Unternehmensgründung in Krisenzeiten: Kann das funktionieren?

Die Corona-Pandemie und die Maßnahmen zur Infektionsvermeidung treffen zahlreiche Unternehmen hart. Gastronomen, Friseure und viele Einzelhändler haben seit Monaten geschlossen und stehen oft kurz vor der Insolvenz. Gleicht es einem Himmelfahrtskommando, jetzt in die Selbstständigkeit zu starten? Immerhin sehen Wirtschaftsexperten in Krisenzeiten reelle Chancen. Hier lesen Sie, wie Gründen in der Krise funktionieren kann.

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Start-ups durch Corona unter Druck

Das Corona-Virus und seine Auswirkungen auf das tägliche Leben üben starken Druck auf Unternehmen aus. Das gilt für etablierte Konzerne ebenso wie für Solo-Selbstständige und Gründer. In Zeiten prosperierenden Wachstums ist es erheblich leichter, ein Geschäft zum Erfolg zu führen. Das zeigen auch die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Von Januar bis September 2020 gab es 6,4 Prozent weniger Gründungen von wirtschaftlicher Bedeutung als im Vorjahreszeitraum. Dabei gingen die Gründungszahlen bis zur Corona-Pandemie stetig aufwärts. Allerdings gibt es durchaus Bereiche, in denen Unternehmer den Schritt gewagt haben. Besonders beliebt bei Start-ups und anderen Gründern waren folgende Branchen:

  • Software
  • Medizin
  • Onlinehandel

Bei geschlossenen Betriebsstätten und einem immer höheren Anteil an Homeoffice-Tätigkeiten sowie händeringend gesuchten Behandlungs- und Testmethoden für SARS-CoV-2 erscheinen diese Sparten erfolgversprechend. Anders sieht es bei Branchen aus, die die Krise stark trifft. In den Segmenten Tourismus und Mode hat sich kaum jemand getraut, sein Gründungsvorhaben umzusetzen.

Auf die Geschäftsidee kommt es an

Gründer benötigen zwei Dinge: Eine Geschäftsidee, die zündet und die Fähigkeit, andere von ihrem Produkt zu begeistern. In Krisenzeiten mit vielen Unwägbarkeiten für die Zukunft gilt besonders:

  • Ist Ihre Idee trotz der politischen Maßnahmen umsetzbar und erreicht Ihr Angebot seine Kunden?
  • Hält die Finanzierung aus dem Businessplan auch den derzeit schnell wechselnden Rahmenbedingungen stand?
  • Besteht die Möglichkeit zur Kooperation mit anderen Unternehmen?

Sehr aussichtsreich sind momentan viele Vorhaben im digitalen Bereich. Einkaufs-Apps, die Waren bei lokalen Händlern aufspüren und für die Abholung reservieren, Online-Sportkurse oder Fortbildungen und Business-Bootcamps boomen und gehören durchaus zu den Gewinnern der Krise. Dabei sind diese Ideen nicht neu, aber die aktuellen Rahmenbedingungen fördern die Verbreitung. Kleine Händler, die sich bisher nicht um den Online-Verkauf gekümmert haben, werden ebenso zum Handeln gezwungen wie Unternehmen, die ihren Mitarbeitern für das Homeoffice eine neue IT-Infrastruktur bieten müssen. Und auch die Endkunden stehen innovativen Angeboten wie Online-Yoga oder Online-Einkäufen von Lebensmitteln aufgeschlossener als zuvor gegenüber.

