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Wo Pendler profitieren: Immobilienkauf rund um Hamburg
Leben im Umland, arbeiten in der City: Angesichts hoher Wohnungspreise in den boomenden Metropolen wird Pendeln für immer mehr Menschen zur Alternative. Denn in den Großstädten ist Entspannung nicht in Sicht: Die Nachfrage nach Wohneigentum übersteigt das Angebot, Bauland wird knapp, Nachverdichtungen sind innerstädtisch kaum mehr möglich oder politisch schwer durchsetzbar. Auch in Hamburg sind Eigentumswohnungen binnen eines Jahres wieder um sieben Prozent teurer geworden, im Jahr 2018 mussten Käufer im Schnitt 4.587 Euro pro Quadratmeter auf den Tisch legen. Das Problem spitzt sich mit jeder weiteren Umdrehung der Preisschraube zu. Der Postbank Wohnatlas 2019 zeigt in einer Sonderanalyse, wo sich beim Wohnungskauf im Hamburger Speckgürtel trotz Pendelns Geld sparen lässt.
Deutschland ist Pendlerland: Seit Jahren steigt die Zahl der Menschen, die für ihren Weg zur Arbeit mindestens eine halbe Stunde benötigen. Die angespannte Lage auf den Wohnungsmärkten der deutschen Metropolen befeuert diese Entwicklung. Wer das Pendeln in Erwägung zieht, sollte allerdings nicht vergessen, dass längere Arbeitswege auch Kosten verursachen, die ein ganzes Berufsleben lang anfallen. Eine Modellrechnung des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) für die Postbank zeigt, wann der Kostenvorteil Immobilienkauf im Umland durch Fahrtkosten und -zeit aufgezehrt ist. In der aktuellen Neuauflage der Analyse haben die Experten die Anzahl der untersuchten Städte im Umland erweitert. Das Ergebnis: Die Lage der Immobilie im Großraum Hamburg hat große Auswirkungen auf die tatsächliche Ersparnis.
Zügig pendeln aus Seevetal und Pinneberg
Verglichen wird jeweils der Kauf einer durchschnittlich teuren 70-Quadratmeter-Wohnung in Hamburg mit dem Erwerb in einer der vier bevölkerungsreichsten Städte und Gemeinden der Landkreise, die an Hamburg grenzen. Danach profitieren Pendler in Seevetal (Landkreis Harburg) am längsten vom günstigeren Wohnungskauf: Der Kaufpreisvorteil gegenüber Hamburg ist bei täglicher Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel für den Arbeitsweg erst nach 40 Jahren aufgebraucht, bei täglicher Fahrt mit dem Auto reduziert sich diese Zeitspanne auf 19,6 Jahre. Auch in Pinneberg (Landkreis Pinneberg) dürfen sich Bus- und Bahnfahrer über eine Ersparnis freuen, von der sie laut Modellrechnung 38,4 Jahre profitieren. Autofahrer hingegen verfahren den Kostenvorteil bereits in 16,1 Jahren. Auf Platz drei der günstigsten Standorte im Hamburger Speckgürtel schafft es Glinde (Landkreis Stormarn) – vor allem dank kurzer Wege und guter Infrastruktur. Bus- und Bahnpendler haben das gesparte Kapital rechnerisch erst nach 36,6 Jahren aufgezehrt. Für Autopendler erzielt Glinde darüber hinaus den besten Wert im Großraum Hamburg: Dank der schnellen Anbindung über die A24 schmilzt der Kaufpreisvorteil erst nach 20,8 Jahren gänzlich dahin.
Bus- und Bahnfahren fast überall günstiger
Weitere Standorte, in denen der Immobilienkauf auch nach mehr als 30 Jahren Pendeln günstiger bleibt als im Hamburger Stadtgebiet, sind Ahrensburg (Landkreis Stormarn), Schwarzenbek (Landkreis Herzogtum Lauenburg), Buchholz in der Nordheide (Landkreis Harburg) und Winsen (Luhe) (Landkreis Harburg) – aber nur, wenn der Arbeitnehmer mit Bus oder Bahn in die Hamburger City fährt. Autopendler kommen im Hamburger Umland generell schlechter weg, denn die Fahrt mit dem PKW ist nicht nur häufig zeitaufwändiger, sondern auch teurer.
Die geringsten Kaufpreisvorteile der 24 untersuchten Städte und Gemeinden im Hamburger Umland erzielen Berufspendler mit einem Umzug in die Samtgemeinde Oldenburg-Himmelpforten (Landkreis Stade). Käufer kommen nur 12,5 Jahre lang günstiger weg, wenn sie täglich „öffentlich“ nach Hamburg pendeln. Autofahrer haben sogar nur 7,6 Jahre lang Geld gespart. Das liegt vor allem an der langen Pendelstrecke von 65 Kilometern und der eher ungünstigen Anbindung. Aus Ratzeburg (Landkreis Herzogtum Lauenburg) sind Autofahrer pro Strecke zwar 15 Minuten schneller als Bus- und Bahnpendler, dennoch profitieren Nutzer des ÖPNV aufgrund der niedrigen Mobilitätskosten fast drei Jahre länger – 13,0 statt 10,2 Jahre.
