Die Corona-Pandemie hinterlässt ihre Spuren auch im Sparverhalten der Deutschen. Fast jeder zweite Sparer (43 Prozent) nutzt verstärkt andere Anlageformen als vor der Krise. Wichtiger als die Rendite ist dabei offenbar die schnelle Verfügbarkeit der Ersparnisse. Laut einer repräsentativen Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Kantar im Auftrag der Postbank durchgeführt hat, parken 20 Prozent der Befragten ihr Geld nun vermehrt auf dem Girokonto. 13 Prozent kaufen mehr Aktien und Fondsanteile, fast genauso viele (12 Prozent) legen jetzt verstärkt Geld auf dem klassischen Sparkonto zurück; jeder Zehnte (10 Prozent) auf einem Tagesgeldkonto. Das Hamstern von Bargeld spielt in der Krise dagegen keine größere Rolle als davor: Nur knapp acht Prozent der Befragten verwahren ihr Erspartes nun verstärkt Zuhause.
Obwohl die konservativen, niedrigverzinsten Anlageformen wie Girokonto oder Sparkonto immer noch beliebt sind, legen jetzt deutlich mehr Sparer ihr Geld auch in Fonds und Aktien an. So nahm jeder zehnte Deutsche (10 Prozent) das Krisen-Tief an den Börsen zum Anlass, ins Wertpapiergeschäft einzusteigen oder ein Investment aufzustocken. Weitere 18 Prozent haben ihre Anteile gehalten oder unverändert weiter in einen Fondssparplan eingezahlt. Während der Pandemie kauften die Anleger vor allem Aktien (62 Prozent), ETF-Fonds (40 Prozent) und Investmentfonds (22 Prozent). Jeder fünfte Befragte (20 Prozent), der bislang keine Wertpapiere erworben hat, spielt mit dem Gedanken, in den kommenden zwölf Monaten Geld an der Börse zu investieren; vier Prozent planen dies konkret.
Erstaunlich: Wertpapiergeschäfte sind offenbar immer noch eine Männerdomäne. Nur drei Prozent der weiblichen Befragten kauften seit Ausbruch der Corona-Pandemie verstärkt Wertpapiere, von den Männern hingegen viermal so viele (12 Prozent). Und während lediglich ein Prozent der weiblichen Befragten ins Wertpapiergeschäft einstiegen, wagten mehr als vier Prozent der Männer diesen Schritt. Den Sparwillen der Bundesbürger hat die Corona-Krise offenbar nicht gebrochen – im Gegenteil: Derzeit legen 83 Prozent Geld zurück. Im vergangenen Jahr taten das nur 74 Prozent. Damit ist der Anteil der Sparer an der Gesamtbevölkerung erneut deutlich gewachsen. Die Deutschen sparen für unvorhergesehene Ausgaben (47 Prozent), für ihre Altersvorsorge (44 Prozent) und um sich etwas zu gönnen (32 Prozent). 29 Prozent der Sparer legen aktuell Geld beiseite, um sich einen finanziellen Puffer für Krisenzeiten zu schaffen.
Das Umfrageergebnis zeigt aber auch, dass drei von vier Verbrauchern (75 Prozent) während der Pandemie ihre Ausgaben reduziert haben. Weniger Geld fließt in Urlaub (46 Prozent), Gastronomiebesuche (40 Prozent), Freizeitaktivitäten und Hobby (32 Prozent), Mode (28 Prozent), Dienstleistungen (wie Friseurbesuche, 25 Prozent) sowie Möbel und Haushaltsgeräte (22 Prozent). Kaum gespart wird hingegen an Nebenkosten wie Wasser und Strom (4 Prozent), der Altersvorsorge (7 Prozent) und an Lebensmitteln (7 Prozent). Besonders häufig schränkten dabei die jungen Befragten zwischen 18 und 29 Jahre ihre Ausgaben ein (82 Prozent); bei den über 60-Jährigen taten das hingegen nur 64 Prozent.
Von Nord nach Süd: So viel haben die Bürger auf dem Sparbuch
Während die Zinsen immer noch auf historischen Tiefstständen verharren, steigen die Guthaben auf den Sparkonten in Deutschland weiter. Statistisch gesehen hatte jeder Deutsche Ende 2019 26.232 Euro in Sparprodukten angelegt. Das sind 1.152 Euro mehr als noch Ende 2018. Das haben die Anlagestrategen der Postbank auf Basis von Zahlen der Bundesbank errechnet. Der Anstieg der Einlagen in klassischen Sparprodukten spiegelt sich auch in der Sparquote von 10,9 Prozent wider. Von 100 Euro verfügbarem Einkommen legten die Bundesbürger 2019 genau 10 Euro und 90 Cent zur Seite. Damit hat die Sparquote mit Blick auf die vergangenen 25 Jahre den hohen Stand von 1996 und 2008 (10,9 Prozent) wieder erreicht. Nur 1995 lag sie mit 11,4 Prozent noch etwas höher.
Unter den Bundesländern hat Hessen die höchsten Einlagen auf klassischen Sparkonten. Das Einlagevolumen stieg von 51.370 Euro im Jahr 2018 auf 52.431 Euro im Jahr 2019. Der zweite Platz geht mit 32.029 Euro nach Berlin. Dank des höchsten Zuwachses von 2.277 Euro unter allen Bundesländern haben sich die Hauptstädter an den Hamburgern vorbeigeschoben, die nun auf dem dritten Platz liegen. Dies mag vielleicht am geringen Anstieg der hanseatischen Sparguthaben liegen. Sie erhöhten sich von 2018 auf 2019 lediglich um 778 Euro. Sogar Tabellenschlusslicht Brandenburg hatte mit 861 Euro einen höheren Anstieg. Statistisch gesehen hat jeder Hamburger 30.428 Euro in klassischen Sparanlagen angelegt. Auf den letzten Rängen rangieren weiterhin die fünf ostdeutschen Bundesländer. Sie bleiben mit Ausnahme Berlins allesamt unter 17.000 Euro Sparvermögen. Mit 16.566 Euro haben die Sachsen weniger als ein Drittel auf den Sparkonten als die Hessen. Lediglich auf den Plätzen hat sich bei den neuen Bundesländern im Vergleich zu Ende 2018 etwas bewegt: Sachsen-Anhalt (14.999 Euro) zieht an Mecklenburg-Vorpommern vorbei (14.910 Euro), während Brandenburg mit 14.770 Euro auf den letzten Platz im bundesdeutschen Sparvergleich abrutscht. Im Vorjahr trug Mecklenburg-Vorpommern das rote Schlusslicht.
Das stete Wachstum bei klassischen Sparguthaben ist sicher zum großen Teil auch dem in der Kindheit erlernten Sparfleiß der Bundesbürger geschuldet. Aber auch das Bedürfnis, Rücklagen für Unvorhergesehenes zu bilden und vielleicht fehlender Mut, Geld an der Börse zu investieren, führen zu steigenden Guthaben bei den klassischen Sparanlagen.