Die Immobilienpreise stagnieren oder sinken in vielen Gebieten Deutschlands – doch vor allem in den größten Städten der Republik liegen sie weiter auf hohem Niveau. Wer statt in der Innenstadt der Metropole eine Eigentumswohnung im Speckgürtel kauft, kann daher in vielen Fällen Geld sparen. In Stuttgart kostete der Quadratmeter 2022 durchschnittlich 5.416 Euro. Damit mussten Käufer*innen in der Landeshauptstadt durchschnittlich mindestens 900 Euro pro Quadratmeter mehr ausgeben als in den meisten umliegenden Städten und Gemeinden. Damit ist die durchschnittliche Preisdifferenz zwischen Stuttgart und seinen Umlandkreisen 2022 die niedrigste aller Big-Seven-Städte. In Berlin liegt sie bei mindestens 1.700 Euro, in Düsseldorf bei knapp 2.200 Euro. Wer sich trotz Arbeitsstelle in der Stuttgarter Innenstadt für das Umland entscheidet, darf jedoch nicht vergessen, dass dann für den verlängerten Arbeitsweg zusätzliche Kosten für Treibstoff oder Zugticket anfallen und mehr Zeit eingeplant werden muss.
Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat für die Postbank eine Modellrechnung entwickelt, mit der sich diese Pendelkosten beziffern lassen. Der Postbank Wohnatlas 2023 zeigt, wie viele Jahre sich der Immobilienerwerb im Umland rechnet und wann der Kostenvorteil beim Kauf durch die erhöhten Pendelkosten aufgezehrt ist. In der Annahme pendelt je Haushalt ein*e Arbeitnehmer*in. Dabei wurde auch der Faktor Homeoffice mit drei statt fünf Pendeltagen pro Woche einberechnet sowie größere Wohnungen etwa für Familien berücksichtigt.
Verglichen wurde jeweils der Kauf einer durchschnittlich teuren 70-Quadratmeter-Wohnung sowie einer 120-Quadratmeter-Wohnung in Stuttgart zur Selbstnutzung mit dem Erwerb einer gleich großen Wohnung in einer der angrenzenden Landkreise Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und dem Rems-Murr-Kreis. Dabei wurden neben den vier bevölkerungsreichsten Städten und Gemeinden des Landkreises auch alle weiteren Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern in die Analyse einbezogen. Insgesamt wurden somit 26 Orte im Stuttgarter Umland betrachtet. Käufer*innen sollten jedoch mit einem Preisaufschlag für verkehrsgünstig gelegene Wohnungen in den Umlandkreisen rechnen, da dort ein großes Gefälle zu abgelegenen Ortschaften besteht. Diesen Aufschlag haben die Expert*innen mit 20 Prozent kalkuliert.
Der Kaufpreisvorteil im Speckgürtel wurde mit den jährlichen Pendelkosten verrechnet. Dabei haben die Expert*innen neben den Kosten für das Ticket im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder für das Auto samt Treibstoff auch den höheren Zeitaufwand einbezogen. Die Kosten für den Weg mit dem Auto liegen bei 0,45 Euro pro Kilometer und ab 21 Kilometer einfache Entfernung bei 0,43 Euro. Die Fahrt mit Bus und Bahn bleiben bei 0,13 Euro und ab 21 Kilometer bei 0,12 Euro, die jährlichen Mobilitätskosten wurden durch Einführung des 49-Euro-Tickets bei 588 Euro gedeckelt.
Keine längerfristigen Preisvorteile im Umland für kleine Haushalte
Wird jeweils eine 70-Quadratmeter-Wohnung verglichen, profitieren Pendler*innen aufgrund der geringen Preisunterschiede zwischen Metropole und Umland in keiner der angrenzenden Städte und Gemeinden länger als 25 Jahre. Am höchsten wären die möglichen durchschnittlichen Einsparungen bei den Kaufpreisen, gerechnet mit einem Preisaufschlag von 20 Prozent auf die verkehrsgünstig gelegenen Städte der Umlandkreise, bei einem Umzug in den Landkreis Göppingen mit etwa 112.000 Euro, gefolgt vom Rems-Murr-Kreis mit etwa 30.000 Euro. Somit lohnt sich am längsten der Umzug in die 32 Kilometer entfernte Stadt Ebersbach an der Fils im Landkreis Göppingen: Wer den Arbeitsweg jeden Tag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegt, hat den Kaufpreisvorteil der östlich von Stuttgart gelegenen Stadt gegenüber der Metropole nach 16,3 Jahren aufgebraucht, bei täglicher Fahrt mit dem Auto schrumpft diese Zeitspanne auf 7,7 Jahre. Für Durchschnittskäufer*innen sollten jedoch die erhöhten Pendelkosten mindestens 25 Jahre lang durch die Kaufpreisersparnisse gedeckt werden. Dies entspricht in der Regel der restlichen Lebensarbeitszeit eines Immobilienkäufers oder einer Immobilienkäuferin, der oder die in Deutschland im Durchschnitt 40 Jahre alt ist. Unter diesen Voraussetzungen lohnt sich der Umzug in keine Umlandkommune. ÖPNV-Nutzer*innen sind allerdings überall den Autofahrer*innen überlegen. Kfz-Fans haben den Vorteil der günstigeren Kaufpreise im Umland überall bereits in weniger als acht Jahren aufgezehrt.
Die schnellsten Verbindungen in die Stuttgarter Innenstadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln existieren mit nur zehn bis zwölf Minuten Fahrtzeit in den Städten Esslingen am Neckar (Esslingen), Fellbach und Waiblingen (Rems-Murr-Kreis). Allerdings sind auch hier die Vorteile der günstigeren Quadratmeterpreise für Eigentumswohnungen bereits nach weniger als zehn Jahren aufgebraucht.