Immobilienkauf im Kölner Umland: Lohnt sich das für Pendler?

Presseinformation vom 04.08.2021
Berechnungen zeigen, wo im Umland der Umzug Vorteile bringt • Beste Bedingungen für Pendelnde aus Hürth und Brühl • Pendelkostenrechner erstmals auch mit den Faktoren Homeoffice und Arbeitszimmer

Wer sich für den Wohnungskauf im Umland entscheidet, kann gegenüber der Metropole kräftig sparen. In Köln kostet der Quadratmeter im Schnitt gut 4.200 Euro. In den Umlandkreisen liegen die Durchschnittspreise mindestens 1.500 Euro niedriger. Wer in der Kölner City arbeitet, darf allerdings nicht vergessen, dass beim Umzug in den Speckgürtel Pendelkosten anfallen oder möglicherweise ein Arbeitszimmer für Homeoffice-Tage benötigt wird. Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat für die Postbank eine Modellrechnung entwickelt, mit der sich diese Pendelkosten beziffern lassen. Der Postbank Wohnatlas 2021 zeigt, wie viele Jahre sich der Immobilienerwerb im Umland rechnet und wann der Kostenvorteil durch das Pendeln aufgezehrt ist. Dabei wurden im diesjährigen Pendelkostenrechner erstmals die Faktoren Homeoffice und eigenes Arbeitszimmer einberechnet.

Verglichen wurde jeweils der Kauf einer durchschnittlich teuren 70-Quadratmeter-Wohnung in Köln mit dem Erwerb in den angrenzenden Landkreisen zum kreisweiten Durchschnittspreis. In die Pendelkosten-Analyse wurden jeweils die vier bevölkerungsreichsten Städte der Landkreise sowie alle Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern einbezogen. Der Kaufpreisvorteil wurde mit den jährlichen Pendelkosten verrechnet. Dabei wurde neben den Kosten für das Ticket im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder für das Auto samt Benzin auch der höhere Zeitaufwand einbezogen.

Bus und Bahn schlagen Auto

Am längsten vom günstigeren Wohnungskauf im Umland profitieren Pendler*innen aus Hürth: Der Kaufpreisvorteil gegenüber Köln ist bei täglicher Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln für den Arbeitsweg erst nach 43 Jahren aufgebraucht, bei täglicher Fahrt mit dem Auto bereits nach rund 25 Jahren. Auch in Brühl dürfen sich Bus- und Bahnfahrende über eine Ersparnis freuen, von der sie laut Modellrechnung 36 Jahre lang profitieren. Autopendler*innen hingegen verfahren den Kostenvorteil bereits in gut 16 Jahren. Auf Platz drei der besten Standorte für Pendler*innen im Kölner Raum schaffen es gleich zwei Städte: In Pulheim und der kreisfreien Stadt Leverkusen haben Bus- und Bahnpendler*innen das gesparte Kapital rechnerisch nach 34 Jahren aufgezehrt, Autofahrer*innen nach 19 bzw. 23 Jahren.

Weitere Standorte, in denen der Immobilienkauf auch nach mehr als 25 Jahren täglichen Pendelns günstiger bleibt als im Kölner Stadtgebiet, sind Dormagen und Bergisch Gladbach. Von diesen Orten aus ist es mit „den Öffentlichen“ nicht nur kostengünstiger, sondern es geht auch schneller als mit dem Auto.

Autofahrer*innen nur in Wesseling im Vorteil

Einen längerfristigen Vorteil haben Autopendler*innen gegenüber dem ÖPNV nur aus Wesseling. Vom Kaufpreisvorteil profitieren sie knapp vier Jahre länger, als wenn sie Bus und Bahn für die Fahrt in die City nutzen würden. Das liegt daran, dass die Anbindung an die Metropole ungünstig ist: Mit dem Auto lässt sich die Strecke in 20 Minuten bewältigen, mit Bus und Bahn dauert es 36 Minuten. Alle anderen untersuchten Umlandstädte bieten für Autofahrer*innen keine nennenswerten Vorteile.

Platz für Homeoffice im Eigenheim

Wohnen im Grünen, arbeiten in der Metropole – die Corona-Pandemie hat diesen Lebensentwurf für viele attraktiver gemacht. Im Lockdown verloren die Innenstädte ihren Glanz, quirlige Szeneviertel erstarben – der Wunsch, der Stadt zu entfliehen, wuchs. Weniger Präsenzzwang im Büro durch mehr Homeoffice macht es Arbeitnehmer*innen zudem oftmals leichter, auch größere Entfernungen zur Arbeitsstätte in Kauf zu nehmen. Das alles sorgt dafür, dass Kaufinteressierte das Umland bei ihrer Wohnungssuche verstärkt in den Blick nehmen – und dann unter geänderten Vorzeichen rechnen dürfen. Mehr Homeoffice verringert Pendelzeiten und -kosten. Zugleich lassen sich Bürotage daheim besser und angenehmer im eigenen Arbeitszimmer als am Küchentisch bestreiten. Die Wohnung im Grünen sollte also möglichst etwas größer ausfallen als die Stadtwohnung. Andererseits zeigt sich in den Umlandkreisen häufig ein recht großes Preisgefälle: So müssen Käufer*innen für eine verkehrsgünstig gelegene Wohnung mit einem Aufschlag auf den kreisweiten Durchschnittspreis rechnen. Vor diesem Hintergrund haben die Expert*innen des HWWI in diesem Jahr erstmals auch berechnet, wie lange Käufer*innen vom günstigeren Umlandpreis profitieren, wenn sie mit zwei Homeoffice-Tagen pro Woche planen können, die neue Wohnung mit Arbeitszimmer 20 Quadratmeter größer ist und der Preis außerdem 20 Prozent über dem kreisweiten Durchschnitt liegt.

Homeoffice im eigenen Arbeitszimmer verschiebt die Parameter

Unter diesen Vorzeichen sind die Vorteile für Pendler deutlich kürzer. Teilzeit-Pendler*innen im ÖPNV profitieren beim Erwerb von 90 statt 70 Quadratmetern in der Metropole und einem Preisaufschlag von 20 Prozent in Hürth knapp elf Jahre und in Brühl neun Jahr lang, wenn an zwei Tagen pro Woche im Homeoffice gearbeitet wird statt im Büro. Eine gute Adresse für Teilzeit-Pendler könnte Leverkusen sein: In der kreisfreien Stadt gibt es kein so großes Preisgefälle wie in den Landkreisen, deshalb kann der 20-Prozent-Aufschlag für eine verkehrsgünstig gelegene Wohnung entfallen. In diesem Fall würde der Kaufpreisvorteil für Pendler*innen mit zwei Homeoffice-Tagen im eigenen Arbeitszimmer sogar 31 Jahre lang bestehen. Zwei Pendeltage weniger pro Woche, dafür Platz für ein eigenes Arbeitszimmer in einer 90 Quadratmeter großen Wohnung: Wenn der Quadratmeterpreis den kreisweiten Schnitt nicht übersteigt, erzielen auch Pendler*innen aus Hürth, Brühl, Pulheim, Dormagen, Bergisch Gladbach und Kerpen Vorteile gegenüber dem Immobilienkauf in der Stadt, die 20 Jahre und länger bestehen.

Was Pendeln wirklich kostet: So funktioniert die Modellrechnung

Ausgangspunkt für die Modellrechnung sind die kalkulatorischen Kosten für den Kauf einer 70 Quadratmeter großen Eigentumswohnung aus dem Bestand zuzüglich Notargebühren (2% vom Kaufpreis) und Grunderwerbssteuer in Köln und im jeweiligen Umlandkreis. Der Erwerb erfolgt zum jeweiligen Durchschnittspreis des Jahres 2020, wobei in den Umlandstädten und gemeinden der Durchschnittspreis des jeweiligen Landkreises zugrunde gelegt wird. Für die Kalkulation wird angenommen, dass die Fahrtzeiten für den Stadtbewohnenden innerhalb der City identisch sind mit denen des Pendelnden von seiner Haustür zum Bahnhof der betreffenden Stadt und vom Kölner Hauptbahnhof zu seinem Arbeitsplatz. Zusätzliche Zeiten entstehen für Pendler*innen also vom Umland-Bahnhof zum Kölner Hauptbahnhof. Analysiert wurden sowohl die Fahrtzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) als auch mit dem Auto.

Die Pendelkosten setzen sich aus den Ticketpreisen für Bus und Bahn beziehungsweise den laufenden Kosten für das Auto pro Kilometer zusammen. Hinzu kommen die Zeitkosten: Für den zusätzlichen Zeitaufwand durch das Pendeln in Köln wurde der im Mittel erzielte Bruttolohn im Jahr 2020 (26,46 Euro je Stunde) veranschlagt. In diesem Jahr wurde darüber hinaus erstmals eine weitere Variante berechnet: Eine Homeoffice-Lösung erlaubt es dem Berufspendelnden, nur noch an drei statt an fünf Tagen pro Woche ins Büro zu pendeln (130 statt 220 Tage im Jahr), dafür erfordert das Homeoffice ein zusätzliches Arbeitszimmer (20 Quadratmeter Wohnfläche mehr). Mit einem 20-Prozent-Preisaufschlag wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass verkehrsgünstig gelegene Wohnungen für Pendler*innen in den Umlandstädten und -gemeinden häufig nicht zu dem kreisweiten Durchschnittspreis zu haben sind.

Faktor Pendeln möglichst individuell betrachten

„Diese Analysen verdeutlichen Kaufinteressierten, mit welchen Pendelkosten sie rechnen können und welche Faktoren die Kalkulation beeinflussen“, sagt Frank Boes, Regionalbereichsleiter und Mitglied der regionalen Geschäftsleitung Süd-Mitte und Süd-West von der Postbank Immobilien GmbH. Unterschiedliche Ausschläge bei den Kosten ergeben sich je nach Arbeitszeitmodell, Homeoffice-Regelungen und je nachdem ob in einem Haushalt ein oder zwei Arbeitnehmer pendeln. Eine Rolle spielt auch, ob die Pendelei in die Metropole als Übergangslösung gedacht ist, weil etwa ein Jobwechsel geplant oder der Renteneintritt absehbar ist. Familien sollten berücksichtigen, dass Kinder in der Kita möglicherweise länger betreut werden müssen, während Vater oder Mutter noch in der Bahn unterwegs sind oder im Stau stehen. Auch das kostet Geld. Andererseits ist ein Investment in der Großstadt in vielen Fällen teurer als ein Kauf im Umland. Höhere Kosten ziehen höhere Schulden nach sich, so dass die monatlichen Belastungen durch Tilgung und Zinszahlung steigen.

Corona-Krise verschiebt Präferenzen

„In der Corona-Pandemie haben die Menschen viel Zeit zu Hause verbracht. Das hat Wünsche geweckt: Mehr Platz, ein eigener Garten, mehr Ruhe jenseits der Stadtgrenze. Der Umzug vor die Tore der Stadt ist dank Homeoffice plötzlich auch mit dem Job vereinbar“, sagt Postbank-Experte Boes. „Allerdings sollten sich Kaufinteressierte von den günstigeren Preisen im Umland nicht blenden lassen, sondern lieber genau rechnen und auch die Pendelkosten einbeziehen.“

Hintergrundinformationen zum Postbank Wohnatlas 2021

Der Postbank Wohnatlas ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Für die vorliegende Analyse wurden unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), die Pendelkosten für Bewohner der Umlandkreise der sieben größten deutschen Städte untersucht. Im Fokus dieser Auswertung steht Köln. An die Dom-Stadt grenzen die Landkreise Mettmann, Rhein-Kreis Neuss, Rhein-Erft-Kreis, Rheinisch-Bergischer Kreis und Rhein-Sieg-Kreis sowie die kreisfreie Stadt Leverkusen. Aus den Landkreisen wurden neben den jeweils vier bevölkerungsreichsten Städten alle Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern in der Analyse untersucht. Insgesamt wurden 46 Städte aus dem Umland Kölns einbezogen.

Annahmen und Berechnungen der Pendelkosten
  1. In der Gemeinde des Landkreises wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmetern zum Durchschnittspreis des Landkreises im Jahre 2020 erworben. Alternativ wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmetern in der Metropole zum Durchschnittpreis der Metropole im Jahre 2020 gekauft.
  2. Der berechnete Kaufpreis wird um Notargebühren von 2 Prozent sowie der derzeit im Bundesland geltenden Grunderwerbsteuer erhöht.
  3. Einsparungen beim Kauf einer Eigentumswohnung im Umland im Vergleich zu einem Kauf in der Metropole werden um notwendige Mobilitätskosten (direkte entfernungsabhängige Mobilitätskosten und bewerteter Zeitaufwand für das Pendeln), die durch den Umzug in das Umland entstehen, reduziert.
  4. Zusätzliche Mobilitätszeiten für Bewohner des Umlandes gegenüber den Bewohnern der Metropole entstehen für den Weg vom Bahnhof der Umlandgemeinde zum Hauptbahnhof der Metropole. Alle Pendler*innen nehmen den Weg von Bahnhof zu Bahnhof.
  5. Als Pendelzeit für den einfachen Weg wird die kürzeste Reisezeit angesetzt, die mit dem jeweiligen Verkehrsmittel am Dienstagmorgen, den 12.05.2020, zwischen 07.00 Uhr und 08.00 Uhr erzielt werden konnte. Damit blieben die Fahrtzeiten im ÖPNV und mit dem PKW gegenüber dem Vorjahr unverändert, da aufgrund der Corona-Beschränkungen die aktuellen Fahrzeiten im PKW-Verkehr nicht das langjährige Mittel widerspiegeln und auch das Angebot im ÖPNV gegenüber dem Normalfahrplan teilweise ausgedünnt wurde.
  6. Die Mobilitätszeiten für Hin- und Rückweg sind identisch.
  7. Die Mobilitätskosten pro einfachem Entfernungskilometer liegen nach Abzug der Steuervergünstigungen bei 0,35 Euro für den PKW und bei 0,10 Euro für den ÖPNV.
  8. Der Zeitaufwand für das Pendeln wird mit dem Medianeinkommen von sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten (Brutto je Stunde) bewertet, der im Jahre 2020 in der Metropole erzielt wurde.
  9. Pro Haushalt pendelt ein*e Arbeitnehmer*in 

Kontakt

Oliver Rittmaier
Pressesprecher