Postbank-Umfrage: Deutsche wissen zu wenig über Pflegekosten

Presseinformation vom 07.03.2019
Während die Politik Lösungen für die zukünftige Finanzierung der Pflege diskutiert, zeigt sich die Mehrheit der Bundesbürger ahnungslos, dass Versicherte einen Eigenanteil für einen Platz in der vollstationären Pflege bezahlen müssen und wie hoch dieser ist.

Während die Politik Lösungen für die zukünftige Finanzierung der Pflege diskutiert, zeigt sich die Mehrheit der Bundesbürger ahnungslos, dass Versicherte einen Eigenanteil für einen Platz in der vollstationären Pflege bezahlen müssen und wie hoch dieser ist. Das hat eine repräsentative Kantar Emnid-Umfrage im Auftrag der Postbank ergeben. 43 Prozent der Befragten ab 18 Jahren meinen, dass die gesetzliche Pflegeversicherung die Kosten für einen vollstationären Pflegeplatz in voller Höhe übernimmt. 21 Prozent der Befragten gehen von einem Eigenanteil von unter 1.000 Euro aus und unterschätzen damit den tatsächlich zu leistenden Betrag deutlich. Dieser liegt derzeit im Bundesdurchschnitt bei rund 1.800 Euro, so Berechnungen des Verbands der Privaten Krankenversicherung. In Summe unterschätzen damit zwei Drittel aller Deutschen die Kosten, die die Pflegeversicherung nicht übernimmt. Dabei werden in Zukunft immer mehr Menschen auf professionelle Pflegeleistungen angewiesen sein. Aktuelle Berechnungen gehen davon aus, dass die Zahl der Pflegebedürftigen von 3,3 Millionen Menschen im Jahr 2017 auf 5 Millionen im Jahr 2045 anwachsen wird (Quelle: Bertelsmann Stiftung). Ökonomen erwarten vor diesem Hintergrund einen weiteren Anstieg des Beitrags zur gesetzlichen Pflegeversicherung. Pflegebedürftige werden in Zukunft im Pflegefall immer höhere Beträge aus eigenen Mitteln aufbringen müssen, um ihre Versorgung zu bezahlen.

Wissenslücken

„Die Unkenntnis über die Kosten der Pflege für den Einzelnen und ihre Finanzierung zieht sich durch alle Bevölkerungs- und Altersschichten“, sagt Dr. Marco Bargel, Chefvolkswirt der Postbank, zu den Ergebnissen der Umfrage. „Es ist erstaunlich, dass sogar Menschen im Rentenalter, für die die eigene Pflege ein greifbareres Szenario ist, und die wahrscheinlich im eigenen Umfeld bereits mit dem Thema konfrontiert wurden, nicht besser informiert sind“, so Bargel weiter. Viele Nicht-Rentner (44 Prozent), darunter Berufstätige, Arbeitslose, Studierende oder Bezieher von Elterngeld, gehen von einer vollen Kostendeckung durch die Pflegeversicherung aus. Unter den Rentnern sind es nur unwesentlich weniger (43 Prozent). Nach der Höhe des Eigenanteils befragt, sind viele vor allem ältere Menschen ratlos. Jeder vierte Befragte über 60 Jahre (25 Prozent) kann nicht abschätzen, wie hoch dieser sein wird.

Auch Abitur oder Studium schützen nicht vor falschen Annahmen über die Finanzierung der eigenen Pflege. Von den Bundesbürgern mit höherem Bildungsabschluss ist mehr als jeder Dritte schlecht informiert: 38 Prozent der Befragten mit Abitur oder Universitätsabschluss meinen, dass kein Eigenanteil zu den Pflegekosten zu leisten sei.

