Immobilienkauf rund um Stuttgart: Was das Pendeln kostet

Presseinformation vom 21.10.2021
Berechnungen zeigen, wo der Umzug ins Umland Vorteile bringt • Beste Bedingungen für Pendelnde aus Esslingen, Waiblingen und Fellbach • Pendelkostenrechner erstmals auch mit den Faktoren Homeoffice und Arbeitszimmer

Wer sich für den Wohnungskauf im Umland entscheidet, kann gegenüber der Metropole sparen. In Stuttgart kostet der Quadratmeter im Schnitt gut 4.800 Euro, jenseits der Stadtgrenzen deutlich weniger. Im teuersten Umlandkreis Ludwigsburg liegt die durchschnittliche Ersparnis gegenüber der Metropole bei rund 900 Euro pro Quadratmeter, im günstigsten Landkreis Göppingen bei 2.000 Euro. Wer in Stuttgart arbeitet, darf allerdings nicht vergessen, dass beim Umzug in den Speckgürtel Pendelkosten anfallen oder möglicherweise ein Arbeitszimmer für Homeoffice-Tage benötigt wird. Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat für die Postbank eine Modellrechnung entwickelt, mit der sich diese Pendelkosten beziffern lassen. Der Postbank Wohnatlas 2021 zeigt, wie viele Jahre sich der Immobilienerwerb im Umland rechnet und wann der Kostenvorteil durch das Pendeln aufgezehrt ist. Dabei wurden im diesjährigen Pendelkostenrechner erstmals die Faktoren Homeoffice und eigenes Arbeitszimmer einberechnet.

Verglichen wurde jeweils der Kauf einer durchschnittlich teuren 70-Quadratmeter-Wohnung in Stuttgart mit dem Erwerb in den angrenzenden Landkreisen zum regionalen Durchschnittspreis. In die Pendelkosten-Analyse wurden jeweils die vier bevölkerungsreichsten Städte der Landkreise sowie auch alle weiteren Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern einbezogen. Der Kaufpreisvorteil wurde mit den jährlichen Pendelkosten verrechnet. Dazu zählen neben den Kosten für das Ticket im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder für das Auto samt Benzin auch der höhere Zeitaufwand.

Beste Pendel-Standorte sind Esslingen, Waiblingen und Fellbach

Am längsten vom günstigeren Wohnungskauf im Umland profitieren Pendler*innen aus Esslingen am Neckar, aus Waiblingen und aus Fellbach. Das verdanken sie vor allem der schnellen Verbindung mit der Bahn, die nur zwischen zehn und zwölf Minuten für die Pendel-Strecke benötigt. Der Kaufpreisvorteil gegenüber Stuttgart ist bei täglicher Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit erst nach knapp unter 30 Jahren aufgebraucht. Pendler*innen aus Ludwigsburg und Kornwestheim sind mit dem ÖPNV ähnlich schnell am Ziel, die Ersparnis des günstigeren Immobilienerwerbs hält mit knapp 23 (Ludwigsburg) und knapp 21 Jahren (Kornwestheim) nicht ganz so lange. Das liegt daran, dass beide Städte im vergleichsweise teuren Landkreis Ludwigburg liegen. Etwas länger dauert die Pendelei aus Ebersbach an der Fils. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind die 32 Kilometer in 26 Minuten zu bewältigen. Der Kaufpreisvorteil bleibt rund 20 Jahre bestehen.

Bei täglicher Fahrt mit dem Auto schmelzen Kaufpreisvorteile noch deutlich schneller dahin. Das gilt für fast alle Städte im Stuttgarter Umland. In Esslingen und Waiblingen sind sie laut Modellrechnung nach gut 12 Jahren aufgezehrt. Am besten kommen Autopendler*innen aus Fellbach weg: Sie profitieren immerhin 18 Jahre lang vom günstigeren Immobilienkauf.

Platz für Homeoffice im Eigenheim

Allerdings ist in der Corona-Pandemie ein anderer Lebensentwurf stärker in den Fokus gerückt. Homeoffice-Regelungen haben vielen Beschäftigten mehr Unabhängigkeit vom Arbeitsort beschert. Im Lockdown verloren die Innenstädte ihren Glanz, quirlige Szeneviertel erstarben – der Wunsch, der Stadt zu entfliehen und im Grünen zu wohnen, wuchs. Weniger Präsenzzwang im Büro durch mehr Homeoffice macht es Arbeitnehmer*innen zudem oftmals leichter, auch größere Entfernungen zur Arbeitsstätte in Kauf zu nehmen. Das alles sorgt dafür, dass Kaufinteressierte das Umland bei ihrer Wohnungssuche verstärkt in den Blick nehmen – und dann unter geänderten Vorzeichen rechnen dürfen. Mehr Homeoffice verringert Pendelzeiten und -kosten. Zugleich lassen sich Bürotage daheim besser und angenehmer im eigenen Arbeitszimmer als am Küchentisch bestreiten. Die Wohnung im Grünen sollte also möglichst etwas größer ausfallen als die Stadtwohnung. Andererseits zeigt sich in den Umlandkreisen häufig ein recht großes Preisgefälle: So müssen Käufer*innen für eine verkehrsgünstig gelegene Wohnung, etwa in der Nähe der S-Bahnstation, mit einem Aufschlag auf den kreisweiten Durchschnittspreis rechnen. Vor diesem Hintergrund haben die Expert*innen des HWWI in diesem Jahr erstmals auch berechnet, wie lange Käufer*innen vom günstigeren Umlandpreis profitieren, wenn sie mit zwei Homeoffice-Tagen pro Woche planen können, die neue Wohnung mit Arbeitszimmer 20 Quadratmeter größer ist und der Preis außerdem 20 Prozent über dem kreisweiten Durchschnitt liegt.

Verkehrsgünstig wohnen mit eigenem Arbeitszimmer?

Im Stuttgarter Umland besteht unter diesen Vorzeichen in vielen Fällen überhaupt kein Kaufpreisvorteil mehr, im Gegenteil: Wer raus zieht in eine größere Wohnung mit Arbeitszimmer und für eine verkehrsgünstige Lage einen Preisaufschlag in Kauf nimmt, muss sogar tiefer in die Tasche greifen als beim Kauf einer durchschnittlichen Stadtwohnung. In nur noch vier untersuchten Städten – alle im preisgünstigsten Umlandkreis Göppingen gelegen – erwächst zumindest eine kleine Ersparnis, die Pendler*innen aber in wenigen Jahren verfahren.

Die Pendelanalyse zeigt, dass sich ein Umzug für Stuttgart-Pendler*innen langfristig zumeist nur lohnt, wenn sie ihre Ansprüche zurückschrauben. Weniger Pendel-Tage reduzieren die Kosten, ein zusätzlicher Raum für das Homeoffice ist angesichts recht hoher Quadratmeterpreise auch jenseits der Stadtgrenze aber meist nicht drin. Wer länger profitieren möchte, müsste beim Erwerb rund um Stuttgart selbst bei reduzierten Pendel-Tagen durch Homeoffice ein kleineres Arbeitszimmer in Kauf nehmen oder ein Objekt finden, das ohne Preisaufschlag auf den kreisweiten Durchschnitt auskommt.

Was Pendeln wirklich kostet: So funktioniert die Modellrechnung

Ausgangspunkt für die Modellrechnung sind die kalkulatorischen Kosten für den Kauf einer 70 Quadratmeter großen Eigentumswohnung aus dem Bestand zuzüglich Notargebühren (2% vom Kaufpreis) und Grunderwerbssteuer in Stuttgart und im jeweiligen Umlandkreis. Der Erwerb erfolgt zum jeweiligen Durchschnittspreis des Jahres 2020, wobei in den Umlandstädten und -gemeinden der Durchschnittspreis des jeweiligen Landkreises zugrunde gelegt wird. Für die Kalkulation wird angenommen, dass die Fahrtzeiten für den Stadtbewohnenden innerhalb der City identisch sind mit denen des Pendelnden von seiner Haustür zum Bahnhof der betreffenden Stadt und vom Stuttgarter Hauptbahnhof zu seinem Arbeitsplatz. Zusätzliche Zeiten entstehen für Pendler*innen also vom Umland-Bahnhof zum Stuttgarter Hauptbahnhof. Analysiert wurden sowohl die Fahrtzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) als auch mit dem Auto.

Die Pendelkosten setzen sich aus den Ticketpreisen für Bus und Bahn beziehungsweise den laufenden Kosten für das Auto pro Kilometer zusammen. Hinzu kommen die Zeitkosten: Für den zusätzlichen Zeitaufwand durch das Pendeln in Stuttgart wurde der im Mittel erzielte Bruttolohn im Jahr 2020 (31,45 Euro je Stunde) veranschlagt. In diesem Jahr wurde darüber hinaus erstmals eine weitere Variante berechnet: Eine Homeoffice-Lösung erlaubt es dem Berufspendelnden, nur noch an drei statt an fünf Tagen pro Woche ins Büro zu pendeln (130 statt 220 Tage im Jahr), dafür erfordert das Homeoffice ein zusätzliches Arbeitszimmer (20 Quadratmeter Wohnfläche mehr). Mit einem 20-Prozent-Preisaufschlag wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass verkehrsgünstig gelegene Wohnungen für Pendler*innen in den Umlandstädten und -gemeinden häufig nicht zum kreisweiten Durchschnittspreis zu haben sind. Bei kreisfreien Städten, die kein solches Preisgefälle wie Landkreise aufweisen, wurde auf die Berechnung des Aufschlages verzichtet.

Faktor Pendeln möglichst individuell betrachten

„Die Preisdifferenz für Wohneigentum zwischen Metropole und Umland ist im Fall von Stuttgart nicht so groß wie in und um andere deutsche Metropolen. Deshalb kann der finanzielle Vorteil beim Kauf im Umland gering ausfallen – vor allem, wenn die Pendelkosten eingerechnet werden“, sagt Frank Boes, Regionalbereichsleiter und Mitglied der regionalen Geschäftsleitung Süd-Mitte & Süd-West von der Postbank Immobilien GmbH. „Wer sich nach Wohnen im Grünen sehnt, aber in Stuttgart arbeitet, sollte ganz genau rechnen.“ Unterschiedliche Ausschläge bei den Kosten ergeben sich je nach Arbeitszeitmodell, Homeoffice-Regelungen und je nachdem, ob in einem Haushalt ein oder zwei Arbeitnehmer pendeln. Eine Rolle spielt auch, ob die Pendelei in die Metropole als Übergangslösung gedacht ist, weil etwa ein Jobwechsel geplant oder der Renteneintritt absehbar ist. Familien sollten berücksichtigen, dass Kinder in der Kita möglicherweise länger betreut werden müssen, während Vater oder Mutter noch in der Bahn unterwegs sind oder im Stau stehen. Auch das kostet Geld. Andererseits ist ein Investment in der Großstadt in vielen Fällen teurer als ein Kauf im Umland. Höhere Kosten ziehen höhere Schulden nach sich, so dass die monatlichen Belastungen durch Tilgung und Zinszahlung steigen.

Corona-Krise verschiebt Präferenzen

„Die Corona-Krise und Homeoffice-Regelungen haben dafür gesorgt, dass das Leben auf dem Land mit dem Job in der Metropole vereinbar scheint“, sagt Postbank-Experte Boes. „Ob sich Pendelnde im Stuttgarter Umland auch tatsächlich eine größere Wohnung mit Arbeitszimmer leisten können, sollten Kaufinteressierte genau kalkulieren. Der Wohnatlas zeigt, wie das geht.“

Hintergrundinformationen zum Postbank Wohnatlas 2021

Der Postbank Wohnatlas ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Für die vorliegende Analyse wurden unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), die Pendelkosten für Bewohner der Umlandkreise der sieben größten deutschen Städte untersucht. Im Fokus dieser Auswertung steht Stuttgart. Aus den fünf angrenzenden Landkreisen wurden jeweils die vier bevölkerungsreichsten Städte sowie auch alle weiteren Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern in die Analyse einbezogen. Insgesamt wurden damit 26 Städte und Gemeinden im Stuttgarter Umland untersucht.

Annahmen und Berechnungen der Pendelkosten
  1. In der Gemeinde des Landkreises wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmetern zum Durchschnittspreis des Landkreises im Jahre 2020 erworben. Alternativ wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmetern in der Metropole zum Durchschnittpreis der Metropole im Jahre 2020 gekauft.
  2. Der berechnete Kaufpreis wird um Notargebühren von 2 Prozent sowie der derzeit im Bundesland geltenden Grunderwerbsteuer erhöht.
  3. Einsparungen beim Kauf einer Eigentumswohnung im Umland im Vergleich zu einem Kauf in der Metropole werden um notwendige Mobilitätskosten (direkte entfernungsabhängige Mobilitätskosten und bewerteter Zeitaufwand für das Pendeln), die durch den Umzug in das Umland entstehen, reduziert.
  4. Zusätzliche Mobilitätszeiten für Bewohner des Umlandes gegenüber den Bewohnern der Metropole entstehen für den Weg vom Bahnhof der Umlandgemeinde zum Hauptbahnhof der Metropole. Alle Pendler*innen nehmen den Weg von Bahnhof zu Bahnhof.
  5. Als Pendelzeit für den einfachen Weg wird die kürzeste Reisezeit angesetzt, die mit dem jeweiligen Verkehrsmittel am Dienstagmorgen, den 12.05.2020, zwischen 07.00 Uhr und 08.00 Uhr erzielt werden konnte. Damit blieben die Fahrtzeiten im ÖPNV und mit dem PKW gegenüber dem Vorjahr unverändert, da aufgrund der Corona-Beschränkungen die aktuellen Fahrzeiten im PKW-Verkehr nicht das langjährige Mittel widerspiegeln und auch das Angebot im ÖPNV gegenüber dem Normalfahrplan teilweise ausgedünnt wurde.
  6. Die Mobilitätszeiten für Hin- und Rückweg sind identisch.
  7. Die Mobilitätskosten pro einfachem Entfernungskilometer liegen nach Abzug der Steuervergünstigungen bei 0,35 Euro für den PKW und bei 0,10 Euro für den ÖPNV.
  8. Der Zeitaufwand für das Pendeln wird mit dem Medianeinkommen von sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten (Brutto je Stunde) bewertet, der im Jahre 2020 in der Metropole erzielt wurde.
  9. Pro Haushalt pendelt ein*e Arbeitnehmer*in 

Kontakt

Oliver Rittmaier
Pressesprecher