Landkreis | Gemeinde / Stadt |
Ent- fern- ung* |
Schnellste Verbin- dung** |
Schnell- ste Route** |
Umland günstiger als Metropole | |
---|---|---|---|---|---|---|
km | Minuten ÖPNV |
Minuten PKW |
Jahre bei Nutzung ÖPNV |
Jahre bei Nutzung PKW |
||
Harburg | Seevetal | 26 | 17 | 24 | 40,0 | 19,6 |
Pinneberg | Pinneberg, Stadt |
22 | 18 | 35 | 38,4 | 16,1 |
Stormarn | Glinde | 17 | 17 | 22 | 36,6 | 20,8 |
Stormarn | Ahrensburg, Stadt |
28 | 16 | 28 | 34,9 | 14,7 |
Herzogtum Lauenburg | Schwarzen- bek |
38 | 22 | 35 | 34,2 | 15,2 |
Harburg | Buchholz i.d. Nordheide |
36 | 20 | 35 | 32,7 | 13,7 |
Harburg | Winsen (Luhe), Stadt |
35 | 22 | 35 | 30,6 | 13,9 |
Pinneberg | Elmshorn, Stadt |
35 | 25 | 45 | 26,9 | 11,6 |
Stormarn | Reinbek | 20 | 26 | 28 | 24,8 | 16,8 |
Stade |
Buxtehude, Hansestadt |
52 | 30 | 50 | 24,3 | 10,5 |
Stormarn | Bald Oldesloe, Stadt |
47 | 26 | 40 | 21,3 | 9,6 |
Harburg | Neu Wulmstorf |
31 | 35 | 40 | 21,3 | 13,5 |
Herzogtum Lauenburg |
Geesthacht, Stadt |
32 | 45 | 28 | 19,4 | 18,6 |
Segeberg | Norderstedt | 22 | 43 | 35 | 18,2 | 16,4 |
Pinneberg | Quickborn | 24 | 42 | 35 | 18,2 | 15,7 |
Pinneberg | Wedel | 23 | 47 | 35 | 16,5 | 15,9 |
Segeberg | Henstedt- Ulzburg |
39 | 47 | 40 | 15,9 | 12,2 |
Stade | Stade, Hansestadt |
53 | 52 | 65 | 15,5 | 9,0 |
Herzogtum Lauenburg |
Mölln | 50 | 57 | 45 | 14,9 | 11,7 |
Segeberg | Kalten- kirchen |
38 | 53 | 40 | 14,3 | 12,3 |
Segeberg | Bad Segeberg |
62 | 50 | 45 | 14,0 | 9,2 |
Stade | Harsefeld, Samt- gemeinde |
68 | 60 | 55 | 13,2 | 8,8 |
Herzogtum Lauenburg |
Ratzeburg | 60 | 65 | 50 | 13,0 | 10,2 |
Stade | Oldendorf- Himmel- pforten, Samtge- meinde |
65 | 65 | 75 | 12,5 | 7,6 |
Was kostet Pendeln wirklich?
Ausgangspunkt für die Modellrechnung ist der durchschnittliche Kaufpreis für eine 70 Quadratmeter große Wohnimmobilie zuzüglich Notargebühren (2% vom Kaufpreis) und Grunderwerbssteuer in der Metropole und im Umlandkreis. Zur Berechnung der Pendelkosten wird angenommen, dass eine Person des Haushalts in der Metropole arbeitet und 220 Mal im Jahr dorthin pendelt. Auch Stadtbewohner haben einen Arbeitsweg zu bewältigen. Daher wird zugrunde gelegt, dass die Fahrtzeiten innerhalb der City identisch sind mit denen des Pendlers von seiner Haustür zum Bahnhof der betreffenden Stadt und vom Hamburger Hauptbahnhof zu seinem Arbeitsplatz. Zusätzliche Zeiten entstehen also für Pendler nur vom Umland-Bahnhof zum Hamburger Hauptbahnhof. Analysiert wurden sowohl die Fahrtzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV), als auch mit dem Auto.
In einem zweiten Schritt werden die Pendelkosten berechnet: Einerseits werden die Kosten für das Ticket für Bus und Bahn beziehungsweise für das Auto (inkl. Benzin, Anschaffung, laufende Kosten) herangezogen. Andererseits wird der zusätzliche Zeitaufwand für den Umlandbewohner mit dem in Hamburg im Mittel erzielten Bruttolohn im Jahr 2018 (27,03 Euro je Stunde) veranschlagt.
