Trotz gestiegener Immobilienpreise im Speckgürtel der Großstädte lässt sich beim Kauf einer Eigentumswohnung außerhalb Frankfurts noch Geld sparen. In der Main-Metropole kostet der Quadratmeter im Schnitt 6.586 Euro. Die Durchschnittspreise in den Umlandkreisen liegen mindestens 2.100 Euro niedriger. Wer sich trotz Arbeitsstelle in der Frankfurter Innenstadt für das Umland entscheidet, darf jedoch nicht vergessen, dass durch den Umzug in den Speckgürtel für den verlängerten Arbeitsweg zusätzliche Kosten für Benzin oder Zugticket anfallen und mehr Zeit eingeplant werden muss. Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat für die Postbank eine Modellrechnung entwickelt, mit der sich diese Pendelkosten beziffern lassen. Der Postbank Wohnatlas 2022 zeigt, wie viele Jahre sich der Immobilienerwerb im Umland rechnet und wann der Kostenvorteil durch das Pendeln aufgezehrt ist. Dabei wurde auch der Faktor Homeoffice einberechnet sowie erstmals ebenfalls größere Wohnungen etwa für Familien berücksichtigt.
Verglichen wurde jeweils der Kauf einer durchschnittlich teuren 70-Quadratmeter-Wohnung sowie einer 120-Quadratmeter-Wohnung in Frankfurt am Main mit dem Erwerb einer gleich großen Wohnung in einem der angrenzenden Landkreise Groß-Gerau, Hochtaunuskreis, Main-Kinzig-Kreis, Main-Taunus-Kreis, Offenbach und dem Wetteraukreis sowie der kreisfreien Stadt Offenbach am Main. Dabei wurden neben den vier bevölkerungsreichsten Städten und Gemeinden des Landkreises auch alle weiteren Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern in die Analyse einbezogen. Insgesamt wurden somit 35 Orte im Frankfurter Umland betrachtet. Da sich in den Umlandkreisen zwischen zentral und eher abseits gelegenen Orten ein großes Preisgefälle zeigt, sollten Käufer*innen für verkehrsgünstig gelegene Wohnungen mit einem Aufschlag auf den kreisweiten Durchschnittspreis rechnen. Die Expert*innen haben mit einem 20 Prozent höheren Kaufpreis kalkuliert.
Der Kaufpreisvorteil wurde mit den jährlichen Pendelkosten verrechnet. Dabei haben die Expert*innen neben den Kosten für das Ticket im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder für das Auto samt Benzin auch den höheren Zeitaufwand einbezogen. Die Kosten sowohl für den Weg mit dem PKW als auch mit dem ÖPNV wurden in diesem Jahr angepasst – für das Auto von 0,35 auf 0,45 Euro pro Kilometer und ab 21 Kilometer einfache Entfernung auf 0,43 Euro. Die Fahrt mit Bus und Bahn wurde von 0,10 auf 0,13 Euro angehoben, ab 21 Kilometer auf 0,12 Euro.
Bus und Bahn schlagen Auto – Klare Preisvorteile in Offenbach und Langen
Wird jeweils eine 70-Quadratmeter-Wohnung verglichen, profitieren Pendler*innen aus der nur neun Kilometer entfernten kreisfreien Stadt Offenbach am Main am längsten vom günstigeren Wohnungskauf im Umland: Wer den Arbeitsweg jeden Tag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegt, hat den Kaufpreisvorteil der östlich von Frankfurt gelegenen Stadt gegenüber der Metropole erst nach 63,5 Jahren aufgebraucht, bei täglicher Fahrt mit dem Auto halbiert sich diese Zeitspanne auf 30,2 Jahre. Auch im 22 Kilometer entfernten Langen (Hessen) dürfen sich Bus- und Bahnfahrende über eine deutliche Ersparnis durch einen Umzug freuen: Sie schaffen die Entfernung von Bahnhof zu Bahnhof in nur neun Minuten und profitieren laut Modellrechnung 58 Jahre lang. Autopendler*innen hingegen verfahren den Kostenvorteil bereits in 21,5 Jahren. Auf Platz drei der besten Standorte für Pendler*innen im Frankfurter Speckgürtel schafft es Dreieich, ebenfalls wie Langen im Kreis Offenbach gelegen. Bus- und Bahnpendler*innen aus dem Süden der Main-Metropole haben das gesparte Kapital rechnerisch nach 48,9 Jahren aufgezehrt, Autofahrer*innen nach 30,8 Jahren. Diese Berechnungen gelten, wenn pro Haushalt eine Person täglich pendelt, die kein Homeoffice nutzt. Zudem wurden bei den Kaufpreisen im Umland 20 Prozent Preisaufschlag gegenüber dem Durchschnittspreis des Landkreises wegen verkehrsgünstiger zentraler Lage hinzugerechnet.
