Umzug in den Speckgürtel? Wo sich Pendeln für Immobilienkäufer lohnt

Presseinformation vom 31.10.2019
Knapp 40 Prozent der berufstätigen Deutschen fahren zur Arbeit in einen anderen Landkreis. Wer seinen Arbeitsplatz in einer Großstadt hat, ist wegen der hohen Wohnungspreise häufig zum Pendeln gezwungen. Leben im Umland, arbeiten in der City – das ist für immer mehr Menschen Alltag.

 

Knapp 40 Prozent der berufstätigen Deutschen fahren zur Arbeit in einen anderen Landkreis. Wer seinen Arbeitsplatz in einer Großstadt hat, ist wegen der hohen Wohnungspreise häufig zum Pendeln gezwungen. Leben im Umland, arbeiten in der City – das ist für immer mehr Menschen Alltag. Allerdings gibt es Pendeln nicht zum Nulltarif. Eine Modellrechnung des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) für die Postbank zeigt, wann der Kostenvorteil des günstigeren Immobilienerwerbs im Umland verglichen mit dem Kauf in einer der sieben größten deutschen Städte durch Fahrtkosten und -zeit aufgezehrt ist. Das Ergebnis: Der Umzug ins Umland der sogenannten Big Seven lohnt sich nicht überall gleichermaßen. Käufer sparen lange, wenn ihr Wohnort per Bahn gut an die Metropole angebunden ist.

Das gilt besonders für Deutschlands Pendler-Hauptstadt Frankfurt am Main. Fast zwei Drittel (64 Prozent) der Arbeitnehmer in der Bankenmetropole wohnen laut einer Studie der Bundesagentur für Arbeit außerhalb der City, so viele wie in keiner anderen deutschen Großstadt. Und die langfristigen Preisvorteile, die der günstigere Immobilienkauf im Frankfurter Umland bringt, werden rund um andere Metropolen kaum erreicht. In gleich sieben Städten im Frankfurter Speckgürtel können Pendler laut HWWI-Modellrechnung mindestens 40 Jahre lang Geld sparen.

Beste Bedingungen für Pendler

Verglichen wird jeweils der Kauf einer durchschnittlich teuren 70-Quadratmeter-Wohnung in der Metropole mit dem Erwerb einer Wohnung in einer der größeren Städte in einem angrenzenden Landkreis. Spitzenreiter im Speckgürtel-Vergleich um die deutschen Big Seven ist Langen (Landkreis Offenbach): Der Kaufpreisvorteil gegenüber Frankfurt ist bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel für den Arbeitsweg erst nach mehr als 60 Jahren aufgebraucht. Bei täglicher Fahrt mit dem Auto reduziert sich diese Zeitspanne allerdings auf 22,5 Jahre. Auch in Dreieich im Landkreis Offenbach und in der kreisfreien Stadt Offenbach am Main sparen Käufer trotz Pendelns mehr als ein halbes Jahrhundert lang. Ähnlich günstig ist die Lage für Pendler aus Neuss (Rhein-Kreis) und Erkrath (Landkreis Mettmann), die in Düsseldorf arbeiten, sowie für Beschäftigte aus Dachau, die nach München pendeln.

Bus- und Bahnfahren fast immer günstiger

Die Städte im Umland, die den Kaufpreisvorteil trotz Pendelns mindestens 40 Jahre lang bieten, verfügen alle über schnelle Anbindungen im öffentlichen Nahverkehr. Die kürzeste Fahrtzeit liegt bei neun Minuten. So schnell kommt man aus Neuss, Erkrath und Mettmann nach Düsseldorf. Fast genauso kurz sind die Fahrtzeiten aus Langen nach Frankfurt (10 Minuten) und aus Hürth nach Köln (11 Minuten).

„Für Pendler ist eine gute Schienenanbindung das A und O. Darauf sollten potenzielle Käufer bei ihrer Entscheidung für Wohneigentum im Umland unbedingt achten“, sagt Eva Grunwald, Leiterin Immobiliengeschäft Postbank. „Der öffentliche Nahverkehr wird darüber hinaus im Zuge der künftigen Klima- und Verkehrspolitik eine deutliche Aufwertung erfahren. Pendeln wird dann noch einfacher.“ Immobilienexperten sind sich einig, dass Städte mit Schienenanschluss an die Metropole weiter an Attraktivität gewinnen werden. Das sorgt dann auch gleichzeitig für wertstabile Immobilien in der entsprechenden Region.

 

Was kostet Pendeln wirklich?

Ausgangspunkt für die Modellrechnung sind die durchschnittlichen Kaufpreise für eine 70 Quadratmeter große Wohnung zuzüglich Notargebühren (2 Prozent vom Kaufpreis) und Grunderwerbsteuer sowohl in der Metropole als auch im Umlandkreis. Zur Berechnung der Pendelkosten wird angenommen, dass ein Familienmitglied in der Metropole arbeitet und 220 Mal im Jahr dorthin pendelt. Da auch Stadtbewohner einen Arbeitsweg haben, wird zugrunde gelegt, dass die Fahrtzeiten innerhalb der City identisch sind mit denen des Pendlers von seiner Haustür zum Umlandbahnhof und vom Hauptbahnhof der Metropole zu seinem Arbeitsplatz. Zusätzliche Zeiten entstehen also für Pendler nur von Bahnhof zu Bahnhof. Analysiert wurden sowohl die Fahrtzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) als auch mit dem Auto.