Die Krise als Chance: Gründen im Nebenberuf

Viele Arbeitnehmer haben eine innovative Geschäftsidee und trauen sich nicht, Ihren Job zu kündigen und den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen. Da bietet sich die Kurzarbeit während der Corona-Pandemie geradezu an, den Traum vom eigenen Unternehmen zu verwirklichen. Denn dank des Rechts zur freien Berufswahl dürfen Sie sich selbstständig machen, ohne Ihren Arbeitgeber zu informieren. Ausnahmen bestehen lediglich in folgenden Fällen:

  • Ihre selbstständige Tätigkeit macht Ihrem Arbeitgeber Konkurrenz (Beispiel: Sie sind angestellter Steuerberater und eröffnen ein eigenes Steuerbüro.)
  • Sie vernachlässigen aufgrund der unternehmerischen Tätigkeit die Pflichten gegenüber Ihrem Arbeitgeber.
  • Sie arbeiten in Ihrem Nebengewerbe, obwohl Sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt eingereicht haben.
  • Sie nutzen Ihren Erholungsurlaub für die Selbstständigkeit und sind daher nicht erholt.
  • In Ihrem Arbeitsvertrag wurde rechtswirksam eine Informationspflicht vereinbart.

Die Vorteile der nebenberuflichen Unternehmensgründung liegen auf der Hand. Solange das Einkommen und der Zeitaufwand dafür nicht höher ausfallen als beim abhängigen Haupterwerb, haben Sie die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungspflicht erfüllt. Das heißt, Ihre Einnahmen aus der Selbstständigkeit müssen Sie lediglich versteuern, die Sozialversicherungsabgaben entfallen für diesen Posten.

Tipp

Die selbstständigen Einkünfte von Neugründern mindern zwar den Anspruch auf Kurzarbeitergeld, aber nach der Krise erwirtschaften Sie mehr Einkommen. Zudem gibt es Kurzarbeitergeld nicht ewig und es sind viele Insolvenzen zu erwarten – vielleicht gelingt Ihnen sogar der Sprung in die Vollerwerbsselbstständigkeit.

Trotz Corona: Gründer erhalten Zuschüsse

Der Bund und einige Länder bieten verschiedene Zuschüsse, günstige Darlehen und ähnliche Maßnahmen für Gründer auch während der Pandemie an. Hier erhalten Sie einen ersten Überblick:

  • Die KfW unterstützt Gründer mit einem Kredit in Höhe von bis zu 125.000 Euro zu fairen Konditionen. Das Förderprodukt ist auch für nebenberufliche Gründer geeignet.
  • Wer hauptberuflich einsteigen möchte und größere Summen benötigt, kann ebenfalls auf die KfW bauen.
  • Junge Unternehmen erhalten frisches Kapital, wenn sie nicht mehr als fünf Jahre am Markt sind.

Einen Überblick über die Angebote für Gründer bei der KfW finden Sie hier. Neben den attraktiven Konditionen spricht für einen KfW-Gründerkredit, dass die Förderbank das Kreditausfallrisiko ganz oder teilweise übernimmt.

Gründungszuschüsse und -kredite der Länder

Viele Bundesländer unterhalten eigene Förderprogramme. Bekannt sind unter anderem diese:

  • Existenzgründer in Nordrhein-Westfalen profitieren zusätzlich von den Angeboten der NRW.BANK. Sie hält verschiedene Gründungsdarlehen sowie kostenlose Seminare für Interessierte bereit.
  • Das Land Hessen fördert die Gründungsberatung für Unternehmensgründer im Vollerwerb bei der ersten Selbstständigkeit mit Zuschüssen.
  • Ein ähnliches Angebot gibt es in Rheinland-Pfalz, von der Gründungsberatung bis zum Darlehen existieren viele Möglichkeiten.
  • Ebenso fördert der Freistaat Bayern Consulting und Coaching von Gründern und stellt Förderkredite bereit.
  • Nicht weniger engagiert zeigt sich Baden-Württemberg, auch hier finden Interessierte zahlreiche Unterstützungsangebote.

Grundsätzlich lohnt sich zudem ein Blick in die Fördermitteldatenbank des Bundes, denn in vielen Regionen stehen für bestimmte Projekte zusätzliche Förderkredite und Zuschüsse zur Verfügung.