Weitere Standorte, an denen der Immobilienkauf auch nach mehr als 25 Jahren täglichen Pendelns günstiger bleibt als im Frankfurter Stadtgebiet, sind die Städte Maintal und Hanau (Main-Kinzig-Kreis), Neu-Isenburg, Mühlheim am Main und Obertshausen (Kreis Offenbach), Bad Vilbel (Wetteraukreis), Mörfelden-Walldorf (Kreis Groß-Gerau) und Eschborn (Main-Taunus-Kreis). Allerdings gilt dies sowohl hier als auch in nahezu allen Umlandstädten und -gemeinden vor allem, wenn Bus und Bahn genutzt werden.
Autofahrer*innen in Bad Soden am Taunus und Seligenstadt im Vorteil
Täglich pendelnde Autofahrer*innen bleiben im gesamten Frankfurter Umland nur in den vier Orten Offenbach, Dreieich, Maintal und Neu-Isenburg über der 25-Jahre-Marke. Für Autofans ist im Vergleich mit den ÖPNV-Nutzer*innen nur der Umzug nach Bad Soden am Taunus im Main-Taunus-Kreis sowie nach Seligenstadt im Kreis Offenbach besser – nur in diesen beiden Orten ist der Weg auf der Straße günstiger als mit dem ÖPNV. Vom Kaufpreisvorteil profitieren Pendler*innen in Bad Soden 15,9 Jahre lang, wenn sie Bus und Bahn für die Fahrt in die City nutzen, Autofahrer*innen aber sogar 16,8 Jahre lang. Das liegt daran, dass die Anbindung an die Metropole ungünstig ist: Mit dem Auto lässt sich die Strecke in nur 15 Minuten bewältigen, mit Bus- und Bahn dauert es 27 Minuten. In Seligenstadt ergibt sich ein ähnliches Bild: Autopendler*innen haben den Vorteil der günstigen Umlandspreise in 14,6 Jahren verfahren, ÖPNV-Nutzer*innen schon nach 13 Jahren. Die Entfernung zu Frankfurt ist hier etwas weiter, mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind Pendler*innen fast eine Stunde unterwegs. Mit dem Auto lässt sich die Distanz in der Hälfte der Zeit überwinden. Beide Orte gehören jedoch nicht zu den Top-Adressen für Pendler*innen, da hier der Umland-Vorteil nur weniger als 20 Jahre besteht. Wem allerdings 70 Quadratmeter nicht reichen und nach 120 Quadratmetern sucht, der profitiert in Bad Soden 28,7 Jahre und in Seligenstadt 25,1 Jahre vom Pendeln mit dem Auto. Bei Nutzung des ÖPNV sind es 27,3 beziehungsweise 22,4 Jahre.
„Der Speckgürtel Frankfurts scheint besonders geeignet für all diejenigen, die sich mit dem Pendeln, also mit dem Arbeiten im Zentrum und Wohnen im Umland beschäftigen. Denn die Metropole ist sehr gut angebunden sowohl mit öffentlichen Verkehrsmitteln als auch mit dem Auto. Der Pendelkostenrechner hilft Kaufinteressierten bei der Entscheidung für den Umzug ins Umland“, sagt Daniela Bellinghausen, Regionalbereichsleiterin und Mitglied der regionalen Geschäftsleitung Süd-West von der Postbank Immobilien GmbH.