In einem zweiten Schritt geht es um die Pendelkosten insgesamt: Einerseits werden die Kosten für die Fahrkarte für Bus und Bahn beziehungsweise für das Auto (inkl. Benzin, Anschaffung, laufende Kosten) herangezogen. Andererseits wird der zusätzliche Zeitaufwand für den Umlandbewohner mit dem in der Metropole im Mittel erzielten Bruttolohn im Jahr 2018 veranschlagt.

Frankfurt ist attraktiv für Autopendler

Autopendler kommen in der Untersuchung zumeist schlechter weg, denn die Fahrt mit dem Pkw ist nicht nur häufig zeitaufwändiger, sondern auch teurer. Die besten Werte in der Modellrechnung erzielen Autopendler nach Frankfurt am Main. Aus Neu-Isenburg verfahren sie den Kaufpreisvorteil nach 41,3 Jahren. Unter den fünf besten Orten für Autopendler in eine der Big-Seven-Städte finden sich ausschließlich Orte im Umland der Mainmetropole: Dreieich, Eschborn, Maintal und Offenbach bieten Kaufpreisvorteile, die 30 Jahre und länger Bestand haben.

Pendler aus dem Stuttgarter Umland verfahren Kaufpreisvorteil schneller

Im Stuttgarter Umland findet sich keine Stadt, in der die Kaufpreisvorteile vier Jahrzehnte oder länger Bestand haben. Pendler zehren die Ersparnis nach maximal 30 Jahren auf – wenn sie mit der Bahn fahren. Wer sich selbst hinters Steuer setzt, verfährt das gesparte Geld spätestens nach 16 Jahren. Das liegt daran, dass die Kaufpreisvorteile im Umland verglichen mit dem Preisniveau in der baden-württembergischen Landeshauptstadt nicht so groß wie in anderen Städten sind. Die Ersparnis wird schneller im Pendleralltag verfahren.

Investitionschancen für Pendler rund um München

In Deutschlands teuerster Stadt München neigen besonders viele Kaufinteressierte dazu, die Wohnungssuche auf Regionen jenseits der Stadtgrenze auszuweiten. Wer den Umzug ins Umland erwägt, kann durchaus lohnende Investments entdecken. Die Anbindung an die bayerische Landeshauptstadt ist vielerorts gut und der Preisvorteil relativ groß, sodass Käufer häufig trotz Pendelns auch auf lange Sicht Geld sparen können. Top-Pendler-Städte mit Kaufpreisvorteilen, die mehr als 40 Jahre lang Bestand haben, sind Dachau, Puchheim und Taufkirchen (Vils).

Lange Wege nach Berlin

In allen Städten zeigt sich, dass Pendler nur langfristig profitieren, wenn die Strecke in weniger als 20 Minuten zu bewältigen ist. Besonders deutlich wird das am Beispiel Berlins. Nur sieben der 33 untersuchten Städte im Berliner Speckgürtel punkten mit Bus- und Bahnzeiten von unter 30 Minuten pro Strecke. Lediglich aus Teltow schaffen es Pendler in unter 20 Minuten in die City. Der Faktor Zeit ist für die Berechnung der Pendelkosten aber eine entscheidende Größed.

Hintergrundinformationen zum Postbank Wohnatlas 2019

Der Postbank Wohnatlas ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Für die vorliegende Analyse wurden unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), die Pendelkosten für Bewohner der Umlandkreise der sieben größten deutschen Städte untersucht.

Annahmen und Berechnungen der Pendelkosten

1. In der Gemeinde des Landkreises wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmeter zum Durchschnittspreis des Landkreises im Jahre 2018 erworben. Alternativ wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmeter in der Metropole zum Durchschnittpreis der Metropole im Jahre 2018 gekauft.
2. Der berechnete Kaufpreis wird um Notargebühren von 2 Prozent sowie der derzeit im Bundesland geltenden Grunderwerbsteuer erhöht.
3. Einsparungen beim Kauf einer Eigentumswohnung im Umland im Vergleich zu einem Kauf in der Metropole werden um notwendige Mobilitätskosten (direkte Mobilitätskosten und bewerteter Zeitaufwand für das Pendeln), die durch den Umzug in das Umland entstehen, reduziert.
4. Zusätzliche Mobilitätszeiten für Bewohner des Umlandes gegenüber den Bewohnern der Metropole entstehen für den Weg vom Bahnhof der Umlandgemeinde zum Hauptbahnhof der Metropole. Alle Pendler nehmen den Weg von Bahnhof zu Bahnhof.
5. Als Pendelzeit für den einfachen Weg wird die kürzeste Reisezeit angesetzt, die mit dem jeweiligen Verkehrsmittel am Dienstagmorgen, den 29.03.2019, zwischen 07.00 Uhr und 08.00 Uhr erzielt werden konnte.
6. Die Mobilitätszeiten für Hin- und Rückweg sind identisch.
7. Die Mobilitätskosten pro einfachem Entfernungskilometer liegen nach Abzug der Steuervergünstigungen bei 0,35 Euro für den PKW und bei 0,08 Euro für den ÖPNV.
8. Der Zeitaufwand für das Pendeln wird mit dem Medianeinkommen von Vollzeitbeschäftigten (Brutto je Stunde) bewertet, der im Jahre 2018 in der Metropole erzielt wurde.

 

Kontakt

Ralf Palm
Pressesprecher