Trügerische Sicherheit

Obwohl fast jeder zweite Deutsche glaubt, dass die gesetzliche Pflegeversicherung einen „Vollkaskoschutz“ bietet, geben 59 Prozent der Befragten an, dass sie zusätzlich für die Pflege im Alter vorsorgen. Ein gutes Drittel aus der Gruppe, die privat vorsorgt (36 Prozent), schafft oder erhält zu diesem Zweck Vermögenswerte; ein weiteres Drittel (33 Prozent) spart oder verwahrt seine Ersparnisse dafür. Eine private Pflegeversicherung haben 22 Prozent abgeschlossen. „Es ist nicht möglich, angemessen vorzusorgen, wenn man das abzusichernde Risiko falsch einschätzt“, meint Marco Bargel. „Die Mehrheit der Befragten, die angeben, privat für Pflegekosten vorzusorgen, verweisen auf Ersparnisse und Vermögenswerte, wie ein Eigenheim, die im Pflegefall für die Finanzierung der Kosten eingesetzt werden sollen. Die gute Absicht allein genügt leider nicht. Diese Menschen wiegen sich in trügerischer Sicherheit, da die Pflegekosten die Höhe der Ersparnisse oder den Wert einer Immobilie übersteigen können.“

So ist es zweifelhaft, ob ausreichend Rücklagen gebildet und diese tatsächlich für das Pflegerisiko verwahrt und nicht vorzeitig aufgezehrt werden. Immerhin erklären sich zwei von drei Deutschen (66 Prozent) dazu bereit, ihre laufenden Einkünfte und Ersparnisse bei Bedarf zur Finanzierung ihrer Pflege einzusetzen. Jeder zweite Deutsche (46 Prozent) findet es allerdings nicht richtig, dass dies obligatorisch ist.

Fehlende Eigenverantwortung

Die Befragten, die nicht privat für die Pflege im Alter vorsorgen, begründen dies mit Geldmangel (48 Prozent) oder erwarten, dass der Staat für die Pflegekosten aufkommt (44 Prozent) oder denken, dass es ausreicht, in die gesetzliche Pflegeversicherung eingezahlt zu haben (38 Prozent). Mangelnde Eigeninitiative zeigen vor allem die über 60-Jährigen: 56 Prozent sehen die Verantwortung für die Finanzierung der Pflegekosten in öffentlicher Hand. Dies sind deutlich mehr als unter den jungen Befragten; im Vergleich dazu erwarten dies nur 37 Prozent der 18- bis 39-Jährigen und 43 Prozent der 40- bis 59-Jährigen. In der Altersgruppe der über 60-Jährigen halten 63 Prozent der Befragten ihre Zahlungen in die gesetzliche Pflegeversicherung für ausreichend – mehr als in jeder anderen Altersgruppe.

Doch auch 16 Prozent der 18- bis 39-Jährigen und 45 Prozent der 40- bis 59-Jährigen sind dieser Ansicht. „Es ist sehr beunruhigend, dass ein so hoher Anteil der Befragten nicht vorsorgt. Sie geben die Verantwortung an den Staat ab oder stellen Ansprüche an die gesetzliche Pflegeversicherung, die nicht realistisch sind. Menschen unter 40 Jahren sollten sich darauf konzentrieren, Risiken wie die Rentenlücke oder Berufsunfähigkeit abzusichern. Ab 40 Jahren, spätestens jedoch mit 50 Jahren, sollte man sich mit der Pflegevorsorge auseinandersetzen“, ergänzt Marco Bargel.

Risiken ausblenden

Ein weiterer wichtiger Hemmschuh für die private Vorsorge ist mangelndes Wissen und damit einhergehend oft auch Überforderung. Jeder Vierte (25 Prozent) sorgt nicht vor, weil er sich mit dem Thema nicht auskennt, jeder Sechste (17 Prozent) weil es zu kompliziert sei. 29 Prozent haben sich über die Finanzierung von Pflege noch keine Gedanken gemacht. Es sind vor allem die Befragten zwischen 18 und 39 Jahren (43 Prozent), die sich noch nicht mit dem Thema beschäftigt haben. 22 Prozent der 40- bis 59-Jährigen und 16 Prozent der über 60-Jährigen haben dies bislang allerdings auch aufgeschoben.

Fakten zur Umfrage

Die demoskopische Untersuchung „Pflege im Alter 2019“ wurde im Rahmen einer telefonischen Mehrthemenbefragung im Zeitraum vom 23. Januar bis zum 29. Januar 2019 im Auftrag der Postbank von Kantar Emnid durchgeführt. In diesem Zeitraum wurden 1002 Interviews mit der in Deutschland wohnhaften deutschsprachigen Bevölkerung ab 18 Jahren durchgeführt.

Kontakt

Iris Laduch
Pressesprecherin