich bei der Handwerkskammer anzuzeigen. Ohne Meistertitel und nur mit Gewerbeschein können Sie sich u. a. in folgenden Erwerbsfeldern selbstständig machen:

Fotograf

Herren- und Damenschneider

Kürschner

Gebäudereiniger

Buchbinder

Siebdrucker

Geigenbauer

Keramiker

Textilreiniger

Brauer und Mälzer

Schuhmacher

Uhrmacher

Gold- und Silberschmied

Galvaniseur

Segelmacher

Handwerksähnliche Berufe: Selbstständigkeit ohne Meisterpflicht machbar

In Anlage B2 der Handwerksrolle sind weitere Berufsbilder aufgelistet, in denen eine Selbstständigkeit ohne Meisterpflicht möglich ist. Zu den sogenannten handwerksähnlichen Gewerben zählen u. a. folgende:

  • Kosmetiker
  • Maskenbildner
  • Gerber
  • Änderungsschneider
  • Rohr- und Kanalreiniger
  • Bodenleger
  • Pinselmacher
  • Dekorateure
  • Klavierstimmer
  • Requisiteure
  • Schlagzeugmacher

Zur selbstständigen Ausübung dieser Berufe benötigen Sie keinen Meisterbrief – die Meisterpflicht im Betrieb entfällt. Beachten Sie allerdings, dass statt eines Meistertitels gegebenenfalls andere Genehmigungen gefordert werden. So müssen Sie beim beruflichen Umgang mit Lebensmitteln auf jeden Fall eine Belehrung gemäß § 43 Infektionsschutzgesetz vorweisen können. Für einige der genannten Arbeitsbereiche ist zudem eine Sachkundeprüfung der Industrie- und Handelskammern vorgeschrieben.

Ob mit Meisterpflicht oder ohne: Im Internet erhalten Sie auf vielen unterschiedlichen Webseiten hilfreiche Tipps für eine Existenzgründung im Handwerk. So bietet die Seite für-gründer.de umfangreiche Informationen für selbstständige Handwerker in spe an. Auch der Internetauftritt der Deutschen Handwerks Zeitung versorgt Sie mit entsprechenden Ratschlägen. Ebenfalls lohnenswert ist ein Besuch des Existenzgründerportals des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.

Keine Regel ohne Ausnahme: Anerkennung von Berufsqualifikationen aus dem Ausland

Laut § 9 der Handwerksordnung (HwO) dürfen in Deutschland arbeitende EU-Bürger unter bestimmten Voraussetzungen einen Betrieb ohne Meistertitel gründen. Sofern eine vergleichbare Qualifikation als EU-Bescheinigung vorliegt, können entsprechende Personen eine Ausübungsberechtigung bei der Handwerkskammer beantragen. Diese entscheidet, ob das vorgelegte Fort- oder Ausbildungsdokument für eine Betriebsgründung ausreicht. Mit dieser Gesetzgebung sollen in Deutschland die Richtlinien der Europäischen Union über die Anerkennung von Berufsqualifikationen im Rahmen der Niederlassungsfreiheit, des freien Dienstleistungsverkehrs und der Arbeitnehmerfreizügigkeit durchgesetzt werden.