Rund um Stuttgart: Wo Pendler beim Immobilienkauf auch langfristig sparen

Presseinformation vom 14.07.2020
Hohe Immobilienpreise in den Großstädten treiben Wohnungskäufer ins Umland – das gilt für alle deutschen Metropolen. In Stuttgart lagen die Quadratmeterpreise im vergangenen Jahr bei durchschnittlich 4.589 Euro, in den Umlandkreisen zwischen 1.000 und 2.000 Euro darunter.

  • Experten berechnen Pendelkosten für das Umland
  • Aus Waiblingen, Fellbach und Esslingen am Neckar fahren Pendler günstig

Hohe Immobilienpreise in den Großstädten treiben Wohnungskäufer ins Umland – das gilt für alle deutschen Metropolen. In Stuttgart lagen die Quadratmeterpreise im vergangenen Jahr bei durchschnittlich 4.589 Euro, in den Umlandkreisen zwischen 1.000 und 2.000 Euro darunter. Lohnt sich der Umzug für Berufstätige, die in der baden-württembergischen Landeshauptstadt arbeiten? Wie schnell haben die Pendelkosten die Kaufpreisersparnis aufgezehrt? Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat für die Postbank eine Modellrechnung entwickelt, mit der sich diese Pendelkosten beziffern lassen.

Längere Arbeitswege gehen ins Geld: Fahrscheine im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder das Auto wollen bezahlt sein. Zudem frisst die tägliche Fahrt zur Arbeit Zeit. Beide Faktoren werden in der Modellrechnung berücksichtig. Verglichen wird jeweils der Kauf einer durchschnittlich teuren 70-Quadratmeter-Wohnung in Stuttgart mit dem Erwerb einer vergleichbaren Wohnung in einer der größeren Städte im Umland.

Eher geringe Kaufpreisvorteile

Im Vergleich der größten deutschen Städte, den so genannten Big Seven, fallen die möglichen Ersparnisse beim Wohnungskauf im Stuttgarter Umland im Vergleich zur City eher gering aus. Während der Kaufpreisvorteil im Vergleich zum teuersten Umlandkreis bei 1.000 Euro pro Quadratmeter liegt, sparen Käufer rund um Berlin, Hamburg, Frankfurt und München mindestens 2.000 Euro, um Köln und Düsseldorf etwa 1.500 Euro pro Quadratmeter. Deshalb gilt für Stuttgart umso mehr: Ein Umzug rechnet sich auf lange Sicht nur, wenn die Pendelkosten im Rahmen bleiben.

Das gelingt im Stuttgarter Speckgürtel in Waiblingen, Fellbach und Esslingen am Neckar am besten. Der Modellrechnung zufolge verfahren Pendler die Ersparnis aus dem Immobilienkauf erst nach mehr als 30 Jahren. Allerdings nur, wenn sie die schnellen Bahnanbindungen nutzen. Dann dauert die einfache Fahrt lediglich zehn bis zwölf Minuten. Dadurch entstehen vergleichsweise geringe Pendelkosten, sodass sich der Umzug lohnt, auch wenn diese Top-Pendlerstädte in den eher hochpreisigen Landkreisen Rems-Murr-Kreis und Esslingen mit 3.294 Euro bzw. 3.439 Euro pro Quadratmeter liegen. In Ludwigsburg und Kornwestheim, beide im teuersten Umlandkreis Ludwigsburg, profitieren Pendler trotz eher geringer Ersparnis beim Kauf knapp 27 Jahre bzw. 24 Jahre vom Umzug aufs Land. Diese beiden Städte punkten ebenfalls mit schneller Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln bei Fahrtzeiten von zehn bis zwölf Minuten.

Auch in Ebersbach an der Fils und Göppingen (beide Landkreis Göppingen) geht die Rechnung für Pendler auf – und das trotz längerer Fahrzeiten von 26 Minuten mit der Bahn. Hier profitieren Pendler mehr als zwei Jahrzehnte vom Kaufpreisvorteil, da sie in den günstigsten Stuttgarter Umlandkreis umziehen.

