Viele dürften schon sehnlichst darauf gewartet haben: Nach Monaten ausgesprochen trüber Stimmung verzeichnete das KfW-ifo-Mittelstandsbarometer Anfang April erstmals einen „Hauch von Frühling“ in der mittelständischen deutschen Wirtschaft. Hatte das im Mittelstandsbarometer gemessene Geschäftsklima der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im Februar mit –22,1 Saldenpunkten noch weit unter dem langfristigen Durchschnittswert von 0 gelegen – schlechter war die Stimmung im Mittelstand zuletzt während des pandemiebedingten Lockdowns im Frühjahr 2020 –, machte es im März einen „ordentlichen Sprung“ um 4,9 Zähler nach oben. Die Urteile zur aktuellen Geschäftslage verbesserten sich um 2,1 Zähler auf –14,3 Saldenpunkte, die Geschäftserwartungen legten sogar um stattliche 7,3 Saldenpunkte zu.
Banking & Finanzierung
Liquidität richtig planen
Vor allem der private Konsum könnte KfW Research zufolge angesichts erheblicher Reallohnsteigerungen zum Konjunkturtreiber werden. Damit sollten sich die Aussichten für den Einzelhandel und die konsumnahen Dienstleistungsunternehmen verbessern. Im Verarbeitenden Gewerbe schüren bei den KfW-Experten eine voraussichtlich wieder anziehende Auslandsnachfrage sowie die Aussicht auf eine geldpolitische Lockerung die Hoffnung auf Besserung.
Fakt ist allerdings auch, dass sich die deutsche Wirtschaft noch immer in einer ausgeprägten Schwächephase befindet. „Gerade die Industrieproduktion ist nach wie vor unter Druck. Auch 2024 hat die Wirtschaft nur einen schwachen Start hingelegt“, betonte Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, angesichts der Mitte März vorgelegten Konjunkturprognose der privaten Banken. Insgesamt rechnen die Banken für 2024 mit einer Stagnation der gesamtwirtschaftlichen Leistung in Deutschland. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das Frühjahrsgutachten der fünf führenden Wirtschaftsinstitute. Diese erwarten für das laufende Jahr gerade einmal ein Miniwachstum von 0,1 Prozent.
Nachholbedarf im Mittelstand
Vor dem Hintergrund der noch immer schwachen wirtschaftlichen Aussichten sind Ertragsausfälle für viele Unternehmen im laufenden Jahr wahrscheinlich. Insbesondere für diese Unternehmen ist es von existenzieller Bedeutung, ihren aktuellen Liquiditätsstatus zu kennen und die voraussichtliche Entwicklung der Liquidität und des Liquiditätsbedarfs möglichst präzise einzuschätzen. Das aber ist nicht immer einfach: Im Treasurer-Panel der Zeitschrift „DerTreasurer“, an dem rund 100 Treasury-Chefinnen und -Chefs teilgenommen haben, stand das Thema Liquiditätssteuerung und Cash-Management zuletzt hinter der Treasury-IT und dem Risikomanagement auf Rang 3 der größten Herausforderungen.
Vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben der Liquiditätsplanung in der Vergangenheit nicht immer die notwendige Beachtung geschenkt. Das zeigt eine Studie des Marktforschungsinstituts Innofact im Auftrag des Softwareanbieters Agicap. Demnach sind das Liquiditäts- und Finanzmanagement bei einem Viertel der 500 befragten KMU-Entscheider erst durch die COVID-19-Pandemie zu wichtigen Themen geworden. Ein Grund hierfür: Selbstständige und Unternehmen konnten ihren Anspruch auf Corona-Hilfen in Form von direkten staatlichen Zuschüssen oder KfW-Sonderkrediten nur geltend machen, wenn sie ihre Ausfälle anhand konkreter Zahlen belegen konnten.
Wichtig kann das Thema Liquiditätsplanung nicht zuletzt im Hinblick auf eine drohende Insolvenz sein. Versäumt die Geschäftsführung eines Unternehmens, dem die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung droht, einen Insolvenzantrag zu stellen, weil sie die Notlage nicht frühzeitig erkennt, kann das zu zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen führen. Bei haftungsbeschränkten Unternehmen schreibt das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) die Implementierung eines Systems zur Krisenfrüherkennung vor.
Gut aufgestellt für einen Neustart
Von Bedeutung ist eine fundierte Liquiditätsplanung jedoch nicht nur für und in Krisenzeiten. In guten Zeiten kann sie zum Beispiel dabei helfen, finanzielle Freiräume für wichtige Investitionen in die Wettbewerbsfähigkeit zu identifizieren – ein Thema, das für viele Unternehmen bei einer möglichen Konjunkturerholung wieder wichtiger werden dürfte. Insolvenzen treten häufig am Beginn des Aufschwungs auf. Denn wenn ein Unternehmen nach einer Krise wieder mehr Umsatz machen will, muss es zumeist auch wieder mehr Waren einkaufen, also in Vorleistung treten. Wenn die Liquiditätsplanung das nicht berücksichtigt hat, kann es zu einem ernsten Finanzierungsproblem kommen. Daher ist die Empfehlung, die Liquiditätsplanung fortlaufend der jeweiligen Entwicklung anzupassen. Dazu gehört auch, freie Liquidität möglichst gewinnbringend zu parken, bis sie benötigt wird. Hier rückten zuletzt Zinsanlagen wie Tages- und Festgeld- beziehungsweise Termingeldkonten wieder in den Fokus. Laut dem „Deutschland-Monitor Unternehmensfinanzierung“ der Deutschen Bank vom März 2024 erreichten die Zinsen für Termineinlagen zuletzt mit durchschnittlich 3,7 Prozent den höchsten Stand seit der Finanzkrise. Wobei sich hier im Hinblick auf eine möglicherweise im Sommer eintretende erste Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) baldiges Handeln auszahlen könnte.