Individuelle Abwägung – realistische Finanzplanung
Die Frage, ob sich Pendeln lohnt, müssen Wohnungskäufer und Bauherren individuell abwägen. Denn das Ergebnis hängt davon ab, wo im Umlandkreis die Wohnung und wo die Arbeitsstelle in der Metropole liegt. Entscheidend ist auch, ob in einem Haushalt ein oder zwei Arbeitnehmer pendeln, ob Home-Office-Regelungen die Zahl der Pendeltage verringern und wie die berufliche Planung generell aussieht. Bleibt es bei dem Arbeitsverhältnis in der Metropole oder sind berufliche Veränderungen oder der Renteneintritt absehbar? Familien sollten berücksichtigen, dass Kinder in der Kita möglicherweise länger betreut werden müssen, während Vater oder Mutter noch in der S-Bahn unterwegs sind oder im Stau stehen. Auch das kostet Geld. Andererseits bedeutet ein Investment in der Großstadt in vielen Fällen höhere Schulden – und damit auch höhere Zinszahlungen.
„Unsere Analysen der Pendelkosten geben einen Eindruck, wie wichtig dieser Faktor ist“, sagt Stephan Hellmann, Regionalbereichsleiter und Mitglied der regionalen Geschäftsleitung Nord & Nord-West von der Postbank Immobilien GmbH. „Von den günstigeren Preisen, die im Umland locken, sollten sich Kaufinteressierte nicht blenden lassen, sondern lieber genau nachrechnen.“ Nur eine individuelle Analyse der finanziellen Situation, des geplanten Investments und der beruflichen Perspektiven können am Ende helfen, die Kosten realistisch einzuschätzen. „Dabei kann ein Immobilienfachmann helfen“, so Stephan Hellmann von der Postbank Immobilien GmbH.
Stadt / Landkreis | Quadratmeterpreis 2018 | Kaufpreisanstieg in Prozent (inflationsbereinigt) gegenüber Vorjahr |
---|---|---|
Hamburg | 4.586,63 | 7,0 |
Stormarn | 2.588,98 | 3,49 |
Pinneberg | 2.308,18 | 8,24 |
Harburg | 2.277,80 | 4,13 |
Segeberg | 2.268,10 | 7,76 |
Stade | 2.042,10 | 14,83 |
Herzogtum Lauenburg | 1.935,08 | 5,86 |
Quellen: Empirica (2019): empirica-systeme Marktdatenbank; Statistisches Bundesamt (2019): www.destatis.de; Berechnungen HWWI
Hintergrundinformationen zum Postbank Wohnatlas 2019
Der Postbank Wohnatlas ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Für die vorliegende Analyse wurden unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), die Pendelkosten für Bewohner der Umlandkreise der sieben größten deutschen Städte untersucht. Im Fokus dieser Auswertung steht Hamburg.
Annahmen und Berechnungen der Pendelkosten
- In der Gemeinde des Landkreises wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmeter zum Durchschnittspreis des Landkreises im Jahre 2018 erworben. Alternativ wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmeter in der Metropole zum Durchschnittpreis der Metropole im Jahre 2018 gekauft.
- Der berechnete Kaufpreis wird um Notargebühren von 2 Prozent sowie der derzeit im Bundesland geltenden Grunderwerbsteuer erhöht.
- Einsparungen beim Kauf einer Eigentumswohnung im Umland im Vergleich zu einem Kauf in der Metropole werden um notwendige Mobilitätskosten (direkte Mobilitätskosten und bewerteter Zeitaufwand für das Pendeln), die durch den Umzug in das Umland entstehen, reduziert.
- Zusätzliche Mobilitätszeiten für Bewohner des Umlandes gegenüber den Bewohnern der Metropole entstehen für den Weg vom Bahnhof der Umlandgemeinde zum Hauptbahnhof der Metropole. Alle Pendler nehmen den Weg von Bahnhof zu Bahnhof.
- Als Pendelzeit für den einfachen Weg wird die kürzeste Reisezeit angesetzt, die mit dem jeweiligen Verkehrsmittel am Dienstagmorgen, den 29.03.2019, zwischen 07.00 Uhr und 08.00 Uhr erzielt werden konnte.
- Die Mobilitätszeiten für Hin- und Rückweg sind identisch.
- Die Mobilitätskosten pro einfachem Entfernungskilometer liegen nach Abzug der Steuervergünstigungen bei 0,35 Euro für den PKW und bei 0,08 Euro für den ÖPNV.
- Der Zeitaufwand für das Pendeln wird mit dem Medianeinkommen von Vollzeitbeschäftigten (Brutto je Stunde) bewertet, der im Jahre 2018 in der Metropole erzielt wurde.