Bus und Bahn versus Auto

Für Autopendler lohnt sich der Umzug in keine der 26 untersuchten Städte länger als 20 Jahre. „Rund um Stuttgart erscheint Schienenanschluss unabdingbar. Die schnelle Anbindung mit der Bahn hält die Pendelkosten im Rahmen und macht den Umzug auf lange Sicht profitabel“, sagt Frank Boes, Regionalbereichsleiter und Mitglied der regionalen Geschäftsleitung Südmitte & Südwest von der Postbank Immobilien GmbH.

Top-Lagen in den Landkreisen mit höheren Preisen

Allerdings zeigt der Postbank Wohnatlas auch, dass der Kaufpreis für das Wunschobjekt den Durchschnittspreis im jeweiligen Landkreis nicht nennenswert überschreiten darf. Denn dann schmelzen die Kaufpreisvorteile dahin. Stuttgart ist die einzige Metropole unter den Big Seven, in der sich bei Preisaufschlägen von 20 Prozent auf die Durchschnittspreise der Umlandkreise der Umzug in keinem Fall länger als zwei Jahrzehnte rentieren würde. So ergeben sich für Waiblingen und Fellbach noch gut 15 Jahre, die der Kaufpreisvorteil Bestand hat, wenn die neue Wohnung 20 Prozent teurer ist als im kreisweiten Durchschnitt. Am längsten rechnet sich der Umzug bei teureren Objekten noch nach Ebersbach an der Fils: Bei einem Preisplus von 20 Prozent im Vergleich zum Landkreis-Durchschnitt sparen Käufer trotzt Pendelns knapp 17 Jahre lang. „Top-Lagen in den Landkreisen zu höheren Preisen sind demnach mit Vorsicht zu genießen. Das erschwert die Entscheidung für die eigenen vier Wände im Stuttgarter Umland“, sagt Postbank-Experte Boes.

> Tabelle: Wie lange rechnet sich der Umzug ins Stuttgarter Umland? (PDF, 215 KB)

Wie die Modellrechnung funktioniert

Ausgangspunkt für die Modellrechnung sind die kalkulatorischen Kosten für den Kauf einer 70 Quadratmeter großen Eigentumswohnung aus dem Bestand zuzüglich Notargebühren (2% vom Kaufpreis) und Grunderwerbsteuer in Stuttgart und im jeweiligen Umlandkreis. Es wird unterstellt, dass eine Person des Haushalts in der Metropole arbeitet und 220 Mal im Jahr dorthin pendelt. Da auch Stadtbewohner einen Arbeitsweg haben, wird zugrunde gelegt, dass die Fahrtzeiten innerhalb der City identisch sind mit denen des Pendlers von seiner Haustür zum Bahnhof der betreffenden Stadt und vom Stuttgarter Hauptbahnhof zu seinem Arbeitsplatz. Zusätzliche Zeiten entstehen für Pendler also vom Umland-Bahnhof zum Hauptbahnhof in Stuttgart. Analysiert wurden sowohl die Fahrtzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln als auch mit dem Auto.

Zusätzlich zu den Pendelzeiten werden die Kosten berechnet. Dazu werden Ticketpreise für Bus und Bahn beziehungsweise die Kosten für das Auto von der Anschaffung über Benzin bis hin zu Reparaturen und Wartung herangezogen. Aber auch Zeit ist Geld: Für den zusätzlichen Zeitaufwand durch das Pendeln wird der in Stuttgart im Mittel erzielte Bruttolohn im Jahr 2019 (31,42 Euro je Stunde) veranschlagt.

Von der Modellrechnung zur individuellen Abwägung

„Im Stuttgarter Umland können Kaufinteressierte durchaus lohnende Investments entdecken, müssen aber genau rechnen. Die Kaufpreisvorteile im Umland gegenüber der Stadt sind nicht so groß wie in anderen Metropolregionen. Dafür verfügen viele Umlandstädte aber über sehr schnelle und praktische Anbindungen im öffentlichen Nahverkehr. Das hält die Pendelkosten niedrig und kann für einen Umzug sprechen. Jeder sollte das für sich durchrechnen“, empfiehlt Postbank-Experte Boes. „. Mit dem Postbank Wohnatlas liefern wir ein Instrument, mit dem sich die Pendelkosten auch im Einzelfall bestimmen lassen.“ Es macht einen Unterschied, wo im Umlandkreis die Wohnung liegt und wo genau die Arbeitsstelle in der Metropole. Pendeln ein oder zwei Arbeitnehmer; verringern Homeoffice- oder Teilzeit-Regelungen die Zahl der Pendeltage? Wie sieht die berufliche Planung generell aus; sind räumliche Veränderungen oder der Renteneintritt absehbar? Familien müssen womöglich zusätzliche Kinderbetreuungszeiten organisieren, wenn der Arbeitsweg länger ausfällt. Auch das kostet Geld. Andererseits bedeutet ein Investment in der Großstadt in vielen Fällen höhere Schulden – und damit auch höhere Zinszahlungen. „Ob sich Pendeln lohnt, kann nur individuell abgewogen werden. Denn es ist auch eine Frage der persönlichen Vorlieben: Im Grünen oder lieber im Großstadtgetümmel? Die Wunschimmobilie muss zur persönlichen Lebenseinstellung passen“, sagt Boes.

Übersicht: Immobilienpreise für Stuttgart und Umland

Stadt / Landkreis Quadratmeterpreis 2019
Stuttgart 4.589,24
Ludwigsburg 3.578,20
Böblingen 3.464,46
Esslingen 3.438,79
Rems-Murr-Kreis 3.293,54
Göppingen 2.487,25

Hintergrundinformationen zum Postbank Wohnatlas 2020

Der Postbank Wohnatlas ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Für die vorliegende Analyse wurden unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), die Pendelkosten für Bewohner der Umlandkreise der sieben größten deutschen Städte untersucht. Im Fokus dieser Auswertung steht Stuttgart.

Annahmen und Berechnungen der Pendelkosten

1. In der Gemeinde des Landkreises wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmetern zum Durchschnittspreis des Landkreises im Jahre 2019 erworben. Alternativ wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmetern in der Metropole zum Durchschnittspreis der Metropole im Jahre 2019 gekauft. In die Analyse einbezogen wurden alle Städte in direkt angrenzenden Regionen mit mehr als 20.000 Einwohnern.
2. Der berechnete Kaufpreis wird um Notargebühren von 2% sowie der derzeit im Bundesland geltenden Grunderwerbsteuer erhöht.
3. Einsparungen beim Kauf einer Eigentumswohnung im Umland im Vergleich zu einem Kauf in der Metropole werden um notwendige Mobilitätskosten (direkte Mobilitätskosten und bewerteter Zeitaufwand für das Pendeln), die durch den Umzug in das Umland entstehen, reduziert.
4. Zusätzliche Mobilitätszeiten für Bewohner des Umlandes gegenüber den Bewohnern der Metropole entstehen für den Weg vom Bahnhof der Umlandgemeinde zum Hauptbahnhof der Metropole. Alle Pendler nehmen den Weg von Bahnhof zu Bahnhof.
5. Als Pendelzeit für den einfachen Weg wird die kürzeste Reisezeit angesetzt, die mit dem jeweiligen Verkehrsmittel am Dienstagmorgen, den 12.05.2020, zwischen 07.00 Uhr und 08.00 Uhr erzielt werden konnte.
6. Die Mobilitätszeiten für Hin- und Rückweg sind identisch.
7. Die Mobilitätskosten pro einfachem Entfernungskilometer liegen nach Abzug der Steuervergünstigungen bei 0,35 Euro für den PKW und bei 0,08 Euro für den ÖPNV.
8. Der Zeitaufwand für das Pendeln wird mit dem Medianeinkommen von sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten (Brutto je Stunde) bewertet, der im Jahre 2019 in der Metropole erzielt wurde.

Kontakt

Ralf Palm
Pressesprecher