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Liquiditätsplanung – eine Kurzanleitung
Welche Aspekte bei der Liquiditätsplanung eine Rolle spielen sollten, haben wir Ihnen im Folgenden kompakt zusammengefasst.
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Ist-Zustand analysieren
Ziel der Liquiditätsplanung ist die Ermittlung des voraussichtlichen Bestandes liquider Finanzmittel zu einem bestimmten Zeitpunkt. Basis dafür sind der Ist-Zustand und möglichst verlässliche Informationen über künftige Zahlungseingänge und -ausgänge. Prognosen über den künftigen Cashflow lassen sich zum einen auf Basis bekannter Daten ermitteln, etwa anhand von Zahlungszielen bereits gestellter Rechnungen, zum anderen durch Erfahrungswerte aus der Vergangenheit.
Auf der Einnahmenseite gilt es unter anderem einen möglichen Rückgang der Aufträge, veränderte Zahlungsmodalitäten und das Ausfallrisiko bei Forderungen realistisch einzuschätzen.
Auf der Ausgabenseite sind insbesondere die noch immer hohen Kosten für Energie, Rohstoffe und Vorprodukte, inflationsbedingt steigende Lohnkosten sowie ein gestiegener Investitionsbedarf in das Umlaufvermögen bei erwarteten Auftragszuwächsen, fällige Kredite oder auslaufende Finanzierungszusagen zu berücksichtigen. Hier sollten auf jeden Fall folgende Informationen in die Liquiditätsplanung einfließen:
- Personalkosten
- Miet- oder Pachtzahlungen
- Energiekosten
- Versicherungen
- Kosten für den Wareneinkauf
- Tilgungs- und Zinsraten für Kredite inklusive Refinanzierungsrisiken
- Leasingraten
- Steuerzahlungen
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Auf digitale Tools setzen
Für eine solide Liquiditätsplanung ist es wichtig, dass alle zugrunde liegenden Daten möglichst aktuell und vollständig sind. Auf dieser Basis können dann verschiedene Cashflow-Szenarien für die nächsten Monate durchkalkuliert werden. Viele Unternehmen, auch größere, setzen dabei immer noch auf Excel-Sheets. Komfortabler und sicherer sind spezialisierte Softwarelösungen, die es zum Beispiel als cloudbasierte Abomodelle gibt. Tipp: Das Steuer- und Finanzportal Haufe.de bietet in einem umfassenden Artikel Hilfestellung bei der Auswahl von Software zur Liquiditätsplanung.
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Engpässe erkennen, Chancen nutzen
Eines der wichtigsten Ziele einer mittel- bis langfristigen Liquiditätsplanung ist es, böse Überraschungen zu verhindern. Insbesondere für Unternehmen aus Branchen, die von den hohen Energiepreisen und Rohstoffpreisen stark betroffen sind, ist es wichtig, verschiedene Szenarien durchzuspielen. Dazu gehört auch ein Stress-Szenario, das weiter steigende Preise und möglicherweise ausfallende Einnahmen berücksichtigt.
Zeichnet sich ein Liquiditätsengpass ab, können dadurch schnell entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Dazu gehört das Verschieben geplanter Investitionen oder die Vermietung von Anlagevermögen. Wichtig ist auch ein frühzeitiges Gespräch mit der Bank, um aktuelle Kreditvereinbarungen etwa für den Kontokorrentkredit anzupassen oder ergänzende Finanzierungs- oder Umschuldungsmöglichkeiten zu erörtern.
Finanzierungsalternativen prüfen
Wird im Rahmen der Liquiditätsplanung ein drohender Liquiditätsengpass identifiziert, sollte das betroffene Unternehmen so schnell wie möglich das Gespräch mit der Hausbank suchen und Transparenz schaffen, sprich: alle Zahlen auf den Tisch legen. Gegenseitiges Vertrauen ist immer die beste Basis für eine gemeinsame Lösung. Wenn sich zum Beispiel durch einen Konjunktureinbruch die Rahmenbedingungen für das Unternehmen kurzfristig ändern, die Rückkehr zu einem normalen Geschäftsalltag aber früher oder später realistisch erscheint und ein hohes Maß an Transparenz durch ein solides Finanzreporting besteht, wird sich beispielsweise die Postbank grundsätzlich offen für die Erarbeitung von Überbrückungslösungen zeigen.
Neben klassischen Kreditfinanzierungen können auch alternative Finanzierungsformen wie Leasing oder Factoring herangezogen werden. Durch den Verkauf von Forderungen (Factoring) lassen sich das Zahlungsausfallrisiko eliminieren und zusätzliche Liquidität generieren. Ein besonders sinnvoller Finanzierungsbaustein kann Factoring bei einer Vielzahl von Forderungen mit längeren Zahlungszielen und guten Bonitäten der Zahlungspflichtigen sein. Welche Finanzierungslösung infrage kommt, hängt von zahlreichen Faktoren ab, etwa dem zugrunde liegenden Geschäftsmodell, der Höhe des Finanzierungsbedarfs und den gewünschten Rückzahlungsmodalitäten.
Stand: 04/24; alle Angaben ohne Gewähr
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