Die Immobilienpreise in Deutschland sind 2024 leicht gesunken, in den Großstädten bleiben sie jedoch hoch. Wer sich daher für den Kauf einer Eigentumswohnung im Umland statt in der Innenstadt einer Metropole entscheidet, kann in vielen Fällen weiterhin Geld sparen. In Stuttgart lag der durchschnittliche Quadratmeterpreis für Bestandsbauten bei 4.699 Euro. In den Umlandkreisen war Wohneigentum im Schnitt mindestens 734 Euro pro Quadratmeter günstiger. Damit ist Stuttgart unter allen Big-7-Städten die Metropole mit den geringsten Preisdifferenzen zwischen Umland und City.
Gleichzeitig kostet es mehr Zeit und Geld, aus dem Umland in die Stuttgarter Innenstadt zur Arbeit zu pendeln, als innerstädtisch unterwegs zu sein. Wer außerhalb der Neckarmetropole wohnt, zahlt mehr für Kraftstoff, Ladestrom oder das Ticket im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), und verliert Zeit. Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat für die Postbank eine Modellrechnung für die Pendelkosten entwickelt. Der Postbank Wohnatlas 2025 zeigt, wie viele Jahre sich der Immobilienerwerb im Umland lohnt und wann die erhöhten Pendelkosten den Preisvorteil aufgezehrt haben. Im Modell pendelt je Haushalt eine Person zur Arbeit. Neben einer Vollzeittätigkeit wurde auch der Faktor Homeoffice oder Teilzeit mit drei statt fünf Pendeltagen pro Woche berücksichtigt.
Die Untersuchung des HWWI vergleicht den Kauf einer durchschnittlich teuren 70 Quadratmeter bzw. 120 Quadratmeter großen Wohnung in Stuttgart zur Selbstnutzung mit gleich großen Immobilien in den größten Ortschaften der fünf Landkreise Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Rems-Murr-Kreis. Neben den jeweils vier bevölkerungsreichsten Städten wurden aus den Landkreisen alle Kommunen mit mehr als 20.000 Einwohner*innen in die Analyse einbezogen. Insgesamt hat das HWWI somit 26 Städte und Gemeinden im Umland Stuttgarts untersucht. Da Immobilien in verkehrsgünstig gelegenen größeren Ortschaften im Umland deutlich teurer sind als in abgelegenen kleineren Gemeinden, gingen die Expert*innen bei ihren Analysen von einem Preisaufschlag von 20 Prozent auf den Durchschnittspreis des jeweiligen Landkreises aus.
Darüber hinaus hat das HWWI den Kaufpreisvorteil im Speckgürtel mit den jährlichen Pendelkosten gegengerechnet. In die Rechnung fließen neben Kosten für das ÖPNV-Ticket oder für das Fahrzeug inklusive Kraftstoff bzw. Ladestrom auch der höhere Zeitaufwand fürs Pendeln ein. Die Kosten für die Autofahrt liegen nach Abzug der Steuervergünstigungen durch die Entfernungspauschale bei 0,45 Euro pro Kilometer und ab einer einfachen Entfernung von 21 Kilometern bei 0,43 Euro. Die Fahrt mit Bus und Bahn wird mit 0,14 Euro pro Kilometer veranschlagt, ab 21 Kilometern beträgt der Preis 0,12 Euro pro Kilometer. Durch das Deutschland-Ticket sind die jährlichen Mobilitätskosten im ÖPNV nach Abzug von Steuervergünstigungen auf 645 Euro gedeckelt. Hinzu kommen die Zeitkosten: Der zusätzliche Zeitaufwand für das Pendeln vom Umland in die Metropole wurde mit dem im Jahr 2024 in Stuttgart erzielten Bruttolohn von 36,70 Euro je Stunde bewertet.
Keine längerfristigen Preisvorteile im Umland für Käufer*innen von 70-Quadratmeter-Wohnungen
Wird jeweils eine 70-Quadratmeter-Wohnung verglichen, profitieren Pendler*innen aufgrund der geringen Preisunterschiede zwischen Metropole und Umland in keiner der angrenzenden Städte und Gemeinden länger als 25 Jahre. Am ehesten lohnt sich der Umzug in die 32 Kilometer entfernte Stadt Ebersbach an der Fils im Landkreis Göppingen: Wer den Arbeitsweg jeden Tag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegt, hat den Kaufpreisvorteil der östlich von Stuttgart gelegenen Stadt gegenüber der Metropole nach 10,7 Jahren aufgebraucht, bei täglicher Fahrt mit dem Auto schrumpft diese Zeitspanne auf 5,8 Jahre. Für Arbeitnehmer*innen mit Homeofficemöglichkeit, die dreimal in der Woche nach Stuttgart mit öffentlichen Verkehrsmitteln pendeln, erhöht sich der Zeitraum auf 17,1 Jahre. Durchschnittskäufer*innen sollten jedoch darauf achten, dass die erhöhten Pendelkosten mindestens 25 Jahre lang durch die Kaufpreisersparnisse gedeckt werden. Dies entspricht in der Regel der restlichen Lebensarbeitszeit eines Immobilienkäufers oder einer Immobilienkäuferin, der oder die in Deutschland im Durchschnitt 40 Jahre alt ist. Unter diesen Voraussetzungen lohnt sich der Umzug in keine Umlandkommune.
„Der Speckgürtel Stuttgarts ist im Vergleich zu allen anderen Metropolregionen in Deutschland eher ungeeignet für Käufer*innen von 70-Quadratmeter-Wohnungen, die sich einen Preisvorteil vom Umzug erhoffen. Das Pendeln, also das Arbeiten im Zentrum und Wohnen im Umland, ist aufgrund der geringen Kaufpreisunterschiede nur im Einzelfall die bessere Wahl“, sagt Manuel Beermann, Leiter Produktmanagement Immobilien der Privatkundenbank in Deutschland. „Immobilieninteressierte sollten sich den Wohnungskauf im Umland keinesfalls schönrechnen. Als Überbrückung bis zu einem neuen Job oder dem Ruhestand können Nachteile durch längere Arbeitswege und weniger Freizeit aber kurzfristig in Kauf genommen werden.“
Im Landkreis Ludwigsburg liegen die Immobilienpreise mit einem Aufschlag von 20 Prozent für zentrale Lagen sogar noch über dem Durchschnittspreis der Landeshauptstadt. In Ludwigsburg, Bietigheim-Bissingen, Kornwestheim, Vaihingen an der Enz, Remseck am Neckar und Ditzingen zahlen Immobilienkäufer*innen durchschnittlich 4.758 Euro pro Quadratmeter und damit rund 60 Euro mehr als im Durchschnitt in Stuttgart. Auch im Landkreis Böblingen liegen die Quadratmeterpreise nach dieser Berechnung mit durchschnittlich 4.751 Euro rund 50 Euro über denen der Neckarmetropole. Rein rechnerisch lohnt sich für Beschäftigte mit Arbeitsplatz in Stuttgart ein Kauf von verkehrsgünstig gelegenen Wohnungen in diesen Landkreisen daher nur in Ausnahmefällen. „Die sinnvollere Option könnte darin liegen, in Stuttgart nach Wohnungen zu suchen, deren Preis unter dem Durchschnittspreis der Landeshauptstadt liegt“, sagt Beermann.