Steigende Materialpreise, Lieferengpässe, zunehmend komplexe Kundenwünsche: Selbstständige müssen sich derzeit täglich auf neue Herausforderungen einstellen, was das Budget für ihre Leistungen anbelangt. Um nicht auf unkalkulierbaren Kosten sitzen zu bleiben, sind neue Strategien bei der Preisgestaltung gefragt. Lesen Sie hier, wie Sie sich finanziell absichern und flexibel auf Marktveränderungen reagieren können.
Preismodelle auf dem Prüfstand – was funktioniert heute?
Festpreis vs. Stundensatz: Was ist bei der Projektarbeit sinnvoll?
Wer als Freelancer erfolgreich sein möchte, braucht nicht nur gefragte Skills. Denn ob Sie ein neues Projekt ergattern, darüber entscheidet mitunter auch der Preis. Ein gutes Angebot ist daher der erste wichtige Schritt, um das Interesse potenzieller Auftraggebende zu wecken. Dabei stehen Sie jedes Mal vor der Frage: Soll ich mein Honorar auf Stundensatzbasis abrechnen oder einen Festpreis verlangen? Eine Patentlösung für Freelancer-Projekte gibt es nicht. Beide Preismodelle bringen ihre Vor- und Nachteile mit sich.
Angebot mit Stundensatz
Vorteil: Wenn Sie sich nach Stunden bezahlen lassen, bekommen Sie auch wirklich jede Arbeitsstunde bezahlt. Falls der Kunde Sonderwünsche äußert, gibt es somit keine Diskussionen über den Mehraufwand.
Nachteil: Sie schaffen sich mit dem Stundensatz eine gläserne Decke. Sprich, Sie können nicht mehr verdienen als den vereinbarten Stundenlohn. Wenn Sie aufgrund Ihrer Erfahrung effizient arbeiten und die Aufgabe damit schneller erledigen als manch anderer Konkurrent, verkaufen Sie sich allenfalls unter Wert.
Angebot mit Festpreis
Vorteil: Bei einer Pauschale wissen Sie und Ihr Auftraggeber, worauf Sie sich einlassen. Das schafft auf beiden Seiten mehr Planungssicherheit, insofern der Leistungsumfang bis ins Detail geklärt ist.
Nachteil: Ein Festpreisangebot ist für Freiberufler oftmals mit Risiken verbunden. Wenn Sie den Aufwand nicht richtig einschätzen, müssen Sie gegebenenfalls extra Stunden kostenlos erbringen.
Fazit: Abrechnungsmodell flexibel halten
Klar ist: Es lässt sich keine pauschale Empfehlung für Preisverhandlungen treffen. Freelancer müssen vielmehr bei jeder Projektarbeit erneut das Für und Wider beider Vergütungsvarianten abwägen. Hinzu kommt eine weitere Problematik: Projekte werden heute immer agiler und komplexer. Gerade bei größeren Digitalprojekten ist der zeitliche Aufwand mitunter enorm und lässt sich im Vorfeld kaum exakt einschätzen. Nach dem Motto „Pi mal Daumen“ sollten Sie hier deshalb nicht agieren – andernfalls kann es passieren, dass Sie sich bei Ihrem Angebot deutlich verkalkulieren.
Sie möchten wahrscheinlich weder unbezahlte Schichten schieben, noch Ihren Kunden mit Kostenexplosionen verärgern. Wie so häufig im Arbeitsleben, kann der goldene Mittelweg den Interessen beider Geschäftspartner entgegenkommen – und zwar eine Mischform aus Festpreis und Stundensatz. Für einen klar abgesteckten Leistungsumfang nennen Sie Ihrem Auftraggeber oder Ihrer Auftraggeberin eine Pauschale. Darüber hinaus anfallende Mehrarbeit rechnen Sie extra ab. Dieses Abrechnungsmodell ist in vielerlei Hinsicht praktikabel:
- Durch die Festpreiskomponente erhält Ihre Kundschaft einen Vertrauensvorschuss – und Sie wissen gleichzeitig, mit welchen Einnahmen Sie rechnen können. Voraussetzung hierfür ist, dass Sie den Aufgabenrahmen präzise definieren.
- Da Sie für Zusatzleistungen bereits einen Stundensatz vereinbart haben, bleiben Sie während der Projektarbeit flexibel. Sie können damit nötige Zusatzleistungen leichter abrechnen und spontan reagieren, wenn sich während der Projektarbeit plötzlich unerwartet Änderungen ergeben. Wichtig ist, dass Sie mit Ihrem Auftraggeber oder Ihrer Auftraggeberin stets offen kommunizieren und Transparenz über Ihre Leistungen wahren.
Tipp
Egal, ob Sie einen Festpreis oder Stundensatz vereinbaren – denken Sie immer daran, einen realistischen Stundenlohn als Basis für Ihre Preisverhandlungen anzusetzen.
Rohstoffknappheit und steigende Materialkosten – was tun?
Engpässe bis hin zu kompletten Lieferausfällen: Die derzeitige Lage an den Rohstoffmärkten treibt die Preise für Holz und andere Materialien in die Höhe. Bestes Beispiel dafür sind die Preise für Rohholzprodukte aus den Staatsforsten, die im Februar 2022 um rund 33 Prozent höher ausfielen – und zwar im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat. Handwerksbetriebe und Gewerbetreibende mit eigenem Betrieb tragen damit ein beträchtliches Kalkulationsrisiko. Denn eklatante Preiserhöhungen können dazu führen, dass sich manches Bauprojekt für Auftragnehmende als schlichtweg unwirtschaftlich herausstellt.
Wer keine Vorkehrungen trifft, begibt sich schnell auf finanzielles Glatteis: Wenn Sie einen Pauschalfestpreis oder einen festen Einheitspreis mit Ihrer Kundschaft vereinbart haben, Sie sind daran gebunden. Falls sich Materialien verteuern, können Sie die Zusatzkosten nicht ohne Weiteres weitergeben. Preissteigerungen gehen in der Regel zulasten des Auftragnehmers bzw. der Auftragnehmerin – und schmälern damit Ihre Gewinnspanne.
Aus diesem Grund lohnt es sich, bei Angeboten und Verträgen lieber auf Nummer sicher zu gehen. Dafür bieten sich verschiedene Formulierungen und Klauseln an.
Angebote zeitlich befristen und freibleibend unterbreiten
Aufgrund der aktuell dynamischen Kostensituation auf dem Baustoffmarkt bedarf es der richtigen Preisstrategie: Einerseits geht es darum, das eigene Risiko steigender Materialpreise für Ihren Betrieb zu reduzieren. Andererseits möchten Sie Ihrem Auftraggeber gegenüber fair bleiben und ein gewisses Maß an Preissicherheit bieten.
- Denken Sie daran, ein Vertragsangebot zeitlich zu befristen. Je nach Bauprojekt und Materialien ist beispielsweise eine kurze Bindefrist von zehn Werktagen angemessen. Damit geben Sie Ihrer Kundschaft die Möglichkeit, das Angebot zeitnah innerhalb der Frist anzunehmen. Danach sind Sie nicht mehr an Ihr Preisversprechen gebunden und Sie können gegebenenfalls ein neues Angebot abgeben.
- Es ist außerdem möglich, ein Kostenangebot freibleibend (unverbindlich) zu unterbreiten. Damit räumen Sie sich das Recht ein, Ihr Angebot jederzeit zurückzuziehen oder abweichende Konditionen zu vereinbaren.
Handwerkerverträge mit Preisgleitklausel abschließen
Gerade bei größeren Bauprojekten mit längeren Laufzeiten steigt das Kostenrisiko für Auftragnehmende. Daher kann es sinnvoll sein, eine individuell vereinbarte Materialpreisgleitklausel beziehungsweise Stoffpreisgleitklausel in den Vertrag aufzunehmen. Sie können dann von Ihrem Kunden oder Ihrer Kundin mehr Geld verlangen, wenn die Einkaufspreise der vertragsgegenständlichen Materialien beispielsweise um mehr als fünf Prozent gestiegen sind. Sichern Sie sich außerdem immer doppelt ab: Vereinbaren Sie mit Ihren Lieferanten feste Preise, die für einen bestimmten Zeitraum gelten.
Tipp
Bei Handwerkerverträgen und Angeboten lauern einige rechtliche Fallstricke. Holen Sie sich daher am besten Rat beim Anwalt, um teure Fehler zu vermeiden.