Immobilienkauf: In welchen Regionen sich Investitionschancen bieten

Presseinformation vom 13.06.2022
HWWI berechnet, wo Käufer*innen in Deutschland gute Bedingungen finden • Vor allem in Metropolen und ihrem Umland hängen Kaufpreise die Mieten ab • In 134 Regionen ist das Preisniveau bereits sehr hoch

Postbank Wohnatlas 2022:
Immobilienkauf: In welchen Regionen sich Investitionschancen bieten

Wohn­immo­bilien sind in vielen Teilen Deutsch­lands erneut teurer geworden. Die Kauf­preise laufen besonders in Groß­städten und Ferien­regionen den Mieten davon: 2021 mussten Käufer*innen im Durch­schnitt über alle Land­kreise und kreis­freien Städte für Eigen­tum erneut mehr aus­geben als noch 2020 – sowohl absolut als auch gerechnet in Jahres­netto­kalt­mieten für eine gleich­große Wohnung. Trotzdem kann sich die Investi­tion in eine Eigen­tums­wohnung noch lohnen, sofern die er­warteten Preis­steige­rungen bis 2035 hoch ausfallen. Für Immo­bilien­käufer*innen lohnt somit ein genauer Blick auf die Be­dingungen in den ein­zelnen Re­gionen. Künf­tige Preis­anstiege erwarten die Expert*innen des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) ins­besondere in vielen Groß­städten, dem Hamburger und Berliner Umland sowie im Weser-Ems-Gebiet. Sinkende Preise dem­gegen­über in weiten Teilen Ost­deutsch­lands mit Aus­nahme einiger Groß­städte. Wer gute Vor­aus­setzungen für ein Invest­ment sucht, sollte ins­besondere auf zwei Faktoren achten: ver­hältnis­mäßig moderate Kauf­preise im Vergleich zur Netto­kalt­miete und die Aussicht auf weitere Wert­steigerungen. Diese Kombination bieten mehrere Regionen in Deutschland. Das haben Expert*innen des HWWI für den In­vestitions­chancen-Index im Postbank Wohn­atlas berechnet.

Im vergangenen Jahr sind die Kauf­preise schneller gestiegen als die Mieten. Während sich die Netto­kalt­mieten 2021 im Vergleich zum Vor­jahr im Schnitt über alle Land­kreise und kreis­freien Städte um nominal 4,95 Prozent ver­teuerten, legten die Kauf­preise für Eigen­tums­wohnungen im Bestand im Mittel um 17,22 Prozent zu. Der so­genannte Ver­viel­fältiger, der abbildet, wie viele Jahres­netto­kalt­mieten für eine gleich große Eigen­tums­wohnung durch­schnittlich zu zahlen wären, spiegelt die wachsende Dynamik wider. Er stieg binnen Jahres­frist im Durch­schnitt über alle Land­kreise und kreis­freien Städte um 2,7 auf 28,5 Jahres­netto­kalt­mieten. Schon im Jahr davor hatte sich der Ver­viel­fältiger um 1,7 Jahres­mieten erhöht. Besonders hoch ist er in Küsten­gebieten, Groß­städten und weiten Teilen Bayerns. Ver­viel­fältiger unter 22,5 sind über­wiegend nur noch in ländlichen Gebieten des östlichen Mittel­deutsch­lands sowie im Saar­land zu finden.

Kaufpreise steigen schneller als Mieten in Land­kreisen an der Küste und in Bayern

Der Land­kreis Nord­fries­land weist mit 82,3 den höchsten Ver­viel­fältiger und somit den größten Unter­schied zwischen Netto­kalt­miete und Kauf­preis aus. In den Top Ten liegen auch die an der Meck­len­burg-Vor­pommerschen Ostsee ge­legenen Land­kreise Rostock, Vor­pommern-Rügen und Nord­west­mecklen­burg sowie die Land­kreise Aurich, Witt­mund und Leer mit den ost­friesischen Inseln an der nieder­sächsischen Nord­see­küste. Daneben laufen auch in den bayrischen Land­kreisen Mies­bach und Garmisch-Parten­kirchen die Kauf­preise den Mieten davon – der Ver­viel­fältiger beträgt hier 51,7 bzw. 45,1.

In den Metro­polen sieht die Lage ähnlich aus. Die Groß­stadt mit dem höchsten Ver­viel­fältiger ist Hamburg. 2021 betrug er 43,2 – und stieg um 4,7 im Vergleich zum Vorjahr an. Auch in München, Berlin und Potsdam liegt der Ver­viel­fältiger bei mehr als 40. Dies bedeutet also, dass dort durch­schnitt­lich mehr als 40 Jahres­netto­kalt­mieten für eine gleich große Eigen­tums­wohnung zu zahlen wären. In Potsdam nahm der Ver­viel­fältiger um 8,6 binnen Jahresfrist zu. Von den „Big 7“, den größten deutschen Metro­polen, liegen auch Düssel­dorf und Frankfurt am Main in den Top Ten der Groß­städte mit dem größten Unter­schied zwischen Kaufpreis und Miete. Doch auch außerhalb der Big 7 sind etwa Rostock und Lübeck in Nord­deutsch­land betroffen. Die kleineren kreisfreien Städte Rosen­heim und Landshut in Bayern wiesen 2021 Ver­viel­fältiger von 36,4 bzw. 35,3 auf.

Chancenindex zeigt, wo sich ein Investment lohnen kann

Wer ein Objekt im Auge hat, sollte neben der Relation von Kaufpreis und Miete auch die künftige Preis­ent­wicklung bei der Bewertung heranziehen. Pauschal gilt: Die Ertrags­chancen einer Immo­bilien­inves­tition sind umso größer, je geringer der gegen­wärtige regionale Ver­viel­fältiger und je höher die prog­nosti­zierte jähr­liche Preis­ent­wicklung in Prozent ist. Wer die Immobilie nicht selbst bewohnt, sondern vermietet, muss bei einem hohen Ver­viel­fältiger mit einer geringeren anfänglichen Miet­rendite rechnen. Für 134 Regionen in Deutsch­land errechneten sich 2021 Ver­viel­fältiger von über 30 und wiesen damit ein sehr hohes Preis­niveau auf. Darunter befinden sich einige Land­kreise und kreis­freie Städte, für die HWWI eine negative Preis­ent­wicklung bis 2035 prog­nos­ti­ziert. In diesen Regionen würden Käufer*innen Eigen­tums­wohnungen zu einem sehr hohen Preis erwerben und müssen künftig voraus­sichtlich Wert­verluste hin­nehmen. Der Immobilien­boom hat seinen Höhe­punkt hier bereits erreicht oder über­schritten. Im Landkreis Rostock lagen die Kaufpreise 2021 bereits bei rund 4.535 Euro (Ver­viel­fältiger bei 56), gleichzeitig wird für die Zukunft eine Preis­ent­wicklung von minus 0,84 Prozent erwartet. Ähnlich starke künftige Verluste mit Werten von minus 0,5 Prozent oder weniger kom­biniert mit einem Ver­viel­fältiger über 30 zeigen die Land­kreise Vor­pommern-Rügen und Nord­west­mecklen­burg in Mecklen­burg-Vor­pommern, Oder-Spree und Ucker­mark in Branden­burg, Cochem-Zell in Rhein­land-Pfalz sowie die kreis­freien Städte Amberg, Schweins­furt (beide Bayern) und Schwerin in Mecklen­burg-Vor­pommern.

Andere Regionen bieten trotz aktuell hoher Preise aber bei genau­erer Be­trachtung noch Mög­lich­keiten. Der In­vesti­tions­chancen-Index liefert Ant­worten darauf, wo Kauf­interessierte derzeit noch moderate Preise bei prog­nosti­zierten Wert­steige­rungen finden. Expert*innen sprechen derzeit bei einem Ver­viel­fältiger von maximal 25,0 von einem noch vergleichs­weise moderaten Kauf­preis­niveau gemessen an den örtlichen Netto­kalt­mieten. Die realen Wert­zu­wächse bis 2035 sollten positiv sein. Diese beiden Kriterien treffen auf sechs Landkreise zu, die damit sehr gute In­vestitions­chancen im Vergleich zu anderen deutschen Regionen bieten. Der Regional­verband Saar­brücken im Saarland weist in dieser Gruppe mit 23,05 zwar den niedrigsten Ver­viel­fältiger, aber mit einem Preisplus von 0,06 Prozent pro Jahr auch das geringste künftige Preis­wachs­tum aus. Die nieder­sächsische Graf­schaft Bent­heim kann hingegen mit einem hohen erwarteten Preis­zu­wachs von 0,96 Prozent pro Jahr aufwarten, wobei der Ver­viel­fältiger mit 23,80 noch unter 25 liegt. Die Land­kreise Roten­burg (Wümme) in Nieder­sachsen sowie Straubing-Bogen in Bayern punkten mit prog­nosti­zierten realen Preis­zu­wächsen mit 0,53 Prozent bzw. 0,52 Prozent pro Jahr bei noch moderaten Ver­viel­fältigern.

Chancenindex zeigt, wo sich ein Investment lohnen kann

„Der In­vesti­tions­chancen-Index lenkt den Blick von Kauf­interes­sierten auf Regionen, die bisher bei der Suche nicht im Vorder­grund standen“, sagt Eva Grun­wald, Leiterin Immo­bilien­geschäft Postbank und Deutsche Bank. „Trotz­dem lohnt eine genaue Be­trach­tung. Ein hoher Ver­viel­fältiger birgt das Risiko, dass künftige Preis­steigerungen bereits in die aktuellen Be­wert­ungen ein­ge­flossen sind, was beim Wieder­ver­kauf zu Er­trags­ein­bußen führen kann. Je höher die prog­nos­ti­zierte Preis­ent­wicklung ist, desto größer die Chance, bei einem späteren Wohnungs­verkauf Gewinne rea­lisieren zu können. Auch erhöht sich die Wahr­schein­lich­keit, dass sich künftige Miet­ren­diten positiv entwickeln werden.“

Gute Investitions­chancen zu leicht höheren Kauf­preisen in weiteren sieben Regionen

Kauf­interes­senten, die bereit sind, für deutlich positive Wert­zu­wächse von mehr als 0,5 Prozent pro Jahr leicht erhöhte Ver­viel­fältiger bis maximal 27,5 in Kauf zu nehmen, könnten in sechs Land­kreisen und einer kreis­freien Stadt fündig werden. Dabei handelt es sich aus­schließlich um Regionen in Nieder­sachsen und Baden-Württem­berg. Die nieder­sächsische Stadt Wolfs­burg liegt mit einem Ver­viel­fältiger von 25,7 nur leicht über der Marke von 25, lässt aber ein Preis­wachs­tum von 0,77 Prozent pro Jahr real bis 2035 erwarten. Der Land­kreis Lörrach in Baden-Württem­berg ver­spricht mit Kauf­preis­zu­wächsen von prog­nosti­zierten 1,39 Prozent pro Jahr sehr hohe Wert­steige­rungen, denen ein Ver­viel­fältiger von 27,2 gegen­über­steht. Auch im Land­kreis Olden­burg in Nieder­sachsen müssen Immo­bilien mit einem Ver­viel­fältiger von 27,4 ver­hältnis­mäßig teuer erworben werden, jedoch bietet sich auch hier die Chance auf ein Kauf­preis­wachs­tum von be­acht­lichen 1,15 Prozent pro Jahr real. Weitere gute In­vesti­tions­chan­cen zu einem leicht er­höhten Ein­stiegs­preis ver­sprechen die Land­kreise Gif­horn, Walds­hut, Enz­kreis und Osna­brück.

Kauf­inte­ressierte, für die ein noch höherer Ver­viel­fältiger zwischen 27,5 und 30 in Frage kommt, können in weiteren elf Regionen mit einer positiven Preis­ent­wick­lung von mehr als einem Prozent pro Jahr belohnt werden. In der kreis­freien Stadt Heil­bronn wird ein Kauf­preis­wachs­tum von 2,17 Prozent pro Jahr prog­nosti­ziert, der Ver­viel­fältiger liegt bei 28,0. Auch in den Land­kreisen Herzog­tum Lauen­burg in Schles­wig-Holstein und Lüne­burg in Nieder­sachsen können sich für Investoren Chancen bei fast zwei Prozent jähr­lichem Preis­zu­wachs und Ver­viel­fältigern unter 30 eröffnen.

Wohneigentum für Selbstnutzer*innen trotz erwarteter leichter Wertverluste?

Für Selbstnutzer*innen, die keinen Wieder­verkauf anstreben, oder sehr lang­fristig orien­tierte Vermieter*innen könnte auch ein Invest­ment in 16 Regionen mit leicht negativer prog­nostizierter Preis­ent­wickl­ung und moderaten Kauf­preisen mit Ver­viel­fältigern kleiner als 25 interessant sein. Wer in diesen Regionen derzeit eine Wohnung gemietet hat, könnte als Eigen­tümer*in auf längere Sicht günstiger fahren. Denn je geringer der Ver­viel­fältiger aus­fällt, desto mehr ver­kürzt sich der Zeit­raum, bis sich ein Kauf gegenüber der Miet­zahlung rechnet. Der­gestalt interessierte Käufer*innen sollten sich bei­spiels­weise in der Stadt Emden in Nieder­sachsen umschauen. Sie bietet bei einem leicht negativen er­warteten Preis­trend von minus 0,08 Prozent pro Jahr einen im Ver­gleich zum Durch­schnitt über alle deutschen Regionen sehr niedrigen Ver­viel­fältiger von 20,83. Im baden-württem­bergischen Zollern­alb­kreis wird nur von einem Wert­ver­lust von 0,04 Prozent pro Jahr aus­ge­gangen, der Ver­viel­fältiger liegt mit 24,01 aber schon deutlich höher als in Emden.

„Trotz prog­nosti­zierter leichter Wert­verluste bietet eine über lange Zeit selbst­genutzte Immo­bilie oft Vorteile wie miet­freies Wohnen im Alter und kann wichtiger Teil der Vor­sorge­strate­gie sein“, sagt Grun­wald von der Postbank. „Jedes Objekt muss im Einzel­fall auf Lage und Bau­subs­tanz geprüft werden, dabei können Immo­bilien­ex­pert*innen helfen.“

Hintergrundinformationen zum Postbank Wohnatlas 2022

Der Postbank Wohnatlas ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), wurde die Immobilienpreisentwicklung in den 401 deutschen Landkreisen und kreisfreien Städten untersucht.

Kontakt

Oliver Rittmaier
Mediensprecher